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# taz.de -- Der Müll, den niemand wüll: AKW-Schrott ohne Abnehmer
> Der Reaktor Stade wird „rückgebaut“ – doch Betreiber Eon findet keine
> Deponien.
Bild: Das AKW Stade 2011: Wohin der leicht strahlende Bauschutt soll, darüber …
HANNOVER taz | Bei der Entsorgung der Überreste seines zum Abriss
freigegebenen Atomkraftwerks Stade gerät der Energieriese Eon verstärkt
unter Druck. Nach massiven Bürgerprotesten in Sachsen will der Betreiber
der Deponie Grumbach in der sächsischen Schweiz nur 700 statt der zunächst
vereinbarten 2.000 Tonnen des offiziell als Bauschutt deklarierten, aber
noch immer leicht strahlenden Materials aufnehmen.
„Es ist keine Lösung, die AKW-Reste einfach über die Grenze in den Osten zu
schaffen“, sagt der Sprecher des sächsischen Umweltminister Frank Kupfer
(CDU). Kupfer hatte sich Anfang der Woche an die Spitze der Protestbewegung
gestellt und seinen niedersächsischen Amtskollegen Stefan Wenzel (Grüne)
schriftlich aufgefordert, für eine Lagerung im eigenen Bundesland zu
sorgen.
Wenzels Reaktion allerdings war abweisend: Bei der Atommüll-Entsorgung habe
Niedersachsen „mehr Verantwortung übernommen als jedes andere Bundesland“,
schreibt der Grüne in einem Brief an den „sehr geehrten Herrn
Staatsminister“ – und verweist auf das „havarierte Atommülllager Asse“
sowie den Schacht Konrad und Gorleben. Außerdem handele es sich bei dem
Material aus Stade zumindest rechtlich nicht um radioaktiven Müll, sondern
um „Bauschutt“.
Das allerdings bezweifeln Atomkraftgegner. Schließlich bestätigt auch das
Umweltministerium des Grünen Wenzel, das es sich bei dem Müll auch um Teile
aus „dem inneren Bereich des Reaktorgebäudes“ handelt. Zwar wurde versucht,
die von Radioaktivität zu befreien – doch Umweltschützer sind nicht
überzeugt, ob diese Dekontamination gelang.
„Natürlich ist es preiswerter, die Überreste des AKW Stade auf
Bauschutt-Deponien zu karren“, sagt nicht nur Renate Backhaus, Atomexpertin
des Umweltschutzverbands BUND in Niedersachsen. Auch die Atomkraftgegner
der Initiative ausgestrahlt zweifeln an der „Freimessen“ genannten Freigabe
für unbedenklich erklärtes Materials. „Schon die allergeringste
Strahlendosis kann Krebs auslösen“, warnt deren Sprecher Jochen Stay. Die
Umweltministerien in Hannover und Dresden versichern dagegen beinahe
wortgleich, der AKW-Müll sei gesundheitlich unbedenklich. Die zusätzliche
Dosis betrage nur ein Zweihunderstel der natürlichen Strahlung.
Trotzdem gab es auch in Niedersachsen bereits heftigen Widerstand gegen die
Einlagerung der Überreste des Kraftwerks an der Elbe: Von der
Öffentlichkeit unbemerkt landeten zwischen 2003 und 2011 rund 102 Tonnen
auf der Deponie Schneverdingen im Heidekreis – bis der parteilose Landrat
Manfred Ostermann nach Demonstrationen einen Einlagerungsstopp verfügte.
Danach wich Betreiber Eon nach Sachsen aus: Seit 2013 wurden 1.055 Tonnen
nach Wetro bei Bautzen geschafft.
In der Klemme sitzt damit nicht nur Eon, sondern auch Umweltminister
Wenzel: Einerseits denkt er darüber nach, öffentlich-rechtliche Deponien
zur Annahme des AKW-Mülls zu verpflichten – schließlich stehen weitere
niedersächsische Meiler etwa bei Lingen und Grohnde mittelfristig vor dem
Abriss. Die Bedenken der Anti-Atom-Bewegung teilt der Grüne trotzdem: Ob
die „Grenzwerte einzelner Nuklide angemessen“ seien, um die Überreste als
Bauschutt zu deklarieren, sagt Wenzel nach einigem Nachdenken – „darüber
kann man strittig diskutieren“.
4 Sep 2014
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
Entsorgung
Schwerpunkt Atomkraft
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Asse
Radioaktivität
Gorleben
Schwerpunkt Atomkraft
AKW
RWE
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