# taz.de -- Strahlender Abfall: So gefährlich wie Fukushima | |
> Müll in den Kellern des AKW Brunsbüttel ist so radioaktiv wie in | |
> Fukushima. Vattenfall sagt, das beanstandete Fass sei vielleicht gar | |
> nicht durchgerostet. | |
Bild: Marodes Stahlblech: Fass aus dem Lager des AKW Brunsbüttel. | |
HAMBURG taz | Der Müll, der in den Kavernen unter dem Atomkraftwerk | |
Brunsbüttel lagert, gibt zum Teil Strahlendosen ab, wie sie vor einem Jahr | |
an dem havarierten Atomkraftwerk Fukushima aufgetreten sind. Die | |
schleswig-holsteinische Atomaufsicht erklärte am Montag, dass dies in der | |
Natur der Sache liege: „Es gibt in Kernkraftwerken Bereiche mit teilweise | |
sehr hohen Strahlenwerten – dazu gehören der Reaktordruckbehälter, und dazu | |
können auch spezielle Lagerstätten gehören“, sagte das Justizministerium | |
der dpa. | |
Unterdessen untersucht die AKW-Betreiberin Vattenfall, ob das von der | |
Aufsicht beanstandete Fass womöglich gar nicht durchgerostet ist, sondern | |
nur beim Leeren Schaden genommen hat. | |
Auf dem Gelände des AKW gibt es nach Angaben von Vattenfall sechs Kavernen | |
für die Zwischenlagerung schwach- und mittelradioaktiven Abfalls. Darin | |
liegen in Regalen 600 gelbe Fässer aus Stahlblech. Weitere 650 Fässer sind | |
seit 2005 herausgeholt und in Gusseisen-Container umgefüllt worden, von | |
denen jeder den Inhalt von 18 Fässern aufnehmen kann. Sie warten auf dem | |
AKW-Gelände auf den Transport zum Schacht Konrad, der ab 2019 als Endlager | |
für schwach- und mittelradioaktive Abfälle bereitstehen soll. | |
Eine große Menge strahlenden Mülls ist schon in der Vergangenheit | |
weggeschafft worden. Zwischen 1995 und 1998 seien mehr als 4.600 Gebinde in | |
das ehemalige DDR-Endlager Morsleben transportiert worden,sagt | |
Vattenfall-Sprecherin Barbara Meyer-Buckow. Der Müll sei den damaligen | |
Vorschriften entsprechend einfach in den Fässern transportiert worden. | |
Da die Transporteure genügend Abstand von den Fässern gehabt hätten, habe | |
sich das schadlos bewerkstelligen lassen. Die sehr hohe Strahlendosis von | |
bis zu 500 Millisievert pro Stunde werde nur bei direktem Kontakt mit einem | |
Fass aufgenommen. Mit zunehmendem Abstand lasse die Dosis rasch nach, was | |
die Atomaufsicht bestätigte. | |
In der Luft der Kavernen wurden 30 bis 50 Millisievert je Stunde gemessen. | |
Das ist immer noch sehr viel: Ein Arbeitnehmer in einem Atomkraftwerk darf | |
pro Jahr höchstens 20 Millisievert aufnehmen. Vattenfall hat nach eigenen | |
Angaben immer von der hohen Strahlung gewusst. „Deswegen geht ja auch | |
keiner rein“, sagt Meyer-Buckow. Die Fässer werden per Fernsteuerung | |
bearbeitet. | |
Für das Umfüllen des Mülls in die Guss-Container wurde nach ihrer | |
Darstellung ein Loch in den Fassdeckel geschnitten und mit einem Schlauch | |
der Fassinhalt abgesaugt: Pulverharze aus den Filterkonzentraten der | |
Reaktorabwasserreinigungsanlage. Beim Absaugen rotiere das Fass mit bis zu | |
100 Umdrehungen pro Minute. Normalerweise sei es nach drei Stunden leer. | |
Bei dem angeblich Durchgerosteten habe das acht Stunden gedauert. | |
Möglicherweise habe der ausgeschnittene Teil des Fassdeckels, der | |
mitrotiert sei, in dieser Zeit die Fasswand durchgeschmirgelt, spekuliert | |
die Sprecherin. Auf einem Agenturfoto (taz vom 7. März) sind jedoch stark | |
verrostete Fässer zu erkennen. | |
Zur Frage, ob es zulässig sei, so stark strahlenden Müll unter dem Gelände | |
zu lagern, sagten Vattenfall wie die Atomaufsicht, es gebe dafür keine | |
Strahlen-Grenzwerte. Nähere Auskünfte will das Justizministerium wegen der | |
Vielzahl der eingegangenen Fragen erst am heutigen Mittwoch geben. | |
Fritz Storim von der Messstelle für Arbeits- und Umweltschutz Bremen (Maus) | |
findet, „es muss bedingungslos offengelegt werden, was los ist“. Als er von | |
den 500 Millisievert hörte, habe er es gar nicht glauben können, dass es | |
sich nicht um einen Messfehler handelte. | |
13 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
## TAGS | |
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