| # taz.de -- Berlins neuer Bürgermeister: Glamour kommt mit dem Amt | |
| > Michael Müller ist langweilig, aber solide. Das muss nicht so bleiben. | |
| > Viele unscheinbare Politiker mausern sich später zu politischen | |
| > Medienstars. | |
| Bild: Dieses Grinsen zeigt ganz klar: Der hat es faustdick hinter den Ohren. | |
| BERLIN taz | Der Neue gilt als „solide“, das ist noch das auffälligste, was | |
| der Spiegel über ihn schreiben kann. Er habe eine klassische West-Berliner | |
| Politkarriere durchlaufen - Juso-Mitgliedschaft, | |
| Bezirksverordnetenversammlung und stellvertretenden Kreisvorsitz inklusive. | |
| Aber Glamour? Fehlanzeige! „Er ist kein Mann mit großen Visionen“, schreibt | |
| das Politmagazin über den nächsten Regierenden Bürgermeister von Berlin. | |
| Vor allem aber: „Er ist kein Medienstar“. | |
| Das war im April 2001. Und es ging um den weitgehend unbekannten | |
| Nachwuchspolitiker Klaus Wowereit. Zwei Monate später erlangte er zwar | |
| bundesweite Bekanntheit. Weil er seinen Amtsvorgänger Eberhard Diepgen von | |
| der CDU gestürzt hatte. Und weil sein Satz „Ich bin schwul und das ist auch | |
| gut so“ für Aufsehen sorgte. Der Strahlemann des kommenden Wahlkampfs war | |
| Wowereit dennoch nicht. | |
| Der kam von der PDS und hieß Gregor Gysi. Dessen Kandidatur lasse „Klaus | |
| Wowereit ganz schön blass aussehen“, schrieb die taz. Und im | |
| Spiegel-Interview musste sich Wowereit die Frage gefallen lassen, ob er | |
| nicht fürchte „im Wahlkampf zwischen Eberhard Diepgen und Gregor Gysi | |
| zerrieben zu werden“. | |
| Der Blick in die Pressearchive zeigt: Klaus Wowereit hatte vor 13 Jahren | |
| kaum mehr Sexappeal als heute sein designierter Nachfolger Michael Müller. | |
| Wowereits Aufstieg zum zeitweisen Popstar der Politik folgte erst nach | |
| seinem Amtsantritt. Ein Phänomen, das gar nicht so selten ist. Angela | |
| Merkel, einst „das Mädchen“ mit der unmöglichen Frisur, mauserte sich erst | |
| als Kanzlerin zur anerkannten Machtpolitikerin. | |
| ## Graue Mäuse und Strahlemänner | |
| Und ihr Amtsvorvorgänger Helmut Kohl kämpfte mit seinem Image als Pfälzer | |
| Landei, bevor er zu einem der wichtigsten deutschen Politiker wurde. Die | |
| beiden grauen Mäuse mussten sogar zunächst den parteiinternen Konkurrenten | |
| Franz-Josef Strauß beziehungsweise Edmund Stoiber den Vortritt lassen, die | |
| als strahlender eingeschätzt wurden, aber letztlich erfolglos blieben, | |
| bevor sie selber zum Zug kamen. | |
| Zuviel Besonderheit, das zeigt auch jetzt wieder die SPD-Abstimmung in | |
| Berlin, kommt beim Wähler ohnehin nicht an. Raed Saleh war als Aufsteiger | |
| mit Migrationshintergrund zwar Liebling der überregionalen Medien, weil er | |
| die faszinierendste Story lieferte. Seinen Wahlkampfslogan „Ich bin bereit! | |
| Und du?“ beantwortete die Parteibasis jedoch sehr deutlich: Nein, ist sie | |
| nicht. | |
| Sie votierte mit großer Mehrheit für Michael Müller. Denn der gilt als | |
| solide, so wie Klaus Wowereit vor 13 Jahren. Ob Müller sich nun in die | |
| lange Reihe der überregional unbedeutenden Durchschnittstypen einreiht, die | |
| derzeit die meisten Bundesländer regieren, oder ob er das Amt mit einer | |
| ganz eigenen Art von Glamour füllen kann, wird man abschließend erst in ein | |
| paar Jahren beurteilen können. | |
| 19 Oct 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Gereon Asmuth | |
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