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# taz.de -- Kolumne Konservativ: Ein ganzer Kerl namens Scarlett
> Verändern Film-Heldinnen wie „Lucy“ das konservative Action-Genre?
> Hoffentlich nicht. Unser Autor will im Kino nämlich schlafen.
Bild: Jemand kriegt gleich richtig Probleme. Die Frau ist es nicht.
Als ich neulich zum 16. Mal „Stirb langsam“ sah, war ich zufrieden. Wie
schön, dachte ich: Manches ändert sich nie. In Hollywoods Action-Filmen
töten männliche Helden verlässlich jeden, der nicht bei drei auf den Bäumen
ist, und am Ende vielleicht gar den Schurken. Das regelmäßig totgesagte
Genre lebt ebenso regelmäßig wieder auf. Im neuen Teil seiner
„Expandables“-Reihe lässt Sylvester Stallone gleich dutzendweise
Muskelpakete antreten – und Harrison Ford.
Wie schön, dass manche Tradition erhalten bleibt, dachte ich, bevor im
Filmfinale das Hochhaus, das Flugzeug oder das Schiff explodieren. Was
genau es war, weiß ich nicht mehr. Ich schlief vorher sanft ein. Denn wenn
es etwas gibt, das an mir konservativ ist, dann meine Sehnsucht nach
Überschaubarkeit im Kino. Action-Filme finde ich in ihrer Regelmäßigkeit
beruhigend wie Gläubige das Rosenkranz-Beten: Männer kämpfen, Dinge
explodieren, Abspann, Stuhlgang. Doch dann hörte ich von „Lucy“.
Seit August kämpft im Kino wieder ein Übermensch allein gegen finstere
Gestalten – wie Bruce Willis in „Stirb langsam“. Ihm wachsen Superkräfte…
– wie Keanu Reeves in „Matrix“. Nur heißt der ganze Kerl Scarlett
Johannsson.
„Lucy“ ist der jüngste Höhepunkt eines rasanten Wandels. Spider-Man von DC
Comics heißt nicht mehr Peter Parker, sondern Miles Morales und ist halb
schwarz, halb Lateinamerikaner. Die Comicfigur Green Lantern wurde vor zwei
Jahren schwul, und Northstar durfte seinen Freund gar heiraten.
## „Expandabelles“?
Bei Marvel Comics wurde aus der blonden Ms. Marvel ein muslimisches
Mädchen. Sylvester Stallone will angeblich gar einen „Expandables“-Film mit
weiblichen Helden produzieren. Sigourney Weaver („Alien“ 1 bis 4) soll
mitmachen. Arbeitstitel: „Expandabelles“.
Als ich von „Lucy“ hörte, bangte ich um meinen Rosenkranz-Ersatz. Muss ich
mich jetzt auf unerwartete Drehbuch-Wendungen gefasst machen? Entsteht ein
neues Action-Genre, das die gewandelten gesellschaftlichen
Rollenerwartungen an Frauen und Männer in neue Bilder fasst? Ich fürchtete
um Kämpfe, Explosionen, Abspann und Stuhlgang. Und um meinen Schlaf. Dann
sah ich den Trailer für „Lucy“.
Die Geschichte geht so: Böse chinesische Männer pflanzen Partygirl Lucy
(Johannsson) Drogen in den Leib, um sie als unfreiwillige Kurierin
loszuschicken. Die Drogen werden versehentlich freigesetzt, und Lucy
entwickelt immer gewaltigere Geisteskräfte, die sie gar Zeit und
Gegenstände kontrollieren lassen. Sie rächt sich an den bösen Männern.
Erschießt weitere Männer. Sucht einen weisen – männlichen –
Wissenschaftler. Und nimmt sich dabei einen – männlichen – Polizisten zum
treuen, aber trotteligen Gefährten.
Das Action-Genre hat also nur seine Vorzeichen ausgetauscht: Der Held
behält alle klassisch männlichen Eigenschaften: Er kämpft allein gegen böse
Männer, und am Ende rettet er die Welt und eine Frau. Nur ist die Frau
diesmal der Held selbst. Auf die DVD von „Lucy“ freue ich mich schon sehr.
Guter Schlaf ist wichtig.
14 Sep 2014
## AUTOREN
Matthias Lohre
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