| # taz.de -- Krise in der Ukraine: Schwere Gefechte im Donbass | |
| > Nach dem Auslaufen der Waffenruhe setzt die Armee ihre | |
| > „Anti-Terroroperation“ gegen prorussische Kämpfer fort. Erneut gibt es | |
| > Tote und Verletzte. | |
| Bild: Proteste für ein Ende der Waffenruhe am vergangenen Samstag in Kiew. | |
| KIEW taz | Nach dem offiziellen Ende der Waffenruhe in der Ostukraine hat | |
| die Armee ihren Einsatz gegen die prorussischen Kämpfer wieder aufgenommen. | |
| Im Zuge der „Antiterroroperation“ lieferten sich Luft- und | |
| Bodenstreitkräfte am Dienstag schwere Gefechte mit den Aufständischen. | |
| Sowohl Kiew-treue als auch prorussische Kräfte berichteten von schwerem | |
| Artilleriefeuer und Luftangriffen in den Grenzregionen Lugansk und Donezk. | |
| Nach Angaben der Stadtverwaltung von Donezk wurden vier Zivilisten getötet | |
| und fünf verletzt. | |
| In der Nacht zu Dienstag hatten viele Kiewer Familien nur wenig geschlafen. | |
| Ursprünglich sollte Präsident Poroschenko um 22 Uhr im Fernsehen zu den | |
| Bürgern sprechen, um das weitere Vorgehen der Kiewer Regierung zu | |
| erläutern. Der Zeitpunkt seines Auftritts wurde aber immer wieder | |
| verschoben – hinter den Kulissen fanden Verhandlungen zwischen den | |
| Aufständischen und Kiewer Politikern statt. Erst um kurz vor 1 Uhr morgens | |
| erschien Poroschenko auf dem Bildschirm. Er verkündete das Ende der | |
| einseitigen Waffenruhe und fügte hinzu, die ukrainische Armee hätte ab | |
| sofort nicht nur das Recht auf Verteidigung, sondern auch auf Angriff. „Wir | |
| müssen zusammenstehen, denn wir kämpfen dafür, unser Land von Schmutz und | |
| Parasiten zu befreien.“ Die Chance auf die Umsetzung seines Friedensplans | |
| sei durch kriminelle Handlungen der prorussischen Separatisten zunichte | |
| gemacht worden, sagte Poroschenko. | |
| Die dreistündige Verzögerung der Ansprache ließ viele Ukrainer mutmaßen, | |
| dass Poroschenko Gespräche über die Verhängung des Ausnahmezustands geführt | |
| hatte, letztendlich aber dann doch davon überzeugt wurde, davon abzusehen. | |
| Erstens wären vorgezogene Parlamentswahlen im Oktober dann nicht mehr | |
| möglich. Laut ukrainischer Verfassung dürfen zu Zeiten des Ausnahmezustands | |
| keine Wahlen abgehalten werden. Zweitens hätte die Verhängung des | |
| Ausnahmezustands eine friedliche Beilegung des Konflikts mit Russland | |
| unmöglich gemacht. | |
| In Kiew ist die Mehrheit der Bevölkerung zufrieden, dass der | |
| Waffenstillstand endlich aufgehoben wurde. Viele empfanden ihn als Schande, | |
| schließlich hätten die Aufständischen die Feuerpause nicht eingehalten. | |
| ## Angst um den zukünftigen Ehemann | |
| Maria, die demnächst ein Kind erwartet, ist besorgt: „Der Vater meines | |
| Kindes ist Soldat bei Lugansk. Wegen des Kriegs konnten wir nicht | |
| rechtzeitig heiraten. Ich hoffe so sehr, dass er lebend zurückkommt, damit | |
| mein Kind einen Vater hat. Die Armee wurde zehn Tage lang ständig von | |
| Terroristen angegriffen. Ich hoffe aber, dass jetzt alles gut wird.“ Maria | |
| telefoniert mehrmals täglich mit ihrem künftigen Ehemann. Er berichtet, | |
| dass die Nachricht über das Ende der Waffenruhe an der Front mit | |
| Erleichterung aufgenommen worden sei. Eigentlich sei jedoch erwartet | |
| worden, dass der Ausnahmezustand ausgerufen würde, damit die ganze Welt | |
| verstehe, dass in der Region Krieg herrsche und es sich nicht bloß um | |
| vereinzelte Kämpfe mit Terroristen handele. | |
| Elena ist Journalistin, stammt aus Mariupol und lebt seit zehn Jahren in | |
| Kiew. „Das, was Präsident Poroschenko jetzt macht, hätte er von Anfang an | |
| machen sollen. Diese ganzen Verzögerungen verursachen den Tod von | |
| Menschen!“ Erst vor wenigen Tagen war Elena zu Besuch in Mariupol, das | |
| langsam zum normalen Alltag zurückkehrt. Den Grund dafür sieht Elena in der | |
| Präsenz der ukrainischen Armee. „Mariupol müsste ein Beispiel für andere | |
| Regionen sein. Das Land braucht Frieden. Die Aufständischen aber verstehen | |
| dieses Wort nur, wenn man ihnen Stärke demonstriert. Das heißt, man muss | |
| sie ausräuchern.“ | |
| Aus dem Russischen von Ljuba Naminova | |
| 1 Jul 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Andrej Nesterko | |
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