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# taz.de -- AKW Unterweser seit einem Jahr vom Netz: Nach dem Atom kommt der Ex…
> Seit 12 Monaten ist das Atomkraftwerk Unterweser abgeschaltet. In der
> stillgelegten Anlage arbeiten noch 500 Eon-Beschäftigte. Zulieferfirmen
> haben ihre Mitarbeiter bereits abgezogen.
Bild: In absehbarer Zeit wird die 8000-Einwohner-Gemeinde Stadland im Kreis Wes…
STADLAND dpa | Saftige Wiesen umgeben das Grundstück von Hinrich Brader. Im
Stall hinter seinem reetgedeckten Haus kauen Milchkühe gemütlich ihr
Futter. Nur wenige Meter neben dem Garten endet die Idylle. Dort ragen
Hochspannungs-masten in die Höhe, die sich vom Kernkraftwerk Unterweser
quer durchs Marschland ziehen.
Die mächtige Betonkuppel ist vom Wohnzimmer aus deutlich zu sehen. Seit
einem Jahr ist das AKW vom Netz. Doch Brader traut dem Frieden nicht. „Die
politischen Entscheidungen sind sprunghaft“, sagt der 59-Jährige. „Erst gab
es eine Laufzeitverlängerung, ein paar Monate später dann der Ausstieg.“
Seit mehr als 30 Jahren lebt Brader in der Nähe des Druckwasserreaktors,
den der Energieversorger Eon in Stadtland direkt am Weserufer errichten
ließ.
Gemeinsam mit anderen Atomkraftgegnern von der „Aktion Z“ kämpft der Bauer
schon seit langer Zeit gegen Kernkraftwerk und Zwischenlager. Viele Jahre
vergeblich. Doch dann kommt es zur Reaktorkatastrophe in Fukushima. Am 18.
März 2011 nimmt Eon den Meiler für eine Sicherheitsüberprüfung vom Netz. Er
wird wie die anderen sechs ältesten Atomkraftwerke nicht wieder angefahren.
Für Bürgermeister Boris Schierhold kam das aus Berlin verordnete Ende
überraschend. „Als Gemeinde hat man keine Einflussmöglichkeiten und kann
nur noch sehen, wie man die Arbeitsplatz- und Einwohnerverluste
kompensiert“, sagt der parteilose Politiker. Denn dass der
8000-Einwohner-Ort im Kreis Wesermarsch die wirtschaftlichen Folgen zu
spüren bekommt, davon ist er überzeugt. „Das wird sich sukzessive
widerspiegeln und mit Sicherheit den demografischen Wandel beschleunigen.“
## Rückbaubeginn noch nicht klar
Zurzeit arbeiten noch etwa 500 Beschäftigte in der Anlage. Erst wenn der
Rückbau beginnt, wird Eon ihre Zahl reduzieren. Wann der Konzern damit
beginnt, ist noch nicht entschieden. Bei den Zulieferern macht sich der
Produktionsstopp jedoch schon deutlich bemerkbar. „Das Auftragsvolumen ist
enorm zurückgegangen“, sagt Eon-Sprecherin Petra Uhlmann.
Wegen der Laufzeitverlängerung wollte der Energieversorger in den nächsten
Jahren 350 Millionen Euro in den Standort investieren, davon sollten
jährlich 20 Millionen in der Region bleiben. Doch das ist jetzt gestrichen.
2011 mussten Zulieferfirmen rund 300 Mitarbeiter aus dem Kraftwerk
abziehen.
„Letztes Jahr um diese Zeit dachte ich, dass es mit meiner Firma zu Ende
ist“, erzählt Unternehmer Heiko Hemme. Bis zu zwölf seiner Angestellten
waren fest für Arbeiten am Atommeiler eingeplant. Zahlreiche andere
Aufträge hatte er deshalb abgelehnt. Doch dann stoppte Eon alle
Bestellungen.
Dennoch konnte der Stahl- und Metallbaubetrieb das Jahr 2011 mit einem
Umsatzplus abschließen. Die starke Konjunktur ließ den Schiffsbau und die
Offshore-Industrie in der Wesermarsch boomen. Doch nach Ansicht von
Bürgermeister Schierhold werden diese Branchen das AKW nicht komplett
ersetzen können.
## Knappe Industrieflächen in Hamburg
Das legen auch die Erfahrungen im etwa 100 Kilometer entfernten Stade nahe.
Seit 2003 ist der dortige Reaktor dort stillgelegt. Viele der rund 500
Mitarbeiter sind inzwischen gegangen, bei den Zulieferern verloren noch
einmal genauso viele ihren Job. Mittlerweile befindet sich die kommunale
Wirtschaft wieder auf einem guten Weg.
Stade konnte vor allem davon profitieren, dass im nahegelegenen Hamburg die
Industrieflächen knapp sind und Firmen deshalb ins Umland ausweichen. In
Stadland gibt es diese Möglichkeit nicht. Die Kommune will stattdessen
Wohngebiete für Pendler schaffen. Investitionen in Kitas und Schulen sollen
den Wegzug von Familien zumindest eindämmen.
15 Mar 2012
## TAGS
Entsorgung
Schwerpunkt Atomkraft
Schwerpunkt Atomkraft
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