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# taz.de -- Buch über die Gründung von Rockbands: Unerbittliches Rollenspiel
> Kochshows und Militärtheorie: Um das Wesen der Rockband zu klären, ist
> Chain and The Gang-Sänger Ian Svenonius alles recht.
Bild: Die Gründung einer Rockband ist doch kein Lotteriegewinn? Wenigstens gib…
Öfter mal antizyklisch sein! Während das Magazin Cicero kürzlich den
Abschied von den Rockvätern verkündete, ergründet der US-Künstler und
Sänger von Chain & The Gang, Ian Svenonius, Rockmusik aufs Neue und schaut
dem Kapitalismus auf diese Weise ins Jugendzimmer. Zu diesem Behufe hat er
ein Buch geschrieben: „22 Strategien für die erfolgreiche Gründung einer
Rockband“. Was man für Ratgeberliteratur halten könnte, liest sich
kurzweilig und respektlos, aber auch ernst und pathetisch, wie der Duktus
eines Obstkistenpredigers in einem Park.
„Die moderne Rockgruppe ist eine vorhersehbare, seelenlose, alberne und
ziemlich langweilige Vereinigung, die aus in Internaten erzogenen
Bankierssöhnchen besteht,“ urteilt Svenonius und man spürt in seinen Worten
sogar etwas den Geist der Frankfurter Schule und eines Max Horkheimer, der
Positivismus einst als „philosophische Technokratie“ verwarf.
Svenonius untermauert seine Thesen, indem er Technikgeschichte in Kapiteln
wie „Der Bandname“, „Die Probe“, oder „Der Tourbus“ nebenbei miterz…
Unter Zuhilfenahme des Militärtheoretikers von Clausewitz und der Weltlage
der napoleonischen Kriege kommt er zu einem durchaus stimmigen Befund.
„Wenn ihre Band über eine inbrünstig verfolgte Ideologie verfügt und sich
ihrer ästhetischen Implikationen bewusst ist, wird sie nahezu unschlagbar
sein.“ Den Alltag einer Band beschreibt Svenonius als „unerbittliches
Rollenspiel“, den Song als „eine Art Witz, den man mit Drama, Esprit und
strategischer Wiederholung … zum Besten gibt“.
Inspiration habe Svenonius beim Ansehen von Kochshows bekommen: Wie diese
will er die Mythen entzaubern, etwa den weitverbreiteten Glauben, die
Gründung einer Rockband sei wie ein Lotteriegewinn. „Damit ist jetzt
Schluss!“, schreibt er kursiv.
Weil er seinen Konkurrenten nicht vorurteilsfrei begegnen kann, nähert sich
Svenonius ihnen in Séancen. Per Channeling reanimiert er einige
Rockstar-Geister wieder zum Leben. „Die ’gute Gelegenheit‘ sollte einzig
und allein den Fluchtinstinkt wecken“, lässt Svenonius den
Rolling-Stones-Gitarristen Brian Jones aus dem Jenseits erzählen, der mit
der Karriere seiner Band nicht einverstanden ist. Die Konkurrenz schläft
nicht: „Paul ist tot“, dieses Gerücht kursierte kurz vor Auflösung der
Beatles. Svenonius zieht Auflösung dem Rockstar-Tod vor.
21 Jun 2014
## AUTOREN
Julian Weber
## TAGS
Frankfurter Schule
Rockmusik
Rock
Rock'n'Roll
Demenz
Musik
Literatur
Diedrich Diederichsen
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