| # taz.de -- EU-Abkommen mit Osteuropa: „Reformen, Werte und Handel“ | |
| > Die EU unterzeichnet Abkommen mit Georgien, Moldau und der Ukraine. Sie | |
| > sollen neoliberale Reformen einleiten. Der militärische Teil wird | |
| > verschwiegen. | |
| Bild: Auch in Moldau stößt das geplante Abkommen mit der EU auf Kritik: Prote… | |
| BRÜSSEL taz | Beim EU-Gipfel in Brüssel werden am Freitag die | |
| Assoziierungsabkommen mit der Ukraine, Moldau und Georgien unterzeichnet. | |
| Dabei geht es im Fall der Ukraine nur noch um den wirtschaftlichen Teil, da | |
| der politische bereits im März dieses Jahres unterschrieben wurde. | |
| So schließt sich der Kreis, der mit dem EU-Gipfel zur Östlichen | |
| Partnerschaft im November in Vilnius begann – und Europa an den Rand eines | |
| neuen Kalten Krieges führte: Als der frühere ukrainische Präsident Wiktor | |
| Janukowitsch damals in Vilnius seine Unterschrift unter das EU-Paket | |
| verweigerte, löste er ungewollt nicht nur seinen eigenen Sturz durch die | |
| Proteste auf dem Maidan-Platz von Kiew aus, sondern auch den darauf | |
| folgenden Konflikt mit Russland. | |
| Bis heute ist dieser Streit nicht geschlichtet – im Gegenteil: Mit der | |
| EU-Expansion nach Moldau und Georgien sind sogar neue Krisen | |
| vorprogrammiert. | |
| Doch davon ist in den offiziellen Dokumenten, mit denen das „historische | |
| Ereignis“ (Kommissionschef José Manuel Barroso) vorbereitet wird, keine | |
| Rede. Die abtrünnigen, von Russland dominierten Regionen Transnistrien oder | |
| Südossetien werden mit keinem Wort erwähnt. | |
| Auch der militärische und sicherheitspolitische Teil der Kooperation, der | |
| schon im ursprünglichen Ukraine-Abkommen im Herbst für Wirbel gesorgt | |
| hatte, wird verschwiegen. | |
| ## Mehr Jobs, weniger Auswanderung | |
| Stattdessen konzentriert sich die EU-Kommission auf „Reformen, Werte und | |
| Handel“ (in dieser Reihenfolge). Die Assoziierung der drei Länder, von | |
| denen nur zwei echte Nachbarn sind (mit Georgien verbindet die EU keine | |
| Landesgrenze), soll „zu Stabilität und der Ausbreitung demokratischer | |
| Werte“ beitragen, heißt es in Brüssel. | |
| Zunächst wird den drei neuen Partnern aber ein umfangreiches, neoliberal | |
| geprägtes Reformprogramm aufgebürdet: Um dem versprochenen Freihandel und | |
| seinen Folgen gewachsen zu sein, müssen die Regierungen bisher | |
| abgeschottete Branchen für die Konkurrenz öffnen, Subventionen im Energie- | |
| und Transportsektor abbauen und den Kampf gegen Korruption massiv | |
| verschärfen. Auch Energieeffizienz, Umweltschutz und Agrarreform stehen im | |
| „Pflichtenheft“ der neuen Partner in Osteuropa. | |
| Dem sollen allerdings auch „konkrete Vorteile“ gegenüberstehen, heißt es … | |
| einem Memo der EU-Kommission. Die Verbraucherpreise sollen sinken, die | |
| Produkte besser und sicherer werden, es soll mehr Jobs und weniger | |
| Auswanderung geben (die vor allem in Moldau ein großes Problem darstellt). | |
| Die Brüsseler Behörde nennt sogar Zahlen: So soll die Wirtschaft in | |
| Georgien – wenn die Regierung alle „Hausaufgaben“ erfüllt – um 4,3 Pro… | |
| wachsen, Moldau wird gar ein Wachstumsschub um jährlich 5,4 Prozent | |
| versprochen. Was die krisengeschüttelte und von Pleite bedrohte Ukraine | |
| angeht, sind die EU-Experten deutlich vorsichtiger: Sie prognostizieren | |
| einen Anstieg ukrainischer Exporte im Wert von nur 1 Mrd. Euro pro Jahr. | |
| Noch zugeknöpfter geben sich die Brüsseler Experten, wenn es um den Nutzen | |
| für die 28 EU-Länder und ihre Bürger geht. Hier werden gar keine Zahlen | |
| genannt – dabei geht es bei den geplanten Freihandelsabkommen doch im | |
| Wesentlichen ums Geschäft. Die Abkommen würden „EU-Firmen helfen, indem sie | |
| neue Märkte öffnen und ein sichereres Geschäftsumfeld schaffen“, heißt es | |
| vage. | |
| ## Keine russischen Sanktionen | |
| Von für Westeuropa entstehenden Kosten ist überhaupt keine Rede. Vermutlich | |
| liegt dies daran, dass die EU ihre Schätzungen schon mehrfach stark nach | |
| oben korrigieren musste. | |
| Im Herbst, beim EU-Gipfel in Vilnius, wollten die Europäer das Abkommen mit | |
| der Ukraine noch fast zum Nulltarif haben. Man werde sich nicht auf einen | |
| „Bieterwettbewerb“ mit Moskau einlassen, hieß es damals. Als dann eine | |
| prowestliche Regierung in Kiew installiert war, schossen die Kosten | |
| plötzlich in die Höhe. Nun ist von „mindestens 11 Mrd. Euro“ die Rede. | |
| Und auch das ist wohl erst der Anfang. Im Vergleich zur Ukraine seien die | |
| Hilfen zur Rettung Griechenlands „Peanuts“ gewesen, sagte EU-Kommissar | |
| Günther Oettinger. Brüssel werde mindestens noch 10 Jahre helfen müssen. | |
| Allerdings habe die EU keine Alternative – „die Kosten für einen | |
| Bürgerkrieg und ein Auseinanderbrechen wären unvergleichlich höher“. | |
| In Moskau heißt es offiziell, die Ukrainer müssten selbst entscheiden, ob | |
| sie das EU-Assoziierungsabkommen unterzeichnen wollten oder nicht. | |
| Präsident Putin versicherte, Moskau werde keinerlei Sanktionen über Kiew | |
| verhängen. Allerdings müsse sich die Ukraine darüber im Klaren sein, dass | |
| „ihre Waren auf dem russischen Markt nicht mehr konkurrenzfähig sind“. | |
| Russland wird die Meistbegünstigungsklausel aufheben, da es fürchtet, durch | |
| den Export europäischer Waren über die Ukraine finanziell Schaden zu | |
| nehmen. Der Kreml droht auch Moldau mit ökonomischen Maßnahmen – etwa | |
| Einreiseerschwernissen für in Russland arbeitende Moldauer. Die Einfuhr von | |
| Wein und Früchten könnte wieder mit einem Embargo belegt werden. Georgien | |
| erhielt ebenfalls Drohungen. Wirtschaftlich hat sich die Republik nach | |
| früheren Embargos allerdings schon von Russland unabhängig gemacht. | |
| (Mitarbeit: Klaus-Helge Donath) | |
| 26 Jun 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
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