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# taz.de -- Kampf gegen IS: Heikler Einsatz der „Falken“
> Die arabischen Staaten bekämpfen mit dem IS die Geister, die sie riefen.
> Sie könnten islamistische Kräfte im eigenen Land gegen sich aufbringen.
Bild: Saudi-arabische Piloten nach einem Einsatz in der Anti-IS-Koalition
BERLIN taz | In ihren grün-grauen Uniformen lachen die jungen Männer in die
Kamera, die Arme kumpelhaft um die Schultern der Kameraden gelegt. Hinter
ihnen ragt die Spitze eines Kampfjets hervor. Die saudische
Nachrichtenagentur hat [1][das Foto der Piloten] verbreitet, die
Luftschläge gegen den „Islamischen Staat“ (IS) fliegen. Es ist das erste
Mal seit über zwei Jahrzehnten, dass sich Saudi-Arabien und andere
Golfstaaten an einem von den USA geführten Krieg beteiligen.
Die Charme-Offensive der saudischen Luftwaffe, die sogar einen Sprössling
der Königsfamilie im Kampfjet nach Syrien schickte, gilt der eigenen
Bevölkerung. Auch die staatsnahe Presse ist sichtlich bemüht, das Volk
hinter dem Einsatz zu vereinen: „Die Vernichtung des terroristischen
Krebsgeschwürs erfordert Konfrontation“, [2][schreibt die Zeitung
Al-Riadh].
Und die saudische Tageszeitung Al-Dschasira [3][lobt den Einsatz mit
gewohnt patriotischem Pathos:] „Die Falken des Vaterlandes haben die Nester
des IS-Terrorismus getroffen. Die saudischen Falken kreisen hoch am Himmel,
voller Kraft, Stolz und Unterstützung des Volkes.“
Für die Herrscher am Golf ist es kein Leichtes, ihrer Bevölkerung den
Militäreinsatz schmackhaft zu machen, der sich gegen Sunniten in Nahost
richtet. Das gilt für das stramm sunnitische Saudi-Arabien wie für die
anderen arabischen Staaten im Anti-IS-Bündnis – Jordanien, Bahrain, Katar
und die Emirate.
Vor allem laufen die Regime Gefahr, die islamistischen Kräfte im eigenen
Land gegen sich aufzubringen. Teile der islamischen Bewegung in den
Golfstaaten lehnen die Herrschaft der Monarchen ab; auch legt eine
[4][Onlineumfrage] nahe, dass Sympathie für den IS etwa in Saudi-Arabien
durchaus verbreitet ist.
## Terroristisches Gedankengut
Kaum ein Tag vergeht daher, an dem die Presse nicht vor der Gefahr des
Extremismus warnt. Die Luftschläge gegen den IS seien richtig, schreibt die
erwähnte Al-Riadh. Doch auch das „terroristische Gedankengut“ innerhalb des
Landes dürfe nicht unterschätzt werden. Selbst Großmufti Abdulaziz Al
al-Scheich warnte junge Saudis davor, in den Dschihad zu ziehen.
So entschlossen sich die saudische Führung im Kampf gegen den Terror gibt,
verfolgt sie doch eine janusköpfige Außenpolitik. Seit Jahrzehnten
exportiert Saudi-Arabien, das sich als Führer der sunnitisch-arabischen
Welt sieht, seine Ideologie, einen die Saud-Herrschaft stützenden
Salafismus. Maßgeblich fördert das Land einen Diskurs, dessen Grenzen zur
Radikalität fließend sind. Mit den Angriffen auf den radikalsunnitischen IS
bekämpfen die Saudis die Geister, die sie seit Langem gerufen haben.
Dass sich auch Katar am Krieg beteiligt, zeigt einmal mehr den
außenpolitischen Ehrgeiz des kleinen Emirats. Vor allem aber scheint die
Führung in Doha bemüht, in der Causa IS geschlossen mit den restlichen
Golfstaaten aufzutreten und die Wunden der Vergangenheit zu heilen. Der
Arabische Frühling hatte einen Keil zwischen das Land und seine Nachbarn
getrieben. Besonders in der Ägyptenpolitik gingen die Interessen
auseinander.
## Der Emir dementiert
Aber auch im Westen muss Katar sein Image polieren. Das Land steht im
Verdacht, Islamisten – auch den IS – finanziert zu haben, was der Emir von
Katar allerdings empört von sich weist. Die Beteiligung an den Luftschlägen
dürfte den ohnehin starken Wirtschaftsbeziehungen des Landes, unter anderem
mit Deutschland, nun wieder Schwung verleihen. Nach dem Berlin-Besuch des
Emirs Mitte September betonte Angela Merkel bereits, sie habe „keinen
Grund, den Aussagen des Emirs nicht zu glauben“.
Fragt sich, wie verlässlich die Unterstützung der Golfstaaten im Kampf
gegen IS ist. Werden sie gemeinsam mit den USA, dem Irak und der Türkei
langfristig an einem Strang ziehen, sollte sich die Operation über Jahre
hinziehen?
Der diplomatische Erfolg der USA, fünf arabische Staaten für den Einsatz
gewonnen zu haben, verdankt sich nicht zuletzt der Tatsache, dass der IS
als einziger Akteur in der Region keinen staatlichen Schutzpatron hinter
sich hat. Wird es aber darum gehen, wer in den befreiten Gebieten nach dem
IS die Kontrolle übernimmt – Assad, säkulare Rebellen, moderatere
Islamisten –, könnten alte Rivalitäten schnell wieder zutage treten.
Darüber allerdings scheint derzeit ohnehin noch niemand nachzudenken.
1 Oct 2014
## LINKS
[1] http://twitter.com/spagov/status/514522728326389760
[2] http://www.alriyadh.com/979935
[3] http://www.al-jazirah.com/2014/20140928/ar5.htm
[4] http://alhayat.com/Articles/3702896/-ا&%23x644;&%23x633;&%23x643;&%23…
## AUTOREN
Jannis Hagmann
## TAGS
Schwerpunkt Syrien
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