# taz.de -- Kommentar US-Außenpolitik: Führung? Vergiss es! | |
> Präsident Barack Obama hat keine Vorstellung davon, wie eine | |
> Führungsrolle der USA ohne Militäreinsätze aussehen könnte. | |
Bild: Will der Präsident sein, der die Soldaten nach Hause holte: Barack Obama | |
Nach dem Ende des Kalten Krieges waren die USA die einzig verbliebene | |
Supermacht – ökonomisch und, mehr noch, militärisch. Das Trauma des | |
Vietnamkrieges war überwunden, die USA sonnten sich im Gefühl, den | |
Systemkonflikt des 20. Jahrhunderts gewonnen zu haben. | |
Auf das Weltgeschehen reagierten sie wie ein stark angetrunkener | |
Schlägertyp: Rempel mich an und ich mach dich platt. Kopflos zwar, etwa als | |
Präsident Bill Clinton nach den Anschlägen auf US-Botschaften in Nairobi | |
und Darerssalam 1998 Raketenangriffe auf Afghanistan und Sudan anordnete, | |
aber doch mit der klaren Message: Don‘t mess with us. Einmarsch in Panama | |
Ende 1989, Kuwaitkrieg 1991. | |
Aber im Unterschied zum Schlägerrüpel waren die USA nicht nur gefürchtet, | |
sondern auch attraktiv. Gerade die ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten | |
suchten die enge Allianz mit Washington, was im Gegenzug auch die | |
außenpolitischen Emanzipationsbestrebungen der Europäischen Union ins Leere | |
laufen ließ. | |
Der Niedergang der US-Außenpolitik begann spätestens nach 9/11 mit der | |
Präsidentschaft George W. Bushs. Getrieben von der Waffenindustrie und den | |
neokonservativen Ideologen begannen die USA 2003 den Irakkrieg. Nicht nur, | |
weil die Kriegsbegründungen so offensichtlich erlogen waren, begann damit | |
der Abstieg der US-Führungsrolle. Die US-Militärausgaben explodierten, die | |
Staatsfinanzen liefen aus dem Ruder, die Wirtschafts- und Finanzkrise gab | |
den Rest. | |
## Militär als Rückgrat | |
Als Barack Obama Anfang 2009 ins Weiße Haus einzog, war sein wichtigstes | |
außenpolitisches Versprechen vor allem ein innenpolitisches: Obama wollte | |
als der Präsident in die Geschichte eingehen, der die US-Soldaten aus | |
Afghanistan und Irak zurückgeholt und keine neuen Kriege begonnen hat. Das | |
hat funktioniert – viel mehr aber auch nicht. | |
Seit dem ersten Weltkrieg hatten die USA ihren globalen Führungsanspruch, | |
der nach dem zweiten Weltkrieg zum Anspruch der Führung des Westens wurde, | |
auf ihrer militärischen Stärke begründet und auf der Bereitschaft, diese | |
Stärke auch einzusetzen. In seiner außenpolitischen Grundsatzrede in der | |
Militärakademie Westpoint relativierte Präsident Obama den jungen | |
Offiziersanwärtern: „Das Militär wird immer das Rückgrat unserer Führung | |
sein. Aber US-Militäreinsätze können nicht die einzige – oder überhaupt n… | |
die erste – Komponente unserer Führung sein. Nur weil wir über den besten | |
Hammer verfügen, bedeutet das nicht, dass jedes Problem auch ein Nagel | |
ist.“ Die meisten US-Amerikaner finden das gut: sie haben die Nase voll | |
davon, ihre Soldaten in Kriege zu schicken. Obama dürfte heilfroh sein, | |
dass es nicht US-Amerikaner, sondern Niederländer waren, die in der | |
Maschine MH 17 über der Ostukraine den Tod fanden. | |
Es ist bezeichnend, wie schwer sich Obama in der gleichen Rede damit tat, | |
alternative Führungsinstrumentarien zu benennen.Der Eindruck bleibt: Er hat | |
überhaupt keine Idee, wie das gehen soll. Das Ergebnis sehen wir derzeit, | |
ob in Syrien, Libyen, Irak oder der Ukraine, ob in Gaza oder Nigeria. Es | |
mag ja gut sein, dass es die Führungsmacht USA in alter Form nicht mehr | |
gibt. Von Abu Ghraib bis zur CIA-Folter, von NSA bis Drohnenkrieg – niemand | |
kann ernsthaft behaupten, US-Außen- und Militärpolitik wäre in der jüngsten | |
Vergangenheit vom Wunsch nach Durchsetzung internationalen humanitären | |
Völkerrechts oder Demokratie geprägt gewesen. | |
Nur: Weder die EU noch irgendjemand anders hat tatsächlich je ernsthaft | |
daran gearbeitet, multilaterale Alternativen aufzubauen, stattdessen | |
springen Akteure in das Vakuum, die Menschenrechte nicht einmal im Munde | |
führen. Im Ergebnis eskalieren regionale oder innerstaatliche Konflikte | |
heute auf auf eine Weise, die selbst die meisten Stellvertreterkriege aus | |
Zeiten der Blockkonfrontation übersteigt. Von den USA Lösungen zu erwarten, | |
wird auf absehbare Zeit ins Leere laufen. | |
3 Aug 2014 | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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