# taz.de -- Mangelnde Castorbehälter: AKW-Rückbau verzögert sich | |
> Der Atomindustrie fehlen Behälter, um die Brennstäbe aus den vom Netz | |
> genommenen AKWs abtransportieren zu können. Das verlängert nun das | |
> Risiko. | |
Bild: Davon gibt's nicht genug. | |
FREIBURG taz | Ein Mangel an Castorbehältern verzögert den Rückbau der im | |
vergangenen Jahr stillgelegten deutschen Atomkraftwerke. Weil derzeit nicht | |
alle Brennstäbe aus den Reaktoren verpackt werden können, müssen sie länger | |
in den Abklingbecken der Kraftwerke lagern. Damit bestünden „weiterhin | |
erhebliche Sicherheitsrisiken“, beklagt Sylvia Kotting-Uhl, atompolitische | |
Sprecherin der Grünen im Bundestag. | |
Schuld an dem Mangel sind die atompolitischen Kapriolen der | |
Bundesregierung. „Vor Fukushima war der Bedarf an Castorbehältern planbar“, | |
sagt Michael Köbl, Sprecher der Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS) in | |
Essen. Die GNS gehört den vier deutschen Atomkonzernen und baut die | |
Castoren. Für den unter Rot-Grün beschlossenen Ausstieg hätten die | |
Kapazitäten der GNS ausgereicht, weil dieser schrittweise ablaufen sollte. | |
Nun aber herrscht besonders bei den Siedewasserreaktoren (diese brauchen | |
andere Behälter als Druckwasserreaktoren) ein eklatanter Castor-Mangel. | |
Denn für diese kann die GNS im Moment gar keine Behälter bauen, die | |
zugelassen wären. Nach dem ursprünglichen Ausstiegsbeschluss sah es so aus, | |
als sei der Bedarf an Castoren für den Druckwassertyp größer. Die | |
Atomwirtschaft hatte sich deshalb vorrangig darum gekümmert, hier eine | |
Zulassung zu bekommen; sie liegt seit Dezember 2010 vor. | |
## Krümmel ist betroffen | |
Die andere Zulassung dürfte frühestens im Jahr 2013 vorliegen. Doch auch | |
dann ist kaum mit einer deutlichen Steigerung der Castorproduktion zu | |
rechnen. Da nützt es auch nicht, dass die GNS gerade ihre jährliche | |
Fertigungskapazität von etwa 50 auf künftig 80 Behälter ausbaut. Um den | |
Mangel zu beheben, wären weitaus größere Investitionen nötig, vor denen die | |
Firma zurückschreckt, weil diese nur kurzzeitig gebraucht würden. | |
Krümmel ist einer der betroffenen Meiler. Auf dem Gelände stehen nur noch | |
zwei Castoren bereit, die 104 Brennelemente aufnehmen können. Im | |
Abklingbecken, in dem die Brennstäbe so lange lagern, bis ihre | |
Temperaturentwicklung auf ein vertretbares Maß abgesunken ist, lagern | |
hingegen noch 266 Brennelemente, 840 weitere gibt es im Reaktor. Ähnlich im | |
Atomkraftwerk Isar 1: Im Abklingbecken lagern noch 1.734 abgebrannte | |
Brennelemente, von denen rund 800 bereits in das weniger unsichere | |
Zwischenlager auf dem Kraftwerksgelände gebracht werden könnten. | |
Ein anderes Thema sind die bislang noch fehlenden Anträge der Betreiber auf | |
Stilllegung der Meiler nach dem Atomgesetz. Offenbar wollen die | |
Atomkonzerne keine Fakten schaffen, ehe über die Schadenersatzforderungen | |
entschieden ist, die sie gegenüber dem Bund erhoben haben. Zudem rechnen | |
die Unternehmen durch, ob sie mit einem verzögerten Rückbau Geld sparen | |
können. RWE etwa will demnächst zwischen einem direkten Abbau und einem | |
zunächst nur „Sicheren Einschluss“ der Biblis-Reaktoren entscheiden. Für | |
Atomexpertin Kotting-Uhl ist die Sache jedoch klar: „Fachlich spricht | |
vieles gegen den sogenannten Sicheren Einschluss.“ | |
14 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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