Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- NSU-Untersuchungsausschuss in NRW: Streit um Befangenheit
> Die Vorsitzende Nadja Lüders hat vor Jahren den Nazi Michael Berger
> verteidigt. Der Ausschuss soll dessen Verbindungen zum NSU untersuchen.
Bild: Lüders sieht keinen Interessenkonflikt
BERLIN taz | Die Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses in
Nordrhein-Westfalen Nadja Lüders (SPD) ist Vorwürfen der Befangenheit
entgegengetreten. Die SPD-Abgeordnete und Rechtsanwältin aus Dortmund hatte
vor über 15 Jahren den Neonazi Michael Berger vertreten, der nur ein Jahr
später zwei Polizisten und anschließend sich selbst tötete. Das legte
Lüders in einer Erklärung am Donnerstag offen.
„Dabei ging es um eine Kündigungsschutzklage, die keinerlei politischen
oder gar rechtsextremistischen Hintergrund hatte“, schreibt die
Abgeordnete, „dieser Vorgang hat nichts mit den im Ausschuss zu
untersuchenden Vorgängen zu tun.“
Im Untersuchungsausschuss soll derzeit geklärt werden, ob der in Dortmund
stadtbekannte Nazi Berger in Verbindung zum Nationalsozialistischen
Untergrund (NSU) stand. Die Ausschussvorsitzende Lüders sieht sich bei dem
Vorhaben, die Verstrickungen ihres früheren Mandanten in die Mordserie zu
untersuchen, nicht als befangen an.
Dass sie den Ausschuss nicht früher informiert hat, begründet sie gegenüber
der taz damit, dass sie „keinen inhaltlichen Zusammenhang mit dem
Gegenstand des Untersuchungsausschusses gesehen“ habe. Erst als die
zuständigen Behörden vergangene Woche Bergers Akten an den Ausschuss
übermittelten, sah sie sich veranlasst, die Obleute zu informieren.
## Lüders' Visitenkarte wird in den Asservaten aufgeführt
Die Akten enthalten eine Asservatenliste des toten Polizistenmörders. Auf
dieser sei ihre Visitenkarte mit ihrem Mädchennamen aufgeführt, die bei
Berger gefunden worden war. „Er kam mit einer fristlosen Kündigung auf mich
zu“ erklärt sie der taz, „sein Neonazi-Hintergrund war nicht durch das
Gespräch oder äußerlich erkennbar“. Nach Verfahrensende sei er dann
uneingeladen auf der Eröffnungsparty ihrer Kanzlei aufgetaucht. Hinterher
hätten die Gäste erzählt, dass er einen Ring mit Hakenkreuz trug.
Dass ihr früherer Mandant noch Gegenstand des Untersuchungsausschusses
werden würde, wusste Lüders bereits beim Einsetzungsantrag vor einem Jahr.
„Für mich war klar, dass ich die Aufgabe sehr wohl leisten kann“, meint
Lüders.
Deshalb habe sie auch damals nicht die Kollegen im Ausschuss von ihrem
Kontakt zu Berger in Kenntnis gesetzt. Nur die SPD-Fraktionsleitung hatte
sie vorab informiert, als die Frage behandelt wurde, wer den Vorsitz des
NSU-Untersuchungsausschusses übernimmt. Die Fraktionsleitung habe dabei
keinen Interessenskonflikt gesehen.
Die Linkspartei in NRW fordert Lüders nun auf, den Vorsitz des
Untersuchungsausschusses niederzulegen. „Es ist ungeheuerlich, dass Lüders
ihr anwaltliches Engagement für den Nazi Michael Berger so lange
verschwiegen hat“, empört sich Landesvorstandsmitglied Azad Tarhan. Die
SPD-Abgeordnete müsse zurücktreten und sich „bei den Opfern des NSU
öffentlich entschuldigen“.
Bei diesem Fall steht zum vierten Mal ein Mitglied des
nordrhein-westfälischen NSU-Ausschusses in der Kritik. Im November war
bereits die Mitgliedschaft von drei Abgeordneten kritisiert worden: Mit den
SPD-Abgeordneten Andreas Bialas und Andreas Kossiski sowie Dirk Schatz von
den Piraten wurden drei Polizisten aus NRW in den Ausschuss geschickt.
Kossiski war von 2003 bis 2009 bei der Kölner Polizei, außerdem ab 2006 in
der Leitung von deren Öffentlichkeitsarbeit. Kossiski wurde damals
fraktionsübergreifend als jemand verteidigt, der sich stark gegen
Rechtsextemismus engagierte.
Dem NSU wird in NRW der Mord am Dortmunder Imbissbesitzer Mehmet Kubasik im
Jahr 2006 zugeschrieben, außerdem die zwei Bombenanschläge in der
Keupstraße und der Probsteigasse in Köln.
20 Mar 2015
## AUTOREN
Helke Ellersiek
## TAGS
Rechtsextremismus
Nordrhein-Westfalen
SPD
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
Schwerpunkt Rechter Terror
Rücktritt
Rechtsextremismus
Sebastian Edathy
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
Dortmund
## ARTIKEL ZUM THEMA
NSU-Ausschuss in BaWü: Die tote Freundin des toten Zeugen
Sie hatte im Stuttgarter NSU-Ausschuss ausgesagt, nun ist die junge Zeugin
gestorben. Laut Obduktionsbericht erlag sie einer Lungenembolie.
NSU-Untersuchungsausschuss in NRW: Vorsitzende zurückgetreten
Die SPD-Politikerin Nadja Lüders vertrat einen Neonazi in einem
arbeitsgerichtlichen Verfahren. Nun tritt sie als Vorsitzende des
NSU-Untersuchungsausschusses zurück.
NSU-Untersuchungsausschuss BaWü: Überraschung aus der Plastiktüte
Ein mutmaßlicher NSU-Zeuge verbrennt im September 2013 in seinem Auto. Nun
tauchen plötzlich lange gesuchte Gegenstände im Autowrack auf.
Edathy in der Bundespressekonferenz: „Where is the fucking problem?“
Edathys Aussagen über SPD-Interna haben Sprengkraft. Auf Fragen zu
Kinderpornographie-Vorwürfen reagiert er gereizt.
NSU-Ausschuss in NRW: Erst zu weit weg, dann zu nah dran
In NRW gibt es Streit über die Besetzung des neuen
NSU-Untersuchungsausschusses. Eine Initiative fordert die Abberufung von
Polizisten.
Nationalsozialist im Dortmunder Stadtrat: SS-Siggis erster Arbeitstag
Früher saß Siegfried Borchardt im Knast, nun sitzt er für „Die Rechte“ im
Stadtrat. Einen Verbündeten hat er schon gefunden.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.