# taz.de -- Wowereit-Nachfolge in Berlin: Stöß lässt sich Berlin was kosten | |
> Für den Fall, dass er Regierender Bürgermeister wird: Der Berliner | |
> SPD-Chef stellt sein 100-Tage-Programm vor – mit reichlich Versprechen. | |
Bild: Ambitioniert sei sein Programm, das gibt Stöß gern zu | |
BERLIN taz | Sie haben es nicht leicht, die drei SPD-Kandidaten als | |
Wowereits Nachfolger: Untereinander dürfen sich Jan Stöß, Raed Saleh und | |
Michael Müller nicht wirklich fetzen, denn sie sind ja in derselben Partei. | |
Die Landespolitik dürfen sie auch nicht ernsthaft kritisieren: Schließlich | |
sind sie als SPD-Landeschef, Fraktionsvorsitzender und | |
Stadtentwicklungssenator fester Bestandteil davon. Zu Beginn der zweiten | |
Wahlkampfwoche versucht Stöß dennoch, mit Inhalten zu punkten: Er stellt | |
als Erster Pläne für seine ersten 100 Tage als Regierender Bürgermeister | |
vor – die er übrigens mit CDU-Chef und Innensenator Frank Henkel | |
abgesprochen habe. | |
Leise rauscht die Lüftung, als Stöß am Montag den hellen | |
Franz-Künstler-Saal in der Landesparteizentrale betritt. Es ist Punkt 10 | |
Uhr, das hier ist das einstige Büro Willy Brandts, wie Stöß nicht vergisst | |
zu erwähnen. Dann erklärt der 41-Jährige, wen er vom Roten Rathaus aus | |
umgarnen will. Die Bezirke etwa, die der Senat „schlecht behandelt“ habe. | |
Dafür soll es Geld geben, mehr Stellen in der Verwaltung und einen | |
Stilwechsel: Die zwölf Bezirksbürgermeister dürften sich künftig als „ech… | |
Partner“ fühlen. Stöß bringt es zudem fertig zu versichern, dass dies keine | |
Kritik am amtierenden rot-schwarzen Senat sei. | |
Ähnlich sieht es im Verhältnis zu Brandenburg aus: Die beiden Länder seien | |
sich zuletzt „eher fremder“ geworden. Mit ihm würde das wieder anders, auch | |
die Schwierigkeiten beim BER ließen sich geeint besser angehen, ein | |
Infrastrukturstaatssekretär in der Senatskanzlei soll dabei helfen. Was | |
nicht heißt, dass Stöß dem Drängen des Nachbarlandes auf ein verlängertes | |
Nachtflugverbot nachgeben werde, wie er auf Nachfrage sagt. | |
## Verwaltung soll wachsen | |
Die Verwaltung des Landes Berlin soll wieder wachsen, um den | |
Herausforderungen der wachsenden Stadt (sozial) gerecht werden zu können. | |
Die dafür nötigen Investitionen will Stöß einem Wachstumsfonds entnehmen, | |
der sich aus der Hälfte der Mehreinnahmen durch die steigende Einwohnerzahl | |
ergibt. Pro Legislaturperiode will Stöß so eine Milliarde Euro einsetzen. | |
Diesen Vorschlag hatte er schon vor einigen Monaten als sozialdemokratische | |
Zukunftsvision präsentiert, und es ergibt Sinn, ihn noch einmal zu betonen: | |
Schließlich ist es die 17.000 Menschen starke Parteibasis, die über die | |
Nachfolge Wowereits entscheidet. Die erste Runde endet am 17. Oktober, eine | |
eventuelle Stichwahl entscheidet sich bis zum 6. November. | |
Bisher hat sich Finanzsenator Ulrich Nußbaum solchen Finanzplänen | |
widersetzt. Als Regierungschef allerdings hätte Stöß Richtlinienkompetenz, | |
wie er betont, und die würde er nutzen. Auch wenn Stöß nichts über sein | |
Schattenkabinett verraten will: Es ist wenig wahrscheinlich, dass der von | |
der SPD aufgestellte, aber parteilose Nußbaum dort Schatten werfen würde. | |
Ähnlich könnte es dem Stadtentwicklungssenator ergehen. Mit Müllers Arbeit | |
nämlich ist Stöß nicht glücklich: „Unzureichend“ sei die | |
Wohnungsbauförderung in den letzten drei Jahren gewesen. Statt bisher 1.000 | |
Wohnungseinheiten jährlich sollen es künftig 5.000 sein. Eine andere durch | |
Wowereits Abgang vakante Stelle würde Stöß selbst übernehmen: Wie bisher | |
wäre der Regierungschef zugleich Kultursenator. | |
Ambitioniert sei sein Programm, das gibt Stöß gern zu. Nun wartet er auf | |
die Konter, und man darf gespannt sein: Reichen solche teils altbekannten | |
Vorschläge aus, um Stöß, der auch wegen seiner Größe oft ein wenig | |
abgehoben wirkt, aus der Kandidatentruppe herauszuheben? | |
29 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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