Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Schreibschrift vom Aussterben bedroht: Schönschreiben für eine Un…
> Der Umgang mit Smartphone und Tablet bereitet den meisten Grundschülern
> keine Probleme, dafür aber das G oder das H. Ist die Schreibschrift noch
> zeitgemäß?
Bild: „Für seine Unterschrift muss kein Schüler lange im Unterricht Schöns…
HANNOVER dpa | An die ersten Schreibversuche in der Grundschule erinnert
sich jeder. Auf einer Schiefertafel oder mit Bleistift im linierten Heft
wurden Schwünge, Bögen und Kringel geübt. Bis in die 80er Jahre hinein
dominierte im Westen die verschnörkelte Lateinische Ausgangsschrift, in
Ostdeutschland wird immer noch mit der schlichteren Schulausgangsschrift
begonnen.
Bundesweit lernen inzwischen nach Einschätzung der Schulbuchverlage die
meisten Erst- und Zweitklässler eine vereinfachte Schreibschrift, auf die
jedoch mehr und mehr Schulen komplett verzichten. Droht die Schreibschrift
auszusterben?
Der Grundschulverband propagiert seit einigen Jahren eine neue
Grundschrift, die aus zu verbindenden Druckbuchstaben besteht. Damit sollen
Jungen und Mädchen ohne Umweg früher zu einer eigenen Handschrift finden.
Die meisten Bundesländer stellen es den Lehrerkollegien frei, welche
Schrift gelehrt wird. Zielvorgabe der Kultusministerkonferenz ist nur, dass
Schüler in der vierten Klasse „eine gut lesbare Handschrift flüssig
schreiben“.
Das ist die Theorie. In der Praxis wird aus den bemüht schönen Schwüngen
häufig nach wenigen Jahren ein kaum zu entzifferndes Gekrakel. „Viele
Lehrer klagen, dass Schüler nicht lesbar schreiben können“, sagt Erika
Brinkmann, Professorin an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd und
Vorstandsmitglied des Grundschulverbands. Sie sieht in der Grundschrift
einen Ausweg aus der Misere. Erste Untersuchungen in Bremen zeigten, dass
Linkshänder, Schüler mit der Aufmerksamkeitsstörung ADHS sowie Jungen
allgemein besser mit ihr zurechtkämen.
## Mehr, als nur Buchstaben produzieren
Die Münchner Grundschulpädagogin Ute Andresen hält hingegen die
Grundschrift für eine Notlösung mit unkalkulierbaren Folgen. „Es droht ein
Bildungs- und Kulturverlust“, sagt die Gründerin des Vereins „Allianz für
die Handschrift“. Nur mit einer echten Schreibschrift könne ein Schreiber
seine Gedanken fließen lassen, betont Andresen. „Man lernt mehr, als
Buchstaben zu produzieren. Das ist mit dem Erlernen eines Musikinstrumentes
vergleichbar.“ Auch in Ländern wie England oder Kanada, die lange allein
auf Druckschrift gesetzt hätten, gebe es ein Umdenken.
Die Hamburger Schreibtrainerin Susanne Dorendorff schimpft gar: „Die
Grundschrift ist eine Frechheit. Den Kindern wird selbst überlassen, eine
Schrift auszuformen. Damit sind sie völlig überfordert.“ Von positiven
Erfahrungen berichtet dagegen Cornelia Breitkreuz von der Grundschule am
Moor in Neu-Wulmstorf bei Hamburg. Hier wurde die Schreibschrift vor einem
Jahr ohne viel Aufhebens zunächst für die Erst- und Zweitklässler
abgeschafft. „Bis auf wenige haben alle sehr ansprechende Schriften
entwickelt“, sagt die Deutsch-Fachleiterin.
Die GmbH der Schulbuchverlage in Braunschweig bietet für alle Schriften
Unterrichtsmaterialien an. „Wir müssen die aktuelle Praxis sehen. Wann
schreibt man noch von Hand? Man simst, schreibt auf dem Tablet und macht
den Einkaufszettel mit einer App“, sagt die für den Grundschulbereich
zuständige Geschäftsführerin Ulrike Jürgens.
„Für seine Unterschrift muss kein Schüler lange im Unterricht
Schönschreiben üben.“ Die Zeit könnten die Lehrerinnen und Lehrer nutzen,
um andere Kompetenzen zu fördern, beispielsweise den Umgang mit neuen
Medien, schlägt die Verlagsmanagerin vor.
18 Jun 2014
## TAGS
Grundschule
Schule
Inklusion
Prüfung
## ARTIKEL ZUM THEMA
Verhaltensauffällige Schüler: Ein Kind sieht rot
Alle reden von Inklusion. Doch das drängendere Problem ist die wachsende
Zahl von „unbeschulbaren“ Kindern, die brüllen und zuschlagen. Wie Mads.
Neuer Bildungsbericht: Die Deutschen werden klüger
Immer mehr Deutsche haben laut neuem Bildungsbericht Abitur und beginnen
ein Studium. Die soziale Frage ist ungelöst: Migranten bleiben abgehängt.
Studienabbrecher in Deutschland: Die Prüfungsfalle
Von 100 Teilnehmern schafften nur 14 die Klausur im ersten Anlauf. Sollen
Erstsemester abgeschreckt werden? Die Hochschulen widersprechen heftig.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.