# taz.de -- Kommentar Berliner Bürgermeister: Spagat ohne Glamour | |
> Mit Michael Müller beginnt in Berlin eine neue politische Ära. Fragt sich | |
> nur, wie lange sie dauert. Der neue Bürgermeister steht vor schwierigen | |
> Aufgaben. | |
Bild: Ein ernster Blick, nach vorn gerichtet: Michael Müller scheint schon auf… | |
Michael Müller, der bundespolitisch bisher kaum bekannt ist, muss als | |
Nachfolger Klaus Wowereits einen fast unmöglichen Spagat wagen: Er muss | |
zeigen, dass mit ihm nicht alles anders wird. Dafür haben ihn die Berliner | |
SPD-Mitglieder mit einem überragenden Ergebnis gewählt. | |
Und gleichzeitig muss er beweisen, dass er vieles anders, sprich besser | |
machen kann als sein Vorgänger. Der Wohnungsmarkt in Berlin ist schwierig, | |
viele Menschen fürchten die Verdrängung aus ihren Vierteln. Dieses Thema | |
hat auch höchste Priorität unter SPD-Mitgliedern – das hat der Wahlkampf um | |
die Wowereit-Nachfolge überdeutlich gemacht. | |
Doch der Bau von Wohnungen dauert seine Zeit, das weiß | |
Stadtentwicklungssenator Müller aus eigener Erfahrung. Das dafür vom Senat | |
aufgelegte Programm wird – wenn es endlich in Schwung kommt – frühestens in | |
einigen Jahren für eine Entlastung auf dem Mietmarkt sorgen. Andere | |
Probleme sind noch schwieriger zu lösen. Wann der Pannenflughafen BER | |
fertigzustellen ist, weiß niemand. Sicher ist aber: vor 2016 wird es damit | |
nichts. Und 2016 ist Abgeordnetenhauswahl in Berlin. Dann entscheidet sich, | |
ob Müller Erfolg hatte. Oder ob seine Ära durch eine Niederlage dann schon | |
wieder vorbei ist. | |
Müller muss aufholen. Die SPD liegt in Umfragen derzeit deutlich hinter dem | |
Koalitionspartner CDU, ohne dass es dafür einen inhaltlichen Grund gäbe. | |
Die Union profiliert sich nicht mit konkreten Vorschlägen, vielmehr | |
profitiert sie vom Imageabsturz Wowereits. Wie kann Müller, der vom | |
Glamourfaktor her das genaue Gegenteil seines Vorgängers ist, das | |
ausbügeln? Anders gefragt: Wie schnell wird Berlin Wowereit vergessen? | |
## Unsicherer Parteifriede | |
Nicht zuletzt: Kann Müller zumindest für die nächsten zwei Jahre die Partei | |
ruhig halten? Vor gut zwei Jahren wurde er, damals Landes-SPD-Chef, | |
entmachtet – von Jan Stöß und Raed Saleh. Nun kam im Mitgliederentscheid | |
eine Retourkutsche. Die Mehrheit der Parteimitglieder beordert Stöß und | |
Saleh zurück ins zweite Glied. Zwar betonten beide nach der Verkündung des | |
Ergebnisses am Samstag die Geschlossenheit der Partei. Doch der Konflikt | |
zwischen dem eigentlich dominierenden linken Flügel und Müller ist damit | |
natürlich nicht gelöst. | |
Immerhin hat sich am Freitag ein anderes Personalproblem im neuen Senat | |
erledigt: Der parteilose, aber von der SPD aufgestellte Finanzsenator | |
[1][Ulrich Nußbaum hat angekündigt], genau wie Wowereit am 11. Dezember | |
zurückzutreten. Müller und Nußbaum hielten wenig voneinander. Mit seinem | |
Abgang kann der künftige Regierende die zentrale Position im Kabinett neu | |
besetzen. | |
Und vielleicht finanzpolitische Akzente setzen, mit denen er sich von | |
seinem Vorgänger absetzen kann: Weg vom rigiden Sparkurs, hin zu mehr | |
Investitionen. Zumindest für die ausgedünnte Verwaltung der Stadt hat | |
Müller einen Schritt in diese Richtung schon angedeutet. | |
18 Oct 2014 | |
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## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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