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# taz.de -- Datenschutz in Deutschland: Facebook – ist das illegal?
> Dürfen Unternehmen auf Facebook für sich werben? Ein Richterspruch im
> Norden könnte am Donnerstag eine kleine digitale Revolution auslösen.
Bild: Mal ganz genau hinschauen: Facebook - voll Unrecht, oder was?
BERLIN taz | Es ist vielleicht ein bisschen wie im Rotlichtgewerbe: In den
ausgeleuchteten Zimmern hinter den Gardinen passieren womöglich die
ungesetzlichsten Dinge, aber vor der Eingangspforte unten steht ein
Lockvogel und lotst die Leute rein. Kann der Türsteher schuld sein für das,
was drinnen passiert?
So ähnlich ist nun ein Streitfall gelagert, der am Donnerstag vor dem
Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein geklärt werden soll. Nur geht es
um Datenschutz, Facebook und ein Unternehmen, das wie zufällig in der
Schussbahn steht: die Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein. Wenn gegen
sie geurteilt wird, könnte das eine kleine digitale Revolution auslösen.
Wenn.
Dabei hat die Weiterbildungsstätte der Industrie und Handelskammer (IHK) in
Kiel doch nur etwas ganz Simples getan – nämlich auf Facebook eine Fanpage
gegründet. Das ist eine Seite, auf der User Inhalte anschauen können, die
das Unternehmen einstellt. Genau das aber wollte ihr das Unabhängige
Landeszentrum für Datenschutz in Schleswig-Holstein, das unter anderem als
Aufsichtsbehörde fungiert, verbieten.
Deren Chef, Thilo Weichert, gilt als einer der regesten Datenschützer
Deutschlands. Er kämpft seit Jahren gegen die Datensammelwut von Facebook.
Der Konzern erstellt nämlich umfassende Nutzerprofile und verwertet sie
kommerziell. Doch weil Facebook seinen Firmensitz in Irland hat und dort
laschere Bestimmungen herrschen, ist der Kampf kompliziert.
## Ist Facebooks Datenerhebung rechtswidrig?
Deshalb griff Weichert 2011 in die Trickkiste – und griff nicht Facebook
an, sondern Unternehmen, die Facebook nutzen. Seine Argumentation: Dass
Facebook gegen deutsche Gesetze verstößt, wird erst dadurch ermöglicht,
dass überhaupt Inhalte angeboten werden. Insbesondere deutsche Unternehmen
und Behörden dürften sich daran jedoch nicht beteiligen. Übersetzt: Wer
doch weiß, dass drinnen (womöglich) Illegales passiert, darf nicht als
Lockvogel oder Mittelsmann agieren. Das Interessante daran: Um Weichert
Recht zu geben, müsste ein Gericht schließlich auch anerkennen, dass
Facebooks Datenerhebung rechtswidrig ist.
Also verschickte Weicherts Behörde Bescheide und untersagte etwa der
Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein schlicht das weitere Betreiben ihrer
Facebook-Seite. Gegen diesen Bescheid klagte das Unternehmen – und
argumentiert, es könne nicht für eine Datenerhebung haftbar gemacht werden,
die sie selbst gar nicht betreibt und mit der sie keine Berührungspunkte
habe. „Außerdem fehlen Herrn Weichert die Belege für seine Behauptung, dass
die Datenerhebung von Facebook überhaupt rechtswidrig ist“, sagt
IHK-Rechtsexperte Markus Schween. Anders gesagt: Solange drinnen alles
legal ist, sind erst recht die Türsteher legal.
In dem Musterverfahren soll nun also rechtlich geklärt werden, ob
Unternehmen weiter auf Facebook werben dürfen – und damit auch, ob die
Datenerhebung von Facebook gesetzeswidrig ist. Gewinnt Weichert, hätte das
eine bundesweite Bedeutung – und würde die Frage aufwerfen: Wer darf denn
eigentlich dann noch Facebook nutzen?
Deshalb will der Datenschützer im Zweifel bis vor den Europäischen
Gerichtshof zu ziehen. Das dürfte auch nötig sein, denn bislang sind seine
Vorstöße allesamt gerichtlich kassiert worden. Ein Erfolg am Donnerstag
wäre daher eine Überraschung – aber eine sehr tiefgreifende.
4 Sep 2014
## AUTOREN
Martin Kaul
## TAGS
Schwerpunkt Meta
Thilo Weichert
Datensicherheit
Datenschutz
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Smartphone
Schwerpunkt Überwachung
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