# taz.de -- Neuer Bildungsbericht: Die Deutschen werden klüger | |
> Immer mehr Deutsche haben laut neuem Bildungsbericht Abitur und beginnen | |
> ein Studium. Die soziale Frage ist ungelöst: Migranten bleiben abgehängt. | |
Bild: Werden immer beliebter: Hörsäle deutscher Universitäten | |
BERLIN taz | Das Bildungsniveau der Deutschen steigt. Über 40 Prozent der | |
Anfangdreißiger hat mittlerweile Abitur. Ihr Anteil ist damit doppelt so | |
hoch wie in der Generation ihrer Eltern, den 60- bis 65-Jährigen. Das zeigt | |
der am Freitag veröffentlichte Bericht „Bildung in Deutschland.“ | |
Die Daten hat ein Wissenschaftlerteam im Auftrag der | |
Kultusministerkonferenz zusammengetragen. Seit 2006 geben die Länder im | |
Zwei-Jahres-Rhythmus eine Gesamtschau deutscher Bildungsbemühungen heraus. | |
Die aktuelle Bilanz zeigt aber auch: Das Elternhaus entscheidet nach wie | |
vor maßgeblich über den Bildungserfolg. So besuchen Schüler, deren Eltern | |
gut gebildet und bezahlt sind, drei- bis viermal so häufig Gymnasien wie | |
Schüler aus einfachen Haushalten. „Die starke soziale Selektivität bleibt | |
die Achillesferse des Bildungssystems“, meint die amtierende | |
KMK-Präsidentin aus Nordrhein-Westfalen Sylvia Löhrmann (Grüne). | |
Eine weitere Herausforderung ist die Inklusion, also die gleichberechtigte | |
gesellschaftliche Teilhabe behinderter und nichtbehinderter Menschen. | |
Deutschland hat 2006 die entsprechende UN-Konvention unterzeichnet. Der | |
Bildungsbericht zeigt jedoch, dass Exklusion zunimmt, je älter Kinder und | |
Jugendliche werden. Besuchen noch gut zwei Drittel der Kinder mit | |
sonderpädagogischem Förderbedarf Kitas, in denen sie nicht in der Überzahl | |
sind, kehrt sich das Verhältnis später um – drei Viertel der Kinder mit | |
Förderbedarf lernen an Sonderschulen. Die KMK hat jetzt ihre Standards für | |
die Lehrerbildung angepasst. Alle angehenden LehrerInnen sollen darauf | |
vorbereitet werden, Kinder mit Beeinträchtigungen zu unterrichten. | |
## Bewegung oder Stillstand im Bildungswesen? | |
Zwar ist der Anteil der Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die an | |
Regelschulen lernen, in allen Bundesländern gewachsen. Trotzdem besuchen | |
immer noch fast genauso viele Kinder wie vor 14 Jahren Förderschulen. Ein | |
Paradoxum, dass sich dadurch erklärt, dass der Anteil der Kinder mit | |
sonderpädagogischem Förderbedarf in der Gesellschaft wächst. | |
Herrscht jetzt Bewegung oder Stillstand im Bildungswesen? Diese Frage hatte | |
die zehnköpfige Autorengruppe des diesjährigen Bildungsberichts diskutiert. | |
Etwas dazwischen, lautet das Fazit der Soziologen. Physikalisch gesehen, | |
heißt das: Es ruckelt voran in Deutschland. | |
Am meisten bewegt sich im Kleinkindalter und an der Schwelle zum | |
Erwachsenwerden. Mehr und mehr Kinder profitieren von frühpädagogischer | |
Förderung und besuchen Kitas. Wobei der Anteil der Unter-Dreijährigen ohne | |
Migrationshintergrund in Krippen schneller steigt als der, deren Mutter | |
oder Vater irgendwann eingewandert sind. Ein Drittel der Kleinkinder | |
biodeutscher Herkunft besucht heute eine Krippe. Und etwa halb so hoch ist | |
der Anteil der Krippenkinder bei den Unter-Dreijährigen mit | |
Migrationshintergrund. | |
Mehr als die Hälfte der Jugendlichen (57 Prozent) hat am Ende der | |
Schullaufbahn die Hochschulreife. Die Studienanfängerquote, also der Anteil | |
eines Jahrgangs der sich immatrikuliert, beträgt aktuell 50 Prozent. Zum | |
vergangenen Wintersemester begannen wiederholt über eine halbe Million | |
Menschen ein Studium - und zum ersten Mal in der Geschichte der | |
Bundesrepublik gab es damit mehr Erstsemester als neue Lehrlinge. | |
13 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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