# taz.de -- Kolumne Konservativ: Leb wohl, taz! | |
> Unser Autor mag die taz immer noch sehr. Aber irgendwie anders als | |
> früher. Deshalb macht er jetzt Schluss. | |
Bild: Abschied | |
Liebe taz, | |
das Folgende zu schreiben fällt mir nicht leicht. Immerhin sind wir seit | |
fast zehn Jahren zusammen, und in dieser Zeit bist Du sehr wichtig für mich | |
geworden. Aus einer Affäre wurde eine feste Beziehung. Ich habe viel von | |
Dir gelernt. Aber Du ahnst schon, was ich zu sagen versuche. Du bist zu gut | |
für mich. | |
Niemand ist wie Du, bitte vergiss das nie. Du lässt fast jede Meinung | |
gelten, so lange sie vor Redaktionsschluss verfasst ist. Du streitest gern, | |
aber verzeihst auch. Du engagierst Dich für die Durchsetzung des | |
Grundsatzes, dass Menschen in Rechten und Pflichten gleich sind - und bist | |
selbst einzigartig. Und sicher werde ich auch irgendwann verstehen, warum | |
ich Dich eines Morgens besuchte, und an der Haustür empfingst Du mich mit | |
einem Penistattoo. | |
Nein, liebe taz, es liegt allein an mir. Ich muss jetzt einfach alleine | |
sein. Dich mag ich noch immer sehr, aber irgendwie anders als früher. | |
Unsere Beziehung ist damit nicht vorbei, im Gegenteil. Sie ist solide. | |
Sogar so solide, dass ich finde, wir sollten auch andere Leute treffen. Man | |
muss es ja nicht übertreiben mit dem Alleinsein. | |
Es liegt nicht an Dir. Du bist die schönste taz, die es gibt. Ich weiß, Du | |
findest Dich zu laut und zu leise. Zu alt und zu jung. Zu naiv und zu | |
abgebrüht. Zu nett und zu rabiat. Zu arm und zu luxuriös. Zu gleichförmig | |
und zu konfus. Zu vertrauensselig und zu autoritär. Zu dünn und zu dick und | |
gemütlich. Aber ich versichere Dir: Du bist das alles gleichzeitig. | |
Andere würden Dir deshalb eine dissoziative Identitätsstörung bescheinigen. | |
So etwas, liebe taz, würde ich nie tun. Man weiß ja, wie unberechenbar | |
gespaltene Persönlichkeiten sind. | |
Wir haben es einander nicht immer leicht gemacht. Ich lag Dir in den Ohren | |
mit Geschichten über alle Parteien, die nicht bei drei auf den Bäumen | |
waren. Nach der Bundestagswahl urteilten mit Dir befreundete Twitterer, ich | |
hätte Grüne und Piraten erfolgreich kaputt geschrieben. Das war natürlich | |
arg verkürzt. Ich berichtete auch über die FDP. | |
Viereinhalb Jahre lang schrieb ich Dir in dieser Kolumne, was ich über | |
Männer wusste. Falls Du weitere Fragen zu Männern und Frauen hast: Alles | |
Nötige steht in den Büchern „Milde Kerle“ und „Der Film-Verführer“. … | |
sind wirklich sehr gut, denn sie stammen von mir. Später behandelte die | |
Kolumne, was heute konservativ ist. Dies, liebe taz, wird meine letzte | |
Glosse sein. Unsere beiden Racker „Männer“ und „Konservativ“ werden mir | |
fehlen. Ich sähe gern, wie sie sich entwickeln. Es gäbe noch so vieles über | |
sie zu schreiben. Gerade jetzt, wo beide ein gemeinsames Hobby gefunden | |
haben. Bitte halte mich deshalb auf dem Laufenden über die AfD. | |
Liebe taz, Du musst mich jetzt gehen lassen. Wir sind beide in der zweiten | |
Hälfte unserer Dreißiger. Ich möchte wachsen und dazulernen. Ich werde | |
nicht jünger, obwohl ich das häufig höre, wenn auch seit einiger Zeit nur | |
noch von diesem älteren Herrn im Spiegel. | |
Ich hoffe, wir können Facebook-Freunde bleiben. Ich glaube nicht, dass ich | |
ohne Dich leben kann, aber ab heute versuche ich es einfach mal. | |
30 Dec 2014 | |
## AUTOREN | |
Matthias Lohre | |
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