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# taz.de -- Treffen von EU-Ministern: Strategien gegen Online-Dschihad
> Politik und Netzkonzerne wollen gemeinsam gegen den IS vorgehen. Die
> Minister planen noch weitere Maßnahmen, die die Grundrechte bedrohen.
Bild: Kämpfe nahe einer Moschee im Libanon, August 2014.
BERLIN taz | Wie kann die Rekrutierung neuer Kämpfer durch den Islamischen
Staat (IS) in Europa unterbunden werden? Das war die Fragestellung eines
Treffens derr Innenminister der EU-Mitgliedsstaaten mit Vertretern der
Kommission und der Internetkonzerne Twitter, Google, Microsoft und
Facebook.
Ziel des informellen Abendessens am Vorabend des EU-Justiz- und
Innenministertreffens in Luxemburg war es, „Instrumente und Techniken“ zu
entwickeln, um terroristischen Onlineaktivitäten entgegenzutreten, wie es
in der Einladung hieß. Vorstellbar ist hierbei etwa die Entwicklung und
striktere Anwendung von Filtern, um derartige Inhalte präventiv zu löschen,
noch ehe sie von anderen Nutzern gemeldet werden.
Im August hatte das Video, das die Enthauptung des US-Journalisten James
Foley zeigt, für [1][großes Aufsehen gesorgt]. Neben der Verbreitung in
einigen Medien, waren die Bilder vor allem über die Onlinenetzwerke
zugänglich. Für die Dschihadisten, die um eine Vorherrschaft in Syrien und
Irak kämpfen und dafür intensiv um Kämpfer aus Europa werben, war dies ein
großer Propagandaerfolg.
Ein ähnliches [2][Video von der Enthauptung des Reporters Steven Sotloff]
einige Wochen später, konnte in seiner Verbreitung dagegen stark
eingeschränkt werden. So hatte etwa Twitter-Chef Dirk Costolo nach dem Fall
Foley reagiert und [3][geschrieben]: „Wir haben bereits aktiv Nutzerkonten
gesperrt und werden dies weiter tun, wenn die Nutzer uns im Zusammenhang
mit diesen drastischen Aufnahmen auffallen.“
Von der Löschung betroffen waren auch die Twitter-Accounts, die jede
Provinz des ausgerufenen „IS-Kalifats“ eingerichtet hatte. Dort
verbreiteten die Dschihadisten ihre Erklärungen, aber auch Aufnahmen ihrer
Gräueltaten. Nach der Sperrung wich der IS unter anderem auf das russische
Facebook-Pendant VK aus. Dessen Vertreter waren bei dem Treffen in
Luxemburg ebensowenig anwesend wie jene der Webseite ask.fm, die nach
Angaben der [4][BBC], „exzessiv als Rekrutierungstool für
radikal-islamistische Gruppen genutzt“ werde.
## Entwicklung von Gegenstrategien
Das Treffen, bei dem sich der deutsche Innenminister Thomas de Maizière von
seinem Staatssekretär Jürgen Krings vertreten ließ, kam auf Initiative von
Großbritannien zustande. Offiziell eingeladen hatten die scheidende
EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström und der aktuelle Vorsitzende des Rats
für Justiz und Inneres, Angelino Alfano, aus Italien.
Besprochen werden sollten auch Möglichkeiten, die Propaganda inhaltlich
anzugreifen, mit Hilfe so genannter „counter-narratives“. Ein Vorbild
hierfür ist eine Arbeitsgruppe des US-Außenministeriums, die unter dem
Motto „Think again, turn away“ seit einiger Zeit daran arbeitet, auf
Twitter und Youtube der Propaganda der Terroristen eine eigene Erzählung
entgegenzusetzen. In einem aktuellen [5][Video zum IS] wird auf ebenso
sarkastische wie drastische Art und Weise dargelegt, was der Gang ins
IS-Gebiet bedeute: die Sprengung von Moscheen, die Kreuzigung und Exekution
von Moslems oder das Plündern öffentlicher Ressourcen.
Nach EU-Angaben sind bereits über 3.000 islamistische Kämpfer aus Europa
nach Syrien oder in den Irak gereist. Die wichtige Rolle von Facebook für
den IS geht auch aus einem internen Bericht des EU-Koordinators für
Terrorismusbekämpfung hervor. Zur Frage der Finanzierung der
Terrororganisation heißt es dort, „dass Mittel unter dem Deckmantel von
Spenden oder Spenden zu wohltätigen Zwecken“ eingeworben werden und dies
auch über Facebook geschehe.
Über konkrete Ergebnisse des Treffens wurde zunächst nichts bekannt. Sowohl
Vertreter des deutschen Innenministeriums als auch von Facebook und Twitter
wollten sich auf Anfrage der taz nicht äußern. Möglich scheint jedoch, dass
etwaige Beschlüsse in das Abschlussprotokoll des Justiz- und
Innenministertreffens einfließen. Dies wird nach Abschluss der Tagung am
Freitag veröffentlicht.
## Gefahr von Grundrechteabbau
Auf der am Donnerstag beginnenden Ministerkonferenz soll unter dem
Stichwort „foreign fighters“ (ausländische Kämpfer) über die
Radikalisierung junger Europäer, die sich dem Kampf der Dschihadisten
anschließen, sowie entsprechende Gegenmaßnahmen beraten werden.
Matthias Monroy, Experte für europäische Polizeizusammenarbeit, befürchtet
den eine Reihe problematischer Beschlüsse, wie die „Einführung
systematischer Grenzkontrollen auch für EU-Bürger“. Aus einer [6][Anfrage
des Linken-EU-Parlamentariers Andrej Hunko] geht hervor, dass dieser Punkt
bereits dieses Sommer auf einem informellen EU-Ministertreffen in Mailand
besprochen wurde. Dort einigte man sich auf einen „Aktionsplasn gegen die
Bedrohung durch zurückkehrende Dschihadisten“.
Weiterhin sei geplant, das
[7][//netzpolitik.org/2014/nutzung-des-schengener-informationssystems-zur-v
erdeckten-registrierung-von-reisenden-nimmt-um-30-zu/:Schengener
Informationssystem für verdeckte Fahndungen] zu nutzen und „eine
Vorratsdatenspeicherung für Fluggastdaten einzurichten“. Dadurch sollen
verdächtige Reisebewegungen „ausländischer Kämpfer“ nachvollzogen werden
können.
Entsprechende Abkommen zur Übermittlung der Daten existieren bereits mit
Kanada, Australien und den USA. Eine europäische Speicherung und
Verarbeitung der Daten ist schon seit einem Entwurf der Kommission im Jahr
2007 im Gespräch. Rechtliche Probleme wie der unzureichende Schutz
personenbezogener Daten hatten eine Einführung bisher verhindert. Der Kampf
gegen die IS könnte nun die entscheidende Wendung bringen. Unter dem
Deckmantel der Terrorismusbekämpfung drohe eine „Einschränkung von
Grundrechten“, so die Befürchtung Monroys.
9 Oct 2014
## LINKS
[1] /Graeueltaten-der-IS-Extremisten/!144592/
[2] /IS-Miliz-toetet-zweiten-US-Journalisten/!145306/
[3] http://twitter.com/dickc/status/502005459067625473
[4] http://www.bbc.com/news/technology-29505103
[5] http://www.youtube.com/watch?v=-wmdEFvsY0E
[6] http://andrej-hunko.de/start/download/doc_download/482-einzelmassnahmen-des…
[7] http://https
## AUTOREN
Erik Peter
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