# taz.de -- Gewinnung von Coltan im Kongo: Konflikt in „konfliktfreier“ Mine | |
> Die Coltanminen im Ostkongo gelten als unbedenklich. Im „Fairphone“ sind | |
> Rohstoffe aus den Gruben verarbeitet. Nun wurden mehrere Bergleute | |
> getötet. | |
Bild: Problematischer Rohstoff: Coltan wird auch für die Herstellung von Telef… | |
Die Minen um das Dorf Rubaya in der ostkongolesischen Provinz Nord-Kivu | |
gelten als Vorzeigeprojekt für „sauberen“ Bergbau in der Demokratischen | |
Republik Kongo. Sie sind die einzigen Förderstellen des Tantalerzes Coltan | |
im Konfliktgebiet Ostkongos, die als „konfliktfrei“ zertifiziert sind und | |
daher als unbedenklicher Herkunftsort für das in der Elektronikindustrie | |
begehrte Tantal gelten. | |
Unter anderem verarbeiten die Hersteller des [1][„Fairphone“] in den | |
Niederlanden Rohstoffe aus Rubaya. Doch am Wochenende starben auf einem der | |
Hügel Rubayas 4 bis 15 Bergleute bei Auseinandersetzungen mit Polizei und | |
Armee. | |
Von vier Toten und neun Verletzten spricht der lokale Radiosender Pole FM | |
unter Berufung auf offizielle Stellen. Am Samstag vergangener Woche habe | |
ein Polizist einen Bergarbeiter ausrauben wollen und ihn, als er sich | |
wehrte, erschlagen. Die anderen Bergleute hätten daraufhin die Polizisten | |
angegriffen. | |
Der UN-Rundfunksender Radio Okapi meldet, der Tote sei in Polizeigewahrsam | |
gestorben; wütende Bergleute hätten daraufhin die Polizeistation abgebrannt | |
und die Polizisten entwaffnet, und diese hätten Armeeverstärkung geholt. Es | |
habe sieben Tote gegeben. In ersten Berichten war von 15 Toten die Rede | |
gewesen. Lokale Quellen berichteten, die Bergleute hätten Verstärkung von | |
der lokalen Bürgerkriegsmiliz Nyatura erhalten. | |
Rubaya war ein verschlafenes Dorf am Fluss, bis vor rund fünf Jahren der | |
Run auf die Coltanvorkommen in den Hügeln ringsum einsetzte. | |
Kriegsvertriebene und die lokale Hutu-Bevölkerung ließen sich zu | |
Zehntausenden in Rubaya nieder, das zum Handelszentrum für die in den | |
Hügeln verstreuten Coltan-Tagebauminen geworden ist. Oben auf den Hügeln | |
wird aus großen Gruben coltanhaltiger Sand geholt und hinunter in die Stadt | |
getragen, wo am Fluss das Coltan herausgewaschen wird. | |
## International als „konfliktfrei“ zertifiziert | |
Gemäß den Richtlinien der OECD und der Internationalen Konferenz der Region | |
der Großen Seen (ICGLR) ist Rubaya seit 2012 als „konfliktfrei“ | |
zertifiziert. Grundlage dafür ist die Erfüllung dreier Bedingungen, führt | |
Emmanuel Ndimubanzi aus, Leiter der Bergbauabteilung der Provinzregierung | |
von Nord-Kivu: „Keine Kontrolle oder Besteuerung durch bewaffnete Gruppen, | |
keine illegalen Steuern, keine Kinderarbeit.“ Bis Ende 2013, so die | |
US-Organisation Enough, waren jedoch Nyatura-Milizionäre in Rubaya präsent. | |
Wer in Rubaya arbeiten will, muss Mitglied der Kooperative Cooperama | |
(Kooperative der Bergbauschürfer von Masisi) sein. Die Bergleute führen ihr | |
Förderprodukt an Cooperama ab, die Kooperative verkauft ausschließlich an | |
die einzige derzeit in Nord-Kivu aktive Mineralienexportfirma MHI des | |
Tutsi-Politikers Edouard Mwangachuchu. MHI beliefert die australische | |
Tantalschmelze Global Advanced Metals, deren Produkt an den US-Hersteller | |
AVX geht. Von diesem kauft unter anderem Fairphone Tantalkondensatoren für | |
die Handyherstellung. | |
Selbst wenn alle Beteiligten die Regeln einhalten, kann nicht | |
ausgeschlossen werden, dass der Bergbau in Rubaya bewaffnete Akteure im | |
Ostkongo finanziert. Viele der Bergleute kommen aus derselben | |
kongolesischen Hutu-Bevölkerung, aus der sich auch die Miliz Nyatura | |
rekrutiert. | |
Zu den Gründern der Bergbaukooperative Cooperama gehört der Warlord Ntabo | |
Ntaberi Cheka, der derzeit weiter westlich gegen Kongos Armee kämpft. Er | |
ging einst in den Busch, nachdem er als Coltanhändler seine Schulden nicht | |
mehr bezahlen konnte. Andererseits ist der Bergbau der Wirtschaftssektor, | |
in dem die einfache Bevölkerung am meisten verdient: bis zu umgerechnet 20 | |
Euro pro Tag, wie Cooperama-Chef Robert Seninga vorrechnet. | |
24 Jul 2014 | |
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[1] /Zweite-Auflage-des-Oekohandys/!132260/ | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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