| # taz.de -- EU-Sanktionen gegen Russland: Und, tut’s weh? | |
| > Keine Rüstungsexporte, keine Finanzgeschäfte, kein Hightech: | |
| > Symbolpolitik oder wirkungsvolle Maßnahmen? Ein Pro und Contra. | |
| Bild: Putin, Präsident | |
| ## Aua! | |
| Wladimir Putins Reich ist doch noch Nummer eins – in der Liga der | |
| Kleptokraten- und Bankrotteure-Regimes. Für Anleger aus aller Welt ist | |
| Russland das Land, in dem sie – noch vor Simbabwe und Argentinien – am | |
| wenigsten gern investieren würden. Lange galt Russland als Staat mit | |
| glänzenden Aussichten, aufstrebend wie China oder Brasilien. Doch das ist | |
| vorbei. | |
| Putin hat ja schon abgewirtschaftet. Wegen mangelnder Rechtsstaatlichkeit, | |
| korrupter Behörden und dirigistischer Wirtschaftspolitik lässt sich dort | |
| längst kein guter Rubel mehr verdienen. So dachten Anleger bereits vor der | |
| Ukrainekrise, also vor den Sanktionen. | |
| Nun wird es ungemütlicher. Die Strafen des Westens treffen den Nerv der | |
| Autokraten. Die Inflationsrate ist schon hoch, Experten rechnen bereits | |
| jetzt mit einem Nullwachstum für dieses Jahr. Es wird nun viel schlimmer | |
| kommen. Der Grund: kein Kapital. Die Folge: noch weniger Jobs. Die | |
| mächtigen russischen Staatsbanken decken ihren Kapitalbedarf zur Hälfte auf | |
| Europas Finanzplätzen, also in London, Frankfurt oder Paris. Sie bringt der | |
| EU-Bann in die Bredouille: Die Kreditversorgung, der Schmierstoff für | |
| Investitionen, wird knapp. | |
| Die Zentralbank in Moskau reagierte bereits ängstlich. Die | |
| Visabeschränkungen und Kontosperrungen für Putins Getreue gehen in dieselbe | |
| Richtung. Klar: Die Sanktionen werden auch für viele Russen zu | |
| Einschränkungen führen. Aber im Kern schränken sie die Möglichkeiten | |
| russischer Big Shots ein, Geld zu verdienen. Nicht sofort, aber | |
| mittelfristig. | |
| Ähnlich schmerzhaft die Einschnitte für die Energiewirtschaft. Wenn | |
| Russland für die Erschließung neuer Ölvorkommen keine Maschinen aus dem | |
| Westen bekommt, fehlt eine wichtige Devisenquelle. Die Moskauer Börse | |
| bewegte sich gestern dementsprechend sogar nach oben: Die Broker wissen, | |
| dass Putin einlenken muss. Kai Schöneberg | |
| ## Passt schon! | |
| Nähmen wir es wörtlich, bliebe Wladimir Putin von allen Sanktionen | |
| unberührt. Als Staatspräsident verfügt er über ein erkleckliches Einkommen, | |
| und sein Staatssäckel - und damit seine geopolitischen Strategien - wird | |
| von sprudelnden Rohstoffquellen gefüllt. Bei den jetzigen Sanktiönchen der | |
| USA und Westeuropas handelt es sich ohnehin bestenfalls um Symbolpolitik. | |
| Auf ein paar persönliche Behinderungen für Oligarchen folgen Rüstung und | |
| Banken. Populistischer geht es kaum. | |
| Künftig dürfen keine zivil-militärischen Produkte (Dual-Use-Güter) | |
| geliefert werden. Doch die fließen selbst in normalen Zeiten kaum von West | |
| nach Ost. Gewiss, Putins Truppen sollen modernisiert werden. Aber am Bau | |
| eines elektronischen Gefechtsübungssystems durch Rheinmetall hängt dies | |
| nicht. Und die strategisch wirklich wichtigen Hubschrauberträger, für die | |
| gerade russische Besatzungen in der koreanischen STX-Werft im französischen | |
| Saint-Nazaire ausgebildet werden, hat die EU nicht auf ihrer | |
| Sanktionsliste. Paris kann das Milliardengeschäft machen. | |
| Zusätzlich dürfen keine neuen Aktien oder Anleihen von russischen Banken | |
| emittiert werden. Symbolpolitik. Schließlich finanzieren sich international | |
| tätige Banken vor allem untereinander. Außerdem schwimmen russische | |
| Kreditinstitute dank Rohstoffboom und besserer Beziehungen zu China und | |
| Lateinamerika quasi im Geld. Tangiert werden zudem nur Banken, die sich zu | |
| mehr als 50 Prozent in Staatsbesitz befinden: Die meisten der etwa 1.500 | |
| Kreditinstitute sind aber keine Staatsbanken, sondern privat. | |
| Erfahrungen mit Sanktionen etwa gegen den Irak zeigen deren weitgehende | |
| Wirkungslosigkeit. Sofern sie jemanden treffen, dann das Kleingewerbe und | |
| die unteren Klassen. Und in einer unauflöslich miteinander verflochtenen | |
| Weltwirtschaft werden sie immer wirkungsloser. Politik konnten sie ohnehin | |
| noch nie ersetzen. Hermannus Pfeiffer | |
| 30 Jul 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Kai Schöneberg | |
| Hermannus Pfeiffer | |
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