# taz.de -- Krieg gegen den Islamischen Staat: Kerry sammelt Verbündete | |
> Im Kampf gegen die Fanatiker des Islamischen Staates suchen die USA | |
> sunnitische Partner. Doch diese trauen Washington nicht. | |
Bild: US-Außenminister John Kerry im Gespräch mit dem saudischen König Abdal… | |
ISTANBUL taz | Nun also doch: US- Präsident Barack Obama zieht in den | |
Krieg. In einer Rede an die Nation hatte er am Mittwochabend dem | |
Islamischen Staat (IS) den Kampf angesagt und von einem Anti-Terror-Einsatz | |
gesprochen. Doch zwei Tage später nannten die Sprecher des Weissen Hauses | |
und des Pentagon das Kind beim Namen. Amerika befinde sich im Krieg mit dem | |
IS, sowie mit al-Qaida und deren Ablegern weltweit, sagte Obamas | |
Pressesekretär Josh Earnest. | |
Was als Wortklauberei erscheint, zeigt wie schwer sich die Obama-Regierung | |
mit dem Kampf gegen die Extremisten tut. Das gilt nicht zuletzt bei der | |
Suche nach Verbündeten. Vierzig Staaten haben sich laut Kerry, der in den | |
vergangenen Tagen die Region besuchte, der Anti-IS-Koalition angeschlossen. | |
Vor allem geht es für Washington darum, den Eindruck zu vermeiden, der | |
Krieg richte sich gegen die Sunniten in Syrien oder im Irak. Aus der | |
Türkei, dem Nato-Partner, der für sich in Anspruch nimmt, eine regionale – | |
sunnitische – Führungsmacht zu sein, ist Kerry erst einmal mit leeren | |
Händen abgereist. Ausser humanitärer Hilfe und dem Austausch von | |
Geheimdienstinformationen machte Ankara keine Zusagen. | |
## Arabische Staaten wollen gegen Dschihadisten vorgehen | |
Mehr Erfolg hatte Kerry in Saudi-Arabien, wo neben den sechs Mitgliedern | |
des Golfkooperationsrats Jordanien, Ägypten, der Irak und Libanon das | |
Dschiddah-Communique unterzeichneten. Grundsätzlich erklären sich die | |
Teilnehmer bereit, sich gegebenenfalls an einem Feldzug gegen den IS zu | |
beteiligen. Sie verpflichten sich, den Zustrom von Dschihadisten und deren | |
Hass-Progpaganda zu unterbinden sowie gegen ihre Finanzierungsnetzwerke | |
vorzugehen und humanitäre Hilfe zu leisten. | |
Konkrete militärische Zusagen machen sie aber nicht. Darüber hinaus will | |
Saudi-Arabien den USA Basen zur Verfügung stellen, um rund 10.000 | |
sogenannte moderate syrische Rebellen auszubilden. Bis in einem Jahr sollen | |
die ersten 5.000 einsatzfähig sein. | |
## Auch Rebellen in Syrien und die Golfstaaten sind misstrauisch | |
Ein Jahr ist eine lange Zeit in einem Krieg. Die Rebellen in Syrien, die | |
sich von den USA im Stich gelassen fühlen, dürfte das kaum von Obamas Plan | |
überzeugen. Etliche Fraktionen haben bereits klar gemacht, dass sie auf | |
keinen Fall den Kampf gegen Präsident Baschar al-Assad aufgeben, um gegen | |
den IS in die Schlacht zu ziehen. Misstrauen herrscht auch am Golf, wo die | |
Regierungen Obamas zögerliche Haltung im Syrien-Konflikt für den Aufstieg | |
des IS mitverantwortlich machen. Die Herrscher haben nicht vergessen, dass | |
Obama nach Assads Giftgasangriffen im vergangenen Jahr in letzter Minute | |
Luftangriffe abgesagt hatte. | |
Mit seiner Brutalität und finsteren Ideologie hat der IS jedoch erreicht, | |
was schier unmöglich schien: Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen | |
Emirate und Ägypten haben ihren Konflikt mit Katar wegen dessen | |
Unterstützung für die Muslimbrüder erst einmal auf Eis gelegt. Unter dem | |
Druck der Nachbarn rängte die Regierung Katars mehrere führende Mitglieder | |
der ägyptischen Muslimbrüder, das land zu verlassen. | |
## Taktisches Bündnis mit dem Iran | |
Die saudische Regierung ist auch bereit, mit dem Irak ein neues Kapitel | |
aufzuschlagen. Dafür muss der neue Regierungschef Haider al-Abadi | |
allerdings erst noch beweisen, dass die Schiiten tatsächlich | |
kompromißbereit gegenüber den Sunniten sind. | |
Obama hat den Irak zum zentralen Angelpunkt seiner Syrien-Strategie | |
gemacht. Das ist freilich die Archillesverse. Denn im Irak sind die USA im | |
Kampf gegen den IS faktisch ein taktisches Bündnis mit dem saudischen | |
Erzrivalen Iran eingegangen. Die USA bombardieren, von Teheran ausgebildete | |
schiitische Milizionäre stellen neben den Kurden die Bodentruppen, | |
teilweise koordiniert von iranischen Militärberatern. | |
## Irak-Konferenz in Paris am Montag | |
Vor allem Saudi-Arabien fürchtet, dass der US-Militäreinsatz die Hand | |
Teherans in Bagdad – und darüber hinaus in Damaskus – weiter stärkt. Der | |
Krieg in Syrien hat das seit dem Sturz des Saddam-Regimes vor elf Jahren | |
schwelenden Feuer zwischen Sunniten und Schiiten voll entfacht. Und obwohl | |
sich USA, Saudi-Arabien und der Iran im Kampf gegen den IS auf den ersten | |
Blick im gleichen Boot befinden, werden sie es nicht löschen. | |
Kerry schloss zudem eine Teilnahme der Iraner an der Irak-Konferenz in | |
Paris am Montag aus. Angesichts der derzeitigen Lage und vielen offenen | |
Fragen wäre dies nicht angemessen, sagte er in Ankara, von wo er am Samstag | |
nach Ägypten weiter reiste. | |
14 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Inga Rogg | |
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