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# taz.de -- Rücktritt des Finanzsenators: Nußbaum schreibt sich ab
> Die Stimmzettel zur Berliner Bürgermeisterwahl sind noch nicht
> ausgezählt, da verkündet Finanzsenator Nußbaum seinen Rücktritt.
Bild: Berlins parteiloser Finanzsenator Nußbaum tritt ab.
Der Finanzsenator will nicht mehr: Ulrich Nußbaum (parteilos) hat am
Freitag seinen Rückzug aus dem Senat angekündigt. „Man wird nicht jünger in
diesem Amt und deswegen ist es jetzt auch gut für mich, da einen
Schlussstrich zu ziehen“, sagte der 57-Jährige am Freitag. Er sei jetzt
„insgesamt knapp zehn Jahre Finanzsenator“, davon vier Jahre in Bremen und
sechs Jahre in Berlin, „und wenn Sie sich die Bilder anschauen, dann sehen
Sie auch, dass ich in der Zeit mehr Falten bekommen habe und älter geworden
bin“. Nußbaum sagte auch, dass die Entscheidung seit längerem in ihm
gereift sei: „Ich glaube, dass jetzt auch der richtige Zeitpunkt ist“.
Die SPD zählt an diesem Samstag die Briefwahl aus, mit der die
Parteimitglieder über den künftigen Regierenden Bürgermeister entscheiden.
Durch die Verkündung des Rücktritts einen Tag vorher werde deutlich, dass
es eine „persönliche Entscheidung ist, also unabhängig von dem Ergebnis des
SPD-Mitgliedervotums“, sagte Nußbaum. Gleichzeitig wollte er seine
Entscheidung nicht bereits vorher bekanntgeben, „weil ich das parteiinterne
Auswahlverfahren in der SPD nicht durch eine Diskussion über meine Person
beeinflussen wollte“. Er wählte daher einen Zeitpunkt, zu dem die meisten
Briefwahlstimmen schon in der Post sind.
Die Jahre als Finanzsenator waren, so Nußbaum, „sechs Jahre, die sich hier
in Berlin gelohnt haben, die inhaltlich gut waren und wo ich sehr viele
gute persönliche Kontakte knüpfen konnte und tolle Erlebnisse in der Stadt
gehabt habe“. Er wies besonders darauf hin, „dass wir den Landeshaushalt
saniert haben“. Berlin werde in diesem Jahr zum dritten Mal in Folge einen
Haushaltsüberschuss machen. Nußbaum: „Das war nicht so, als ich kam.“
Nußbaums Vorgänger Thilo Sarrazin (SPD) hatte sich zwar in der
Öffentlichkeit als harter Sparer dargestellt, ihm war aber nur im Jahr 2008
ein nennenswerter Überschuss gelungen.
„Die Einnahmen sind gestärkt worden, ich erinnere nur an die Citytax und
die Grunderwerbssteuer.“ Die im Januar 2014 eingeführte Übernachtungssteuer
für Touristen brachte im ersten Halbjahr neun Millionen Euro ein. Die
gleichzeitige Erhöhung der Grunderwerbssteuer für Hauskäufer wird
schätzungsweise Mehreinahmen von jährlich 100 Millionen Euro einspielen.
Der scheidende Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) erklärte, er
habe Nußbaums Rückzug „mit Respekt zur Kenntnis genommen und bedanke mich
für die vertrauensvolle Zusammenarbeit“. Der Finanzsenator habe „viel für
die Stadt geleistet und wesentliche Impulse gegeben“. Insbesondere habe
Nußbaum dafür gestanden, „dass der Konsolidierungskurs in der Berliner
Finanzpolitik erfolgreich fortgeführt wird“.
Der Innensenator und CDU-Landesvorsitzende Frank Henkel erklärte, er habe
mit Nußbaum „persönlich gut zusammengearbeitet“, trotz „gelegentlich
unterschiedlichen Auffassungen, etwa beim Personal oder bei der
Beamtenbesoldung“. Es sei „nicht gut, dass der Koalitionspartner seine
beiden wesentlichen Leistungsträger verliert“. Es bereite ihm zudem Sorge,
dass sich mit dieser Entscheidung die Personalprobleme in der SPD noch
einmal verschärft hätten, erklärte Henkel. Die SPD lasse sich viel Zeit, um
das Führungsvakuum zu füllen. „Es wird Zeit, dass es wieder einen klaren
Ansprechpartner gibt.“ Wowereits Nachfolger soll Anfang Dezember ins Rote
Rathaus einziehen.
Der Linken-Fraktionsvorsitzende Udo Wolf teilte mit, Nußbaum habe es
zuletzt vermutlich an Rückhalt gefehlt. Nun „wird unübersehbar, dass diese
Koalition inhaltlich und personell am Ende ist“. Sie werde sich „politisch
nicht mehr erholen“, deshalb wären „Neuwahlen der einzig anständige Weg�…
Der Präsident der Industrie- und Handelskammer Berlin, Eric Schweitzer,
bedauerte Nußbaums Schritt: „Mit dem angekündigten Rückzug von Ulrich
Nussbaum verliert Berlin nicht nur seinen nach Umfragen beliebtesten
Politiker, sondern auch einen profilierten Finanzexperten.“ Inzwischen sei
in der Finanzpolitik ein Mentalitätswechsel vollzogen: „Die Stadt lebt
nicht mehr über ihre Verhältnisse, sondern lernt verantwortungsvolles
Wirtschaften.“
Nußbaum will übrigens nicht nach Bremen zurück, sondern in Berlin bleiben.
„Ich habe in den sechs Jahren diese Stadt lieben gelernt, das ist keine
Floskel. Ich finde, Berlin ist spannend, the place to be.“
17 Oct 2014
## AUTOREN
Sebastian Heiser
## TAGS
Ulrich Nußbaum
Berlin
Senat
Ulrich Nußbaum
Michael Müller
Senat
Kanzlerkandidatur
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