# taz.de -- Zschäpe muss Anwälte behalten: Ein Bruch, der nachwirkt | |
> Wie immer stellt Anwalt Stahl Beate Zschäpe die Box mit Bonbons hin. Dann | |
> berichtet eine Zeugin im NSU-Prozess von ihrer Freundschaft mit der | |
> Angeklagten. | |
Bild: Standen ausnahmsweise mal im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit: Zschäpes An… | |
MÜNCHEN taz | Fünf Minuten Ungewissheit. Im Saal A 101 des | |
Oberlandesgerichts München setzten sich am Dienstag um 12.50 Uhr Anja Sturm | |
und Wolfgang Stahl auf die Plätze der Verteidigung. Wolfgang Heer fehlte. | |
War er aus dem NSU-Verfahren raus? Kurz vor 12 Uhr nahm dann aber auch der | |
dritte Verteidiger der Hauptbeschuldigten im NSU-Verfahren, Beate Zschäpe, | |
seinen Platz ein. Der 129. Verhandlungstag konnte beginnen. Schnellen | |
Schrittes betrat Zschäpe den Saal, wandte sich von den Kameras ab, Sturm | |
und Stahl schirmten sie ab. | |
Keine Miene der Beteiligten drückte ein Zerwürfnis aus. Wie immer stellte | |
Stahl die Bonbonbox zu Zschäpe. Still saß sie im dunklen Anzug mit | |
schwarz-weißem Halstuch, die Haare zum Zopf gebunden, da. Still blieb sie | |
auch, als der Vorsitzende Richter Manfred Götzl erklärte, dass ihr Wunsch | |
nach neuen Verteidigern abgelehnt sei. Sie hätte „keine konkreten und | |
hinreichenden Anhaltspunkte“ für eine nachhaltige Störung des | |
Vertrauensverhältnisses vorgetragen. Still hörte sie zu, schüttelte bloß | |
den Kopf, als Götzl nachfragte, ob sie „noch was sagen“ wolle. | |
Am letzten Mittwoch hatte Zschäpe ihren Anwälten ihr Vertrauen entzogen. | |
Die Verhandlung war daraufhin unterbrochen worden. Mit einem weiteren | |
Anwalt stellte sie am Freitag ihren schriftlichen Antrag, in dem sie die | |
Verhandlungsführung ihrer Pflichtverteidiger kritisierte, ohne konkrete | |
Vorfälle zu nennen. | |
„Solch ein Bruch wirkt nach“, sagt Alexander Hoffmann, Nebenkläger von | |
Angehörigen der Opfer des Kölner Bombenanschlags in der Keupstraße. Dieses | |
Misstrauen werde nun immer zwischen Mandaten und Rechtsbeiständen bestehen. | |
Mit dem Antrag hatte Zschäpe erstmals Gefühle gezeigt. Der | |
Generalbundesanwalt wirft ihr vor, mit Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt zehn | |
Morde, zwei Bombenanschläge und vierzehn Banküberfälle zu verantworten. Ein | |
Grund für ihre Reaktion, vermutet Anwalt Hoffman, war der Verlauf der | |
Aussage Tino Brandts. Der frühere Anführer des „Thüringer Heimatschutzes“ | |
und ehemalige V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes schilderte Zschäpe | |
als handelnde und politisch bewusste Frau. Ihrer Verteidigung gelang nicht, | |
diese Aussage zu erschüttern, die nahelegte, dass Zschäpe vollwertiges | |
Mitglied des NSU war. | |
## Sprechen bedeutet belasten | |
Über einen weiteren Grund für das Misstrauen wurde ebenfalls spekuliert: | |
Die Angeklagte könnte reden – was ihre Verteidiger unterbinden wollen. In | |
der Begründung soll Zschäpe aber nicht angeführt haben, aussagen zu wollen. | |
Sprechen würde für Zschäpe auch bedeuten, belasten zu müssen – jene vier | |
Mitangeklagten, die dem Trio treu schweigend geholfen haben. | |
Das Verfahren hatte erst am Nachmittag begonnen, um Zschäpe, Stahl, Sturm | |
und Heer die Möglichkeit zu geben, sich zu besprechen. Ohne weitere | |
Verzögerung erzählte Juliane S. dann von der Urlaubsfreundschaft mit den | |
dreien auf einem Campingplatz auf Fehmarn. Unter Tränen, ein Taschentuch | |
fest in den Händen, sagte die 21-jährige Studentin, dass ihre Familie mit | |
dem Trio von 2005 bis 2011 alle Urlaube gemeinsam verbracht habe. | |
Sie schien tief erschüttert, dass „Lise“, „Max“ und „Gerry“, wie s… | |
drei nannte, diese Taten zugeschrieben werden. Mit „Lise“ sprach sie auch | |
über Persönliches. Die drei besuchten sie gar zu Hause, kamen zu ihrem | |
Geburtstag. „Über die Jahre hatte sich eine innige Freundschaft | |
entwickelt“, sagte Juliane S. unter Tränen. „Als ich die Nachrichten | |
gesehen habe, ist für mich eine Welt zusammengebrochen.“ Auf Nachfrage | |
Götzls sagte sie aber auch, dass „Gerry“ ihr erklärt habe, wie eine Bombe | |
gebaut wird, und dass Zschäpe immer für alle bezahlt habe. „Sie hatte ein | |
großes Portemonnaie, immer voll, auch mit 500-Euro-Scheinen“. Eine Aussage, | |
die erneut die Anklage bestärkte, dass Zschäpe das Geld verwaltetet hätte. | |
Bis Redaktionsschluss lief die Zeugenvernehmung. | |
In Kooperation mit Radio Lora München, [1][www.lora924.de] | |
22 Jul 2014 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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