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# taz.de -- NSU-Ausschuss in NRW: Erst zu weit weg, dann zu nah dran
> In NRW gibt es Streit über die Besetzung des neuen
> NSU-Untersuchungsausschusses. Eine Initiative fordert die Abberufung von
> Polizisten.
Bild: Hier war der NSU aktiv: die Keupstraße in Köln.
KÖLN taz | Drei Jahre nach dem Auffliegen des Nationalsozialistischen
Untergrunds (NSU) hat nun auch der Düsseldorfer Landtag einen
Untersuchungsausschuss zu den Verbrechen der rechtsterorristischen Zelle
eingesetzt. Die Besetzung sorgt gleich zu Beginn für Wirbel: Die Initiative
NSU-Watch NRW kritisiert die Mitgliedschaft von drei Polizisten in dem
Untersuchungsausschuss.
Dem NSU werden in NRW der Mord an dem Dortmunder Imbissbesitzer Mehmet
Kubasik 2006 sowie Bombenanschläge 2001 in der Probsteigasse und 2004 in
der Keupstraße in Köln zugeschrieben. Statt in der Neonaziszene zu
ermitteln, hatte die Polizei über Jahre Opfer verdächtigt und schikaniert.
Der am vergangenen Mittwoch eingesetzte Ausschuss soll aufklären, wie es
dazu kommen konnte. Die Initiative NSU-Watch NRW, die aus Aktivisten aus
dem antifaschistischen Spektrum besteht, will seine Arbeit kritisch
begleiten.
Die SPD schickt mit den Abgeordneten Andreas Bialas und Andreas Kossiski
zwei, die Piraten mit Dirk Schatz einen Polizisten in den
Untersuchungsausschuss. „Diese Polizisten kommen aus NRW und sind zu nah an
den Ereignissen, die sie untersuchen sollen“, sagte eine Sprecherin von
NSU-Watch NRW.
Es sei zweifelhaft, ob sie objektiv über Verfehlungen von Kollegen
urteilen, mit denen sie möglicherweise wieder zusammenarbeiten müssen. „Für
die Opfer ist es nach ihren schlechten Erfahrungen mit Ermittlern nicht
zumutbar, wenn sie als Zeugen in dem Ausschuss von Polizisten befragt
werden“, sagte die Sprecherin.
## Arbeit der eigenen Behörde untersuchen
Im Zentrum der Kritik steht der Obmann der SPD in dem Ausschuss Andreas
Kossiski. Der Polizeigewerkschaftler hat von 2003 bis 2009 bei der Polizei
Köln gearbeitet, ab 2006 auch in der Leitung der Öffentlichkeitsarbeit. „Zu
diesem Zeitpunkt liefen noch verdeckte Ermittlungen gegen die Opfer des
NSU-Anschlags“, sagte die NSU-Watch-Sprecherin. „Er soll im Ausschuss die
Arbeit seiner eigenen Behörde untersuchen.“
Kossiski, der auch Kölner DGB-Vorsitzender ist, engagiert sich seit vielen
Jahren gegen rechts. Er ist oft Anmelder von Demonstrationen gegen Nazis
und Koordinator der antifaschistischen Initiative „Köln stellt sich quer“.
Für die NSU-Watcher ist das unerheblich. „Das hat mit seiner Rolle im
Untersuchungsausschuss nichts zu tun“, sagte deren Sprecherin.
Kossiski sieht sich zu unrecht angegriffen. Er habe weder mit den
Ermittlungen noch mit der Öffentlichkeitsarbeit zu den NSU-Verbrechen zu
tun gehabt. „Einer meiner Hauptbeweggründe für die Arbeit in dem Ausschuss
ist, die Opfer zu schützen“, sagte Kossiski der taz. „Das kann ich mit
meiner fachlichen Kompetenz.“ Er wolle das Vertrauen der Opfer in Polizei
und Rechtsstaat wiederherstellen.
In Köln ist Kossiski auch bei der politischen Konkurrenz ein angesehener
Bündnispartner. „Er ist ein wichtiger Teil der Kölner Bewegung gegen
rechts“, sagte der Fraktionschef der Linkspartei im Kölner Rat, Jörg
Detjen. „Er wird in dem Ausschuss einen wichtigen Beitrag leisten.“ Davon
ist auch Hermann Rheindorf überzeugt, Sprecher der antirassistischen
Initiative Arsch Huh. „Von seiner Kompetenz und seiner Biografie her ist
Andreas Kossiski der richtige Mann in diesem Ausschuss“, sagte er.
SPD und Piraten halten an den Polizisten im Ausschuss fest. „Andreas
Kossiski war mit den Anschlägen in Köln beruflich nicht befasst“, sagte ein
Sprecher der Düsseldorfer SPD-Fraktion. Für die Piraten ist der zum Islam
konvertierte Polizist Dirk Schatz stellvertretendes Mitglied des
Untersuchungsausschusses. „Seine frühere Anstellung als Polizeikommissar in
Hagen bringt ihn nicht in einen Interessenkonflikt“, erklärte Marc Olejak,
Parlamentarischer Geschäftsführer der Piratenfraktion.
13 Nov 2014
## AUTOREN
Anja Krüger
## TAGS
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
Köln
Keupstraße
Polizisten
NRW
Schwerpunkt Rechter Terror
Rechtsextremismus
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Antisemitismus
NSU-Prozess
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