# taz.de -- Studie zu inklusiver Bildung: Viel Nachholbedarf bei Förderung | |
> In der Bildungspolitik ist individuelle Förderung ein großes Thema, an | |
> den Schulen noch nicht. Die Umsetzung hängt auch vom Bundesland ab. | |
Bild: Ein Lehrer pro Schüler? Dann wäre individuelle Förderung sicherlich ei… | |
BERLIN taz | Kann eine Lehrerin in einer Klasse mit 30 Schülern 30 | |
verschiedene Begabungen erkennen und fördern? Sie kann nicht nur, sie muss | |
sogar! Individuelle Förderung von Schülern ist ein zentrales Thema in der | |
Bildungspolitik geworden, zeigt eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, | |
die am Montag in Berlin vorgestellt wird. | |
Dass der Frontalunterricht für alle zunehmend durch individuelle Förderung | |
ersetzt werde, zeige sich etwa in den Schulgesetzen der Bundesländer, in | |
denen sie für bestimmte Gruppen oftmals als Ziel fest verankert sei. | |
Allerdings hapert es häufig mit der Umsetzung. Die Autoren um den | |
Münsteraner Schulforscher Christian Fischer haben für ihre Expertise | |
aktuelle Studien und die Gesetzgebung der Länder ausgewertet. | |
Individuelle Förderung ist die Voraussetzung, um Kinder verschiedener | |
Muttersprachen und Lerntempi sowie Kinder mit und ohne Beeinträchtigungen | |
gemeinsam zu unterrichten. Zu letzterem Ziel hat sich die Bundesregierung | |
mit der Unterzeichnung des UN-Abkommens für die Rechte von Behinderten 2009 | |
offiziell verpflichtet. Die Bundesländer, in deren Hoheit die | |
Schulgesetzgebung liegt, setzen das nun um. | |
Die Autoren der Ebert-Studie stellen jedoch fest, das die Länder den | |
Begriff „individuelle Förderung“ unterschiedlich verstehen. Einige Länder | |
wie Bayern verwenden ihn etwa nur in Bezug auf sonderpädagogisch zu | |
fördernde Schüler und Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache, andere wie | |
Berlin beziehen den Begriff auch auf Hochbegabte und sozial Benachteiligte. | |
Im Schulgesetz von Baden-Württemberg findet sich der Begriff „individuelle | |
Förderung“ bisher noch gar nicht. Wenn Lehrer aber die Methoden der | |
Individualförderung beherrschen, gelingt es ihnen, sowohl | |
Leistungsexzellenz zu befördern als auch Lernschwierigkeiten zu überwinden. | |
## Offener Unterricht kaum verbreitet | |
Doch in den Schulen hat sich der Gedanke, dass Schüler nach ihren | |
jeweiligen Bedürfnissen unterrichtet werden sollten, noch nicht so recht | |
durchgesetzt. Offener Unterricht als eine Umsetzungsform individueller | |
Förderung etwa sei nicht weit verbreitet, heißt es in der Studie. | |
„Besonders an weiterführenden Schulen werden kaum offene Unterrichtsformen | |
realisiert“, bilanzieren die Autoren. | |
Als häufigstes Instrument individueller Förderung würden Förderkurse | |
angeboten, um Defizite aufzuarbeiten. Dabei geht es bei der individuellen | |
Förderung von Schülern jedoch nicht in erster Linie darum, Schwächen zu | |
beheben, sondern darum, an Stärken anzusetzen. | |
Die Autoren fordern hier einen Paradigmenwechsel. Sie appellieren an | |
Bildungspolitiker und Schulverwaltung, Schulen und Lehrer dabei mehr zu | |
unterstützen. Erfolgversprechend sei es, Netzwerke zu bilden. Des Weiteren | |
sollten Lehrer möglichst zu zweit und nicht mehr als Einzelkämpfer vor den | |
Klassen stehen. | |
27 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
## TAGS | |
Studie | |
Unterricht | |
Inklusion | |
Bildung | |
Hochschule | |
Inklusion | |
Inklusion | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Neuer Bildungsbericht: Die Deutschen werden klüger | |
Immer mehr Deutsche haben laut neuem Bildungsbericht Abitur und beginnen | |
ein Studium. Die soziale Frage ist ungelöst: Migranten bleiben abgehängt. | |
Privatschule im Brennpunktkiez: Freie Schule auch für Ärmere | |
Im Berliner Wedding eröffnet eine Schule für bildungsbenachteiligte Kinder. | |
Private Förderer ermöglichen niedrige Schulgebühren. | |
Hochschuldozenten mit Lernschwächen: Tage von grenzenloser Schönheit | |
Menschen mit geistiger Behinderung werden in Kiel zu Hochschuldozenten | |
ausgebildet. Sie geben Seminare für angehende Sozialpädagogen. | |
Inklusion in Schulen: Zu behindert fürs Gymnasium | |
Henri ist mit dem Down-Syndrom geboren. Seine Eltern wollen ihn mit seinen | |
Freunden aufs Gymnasium schicken. Die Schule lehnt ab. | |
Inklusion in Schulen: Weit unter den Erwartungen | |
In vielen Bundesländern herrschen noch rechtliche Vorbehalte gegen den | |
gemeinsamen Schulbesuch behinderter und nichtbehinderter Kinder vor. |