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# taz.de -- Kommentar blutiges Fairphone: Zertifizierung als Alibi
> Das Fairphone trägt das Siegel „konfliktfrei“. In der Mine im Kongo, die
> Rohstoffe für das Telefon fördert, wird aber auf die Bergleute
> geschossen.
Bild: Wichtiges Mineral, gefördert im Kongo: Kasseterit.
Die internationalen Regelwerke, wonach aus der Demokratischen Republik
Kongo nur noch solche Mineralien auf den Weltmarkt sollen, deren Förderung
keine Konfliktparteien finanziert, sind ein Alibiprodukt von geradezu
magischer Qualität. Einzelne Verbraucher können sich dadurch, dass sie
Produkte wie das Fairphone mit als „konfliktfrei“ zertifizierten Rohstoffen
kaufen, vom Blutvergießen im Kongo freikaufen - zumindest in ihrer eigenen
Fantasie.
Wenn allerdings in einer Mine im Kongo, die zu den Lieferstellen der
Fairphone-Rohstoffe gehört, Bergleute und Polizisten sich Kämpfe mit Toten
liefern, bleibt vom Label „konfliktfrei“ nicht viel übrig. Es hat zwar
nichts mit den Milizenkriegen im Ostkongo zu tun, wenn ein Polizist in den
Minen von Rubaya einen Bergbarbeiter tötet und die Bergleute dann zur Waffe
greifen - außer in dem Sinne, dass die Bergleute von Rubaya eng mit einer
der lokalen Milizen verbandelt sind.
Aber der Vorfall in Rubaya zeigt, dass die Anwesenheit staatlicher
Sicherheitskräfte gerade im Kongo keineswegs Gewaltfreiheit bedeutet. Das
Konfliktfrei-Zertifikat ändert von allein nichts an schlechten
Lebensbedingungen, an staatlicher Willkür und an der Notwendigkeit für die
Menschen, sich selbst gegen Übergriffe zur Wehr zu setzen. Diese Faktoren,
und nicht der Mineralienhandel, liegen an der Wurzel von Kongos Kriegen und
sind auch der Grund dafür, dass es im Ostkongo so viele Milizen gibt.
Sollte Rubaya jetzt seinen „konfliktfreien“ Status verlieren und vom
Weltmarkt ausgeschlossen werden? Das wäre katastrophal. Eine Stadt mit
80.000 Einwohnern würde schlagartig ihre Existenzgrundlage verlieren. Die
Menschen müssten sich ihr Geld wieder mit der Waffe verdienen statt mit der
Spitzhacke. Frieden beruht auf Beteiligung der Menschen am Wohlstand, nicht
auf ihrem Ausschluss.
25 Jul 2014
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Fairphone
Kongo
Zertifikate
Arbeitsbedingungen
Seltene Erden
Smartphone
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
Nachhaltigkeit
Coltan
Gerd Müller
Fairphone
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