# taz.de -- US-Luftangriffe in Syrien: Minikoalition gegen Islamisten | |
> Mehrere arabische Staaten unterstützen die Angriffe. Die syrische | |
> Regierung wurde vorab informiert, aber nicht um Erlaubnis gebeten, wie | |
> die USA betonen. | |
Bild: Flugzeugträger USS George H. W. Bush im Einsatz gegen islamistische Mili… | |
BERLIN/ISTANBUL taz | Nach jahrelangem Zögern hat US-Präsident Barack Obama | |
in den syrischen Bürgerkrieg eingegriffen und damit eine neue Front im | |
Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) eröffnet. In der Nacht zu Dienstag | |
bombardierten die USA und einige arabische Staaten zahlreiche Einrichtungen | |
der Dschihadisten in mehreren Teilen des Landes mit Marschflugkörpern, | |
Bombern und Kampfdrohnen. Nach Angaben einer Menschenrechtsgruppe wurden | |
mindestens 120 Extremisten getötet. Aber auch Zivilisten seien ums Leben | |
gekommen. | |
Offiziellen US-Angaben zufolge ist es Ziel der Militäroperation, dem IS | |
sein sicheres Rückzugsgebiet in Syrien zu nehmen und letztendlich die | |
Organisation selbst zu zerstören. Im Einzelnen griffen die USA und ihre | |
Verbündeten Ziele in der Stadt Rakka an, einer Hochburg des IS. Allerdings | |
hat die Nachrichtenagentur Reuters schon vergangene Woche berichtete, dass | |
der IS seine schweren Waffen und die Familien der Kämpfer aus der Stadt | |
gebracht habe. | |
Zu den laut USA bombardierten Städten gehört auch Abu Kamal im Osten des | |
Landes unweit der Grenze zum Irak, vermutlich um die Versorgungslinien | |
zwischen beiden Ländern zu unterbrechen. Gleichzeitig nutzten die USA die | |
Gunst der Stunde, acht Angriffe gegen die mit al-Qaida verbundene | |
Chorasan-Gruppe westlich von Aleppo im Norden des Landes zu fliegen. | |
Insgesamt waren die nächtlichen Angriffe auf Syrien umfassender als jene | |
zuvor auf den IS im Irak. Dabei waren zumeist Konvois der Milizionäre oder | |
den Schutz strategischer Einrichtungen attackiert worden. | |
Ebenfalls im Gegensatz zum Fall Irak hat Syrien die USA nicht um | |
militärische Hilfe gebeten. Syrischen Angaben zufolge wurde Präsident | |
Baschar al-Assad wenige Stunden vor Beginn der Angriffe lediglich | |
informiert. Am Dienstag teilte das Außenministerium in Damaskus mit, Syrien | |
unterstütze „jede internationale Bemühung, die zum Kampf gegen Terroristen | |
beiträgt“, seien es der Islamische Staat, die Al-Nusra-Front oder andere. | |
Außenamtschef Walid Muallim habe am Montag über den Irak eine Botschaft von | |
US-Außenminister John Kerry erhalten. | |
## Nicht um Erlaubnis gefragt | |
Das syrische Ministerium beharrte darauf, dass die Souveränität des Landes | |
gewahrt und internationales Recht eingehalten werden müssten. Eine | |
Sprecherin des US-Außenministeriums betonte später, Damaskus sei „nicht um | |
Erlaubnis gefragt“ worden. | |
Eine Zusammenarbeit mit Assad hat Obama stets ausgeschlossen, doch eine | |
Schwächung des IS könnte Assad entgegenkommen, seit es auch Kämpfe zwischen | |
der syrischen Armee und den Dschihadisten gibt. | |
Einen diplomatischen Erfolg konnte US-Präsident Obama in seinem Bemühen | |
erzielen, arabische Staaten in den Kampf gegen IS einzubinden. Nach Angaben | |
des US-Militärs beteiligten sich Saudi-Arabien, Jordanien, die Vereinigten | |
Arabischen Emirate und Bahrain an den Angriffen auf Syrien. Ihre genaue | |
militärische Rolle wurde jedoch nicht bekannt. Der Golfstaat Katar | |
unterstütze die Aktion, wie es weiter hieß. Lediglich Jordanien bestätigte | |
bis Dienstagnachmittag seine Beteiligung an den Angriffen. | |
## Ankara ist nicht dabei | |
Mit dieser Minikoalition ist es Obama gelungen, mehrere sunnitisch | |
dominierte Staaten im Kampf gegen den gleichfalls sunnitischen IS mit ins | |
Boot zu holen. Zwar haben auch diese Staaten untereinander Konflikte. Das | |
gilt vor allem für Saudi-Arabien und Katar. Doch im günstigsten Fall könnte | |
daraus der arabische Kern für eine politische Initiative entstehen, um | |
zunächst einmal für den Irak eine andere als ausschließlich militärische | |
„Lösung“ zu finden. Allerdings müsste dafür Iran mit einbezogen werden. | |
Wenig überraschend beteiligte sich die Türkei nicht an dem Angriff gegen | |
Syrien. Auch gab Ankara entgegen den Erwartungen seiner Nato-Partner keine | |
Zustimmung dafür, dass die Luftangriffe vom Stützpunkt Incirlik gestartet | |
werden können. Dort ist ein großes Kontingent der US-Airforce stationiert. | |
Der türkische Präsident Recep Erdogan, der sich zur UN-Vollversammlung in | |
New York aufhält, sagte dazu, seine Regierung werde die bisherige Politik | |
überdenken, wenn er wieder in Ankara sei. | |
Unterdessen berichtete die türkische Zeitung Hürriyet über Zugeständnisse | |
der Regierung für die Freilassung von 49 Geiseln, die drei Monate lang in | |
Händen des IS waren. Demnach habe es sich um einen Gefangenenaustausch | |
gehandelt. Für die 49 Geiseln habe die mit der Türkei verbündete syrische | |
Oppositionsgruppe Liwa al-Tauhid 50 IS-Gefangene übergeben, darunter die | |
Familie des in Aleppo getöteten IS-Kommandanten Bakr. | |
23 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Beate Seel | |
Jürgen Gottschlich | |
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