| # taz.de -- Freies Netz in Berlin: W-Laaaaaaaaangweilig! | |
| > Der Senat unternimmt den vierten Anlauf zu freiem W-Lan in der | |
| > Innenstadt. Diesmal will er private Betreiber mit Subventionen locken. | |
| Bild: Leuchten da ein paar Lichtlein in der Berliner Datenfinsternis? | |
| BERLIN taz | Freies städtisches WLAN ist in Berlin noch immer Neuland. Seit | |
| Jahren verspricht der Senat, Touristen und Einheimischen kostenloses | |
| Internet im Innenstadtbereich zu ermöglichen – bislang erfolglos. Jetzt | |
| startet die Landesregierung einen neuen Versuch: Per Ausschreibung will man | |
| Anbieter suchen, die dann in einer Anfangsphase subventioniert werden. Das | |
| geht aus der Antwort von Björn Böhning, Chef der Senatskanzlei und | |
| Medienstaatssekretär, auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen hervor. | |
| Beim Starttermin fürs Metropolen-WLAN ist Böhning optimistisch: Anfang 2015 | |
| sei das Ziel. Dabei wird die Ausschreibung wohl erst im November | |
| veröffentlicht. Zwei wesentliche Unterschiede gibt es zu den ersten drei | |
| gescheiterten Anläufen: Zum einen versuchte man bisher, einen Verbund | |
| privater Betreiber zu schaffen. | |
| Jetzt sollen einzelne Standorte für die Routeranlagen – in erster Linie an | |
| öffentlichen Gebäuden – exklusiv an einzelne Betreiber vergeben werden. | |
| Denen will man dann zwei Jahre lang weder Miete noch Sondernutzungsgebühren | |
| abknöpfen, auch die Stromkosten übernimmt das Land. Der Topf, aus dem diese | |
| Anschubfinanzierung bestritten wird, ist mit 170.000 Euro gefüllt. | |
| Man sei von den bisherigen Erfahrungen „ernüchtert“, sagte Senatssprecher | |
| Richard Meng am Mittwoch der taz: Der Verbund-Plan sei nicht aufgegangen, | |
| bei dem die Anbieter von sich aus alle nötigen Investitionen getätigt | |
| hätten. Die Unternehmen hätten ihre Eigeninteressen zu sehr im Blick | |
| gehabt. Im Mai dieses Jahres war der dritte Versuch innerhalb von sieben | |
| Jahren geplatzt. Bereits der rot-rote Senat hatte sich zum Ziel gesetzt, | |
| die Berliner City zur Surfzone zu machen – um dem Image der jungen, | |
| netzaffinen Stadt endlich auch bei der Infrastruktur gerecht zu werden. | |
| ## Grüne: "Senat murkst seit Jahren herum" | |
| Der netzpolitische Sprecher der Grünenfraktion Stefan Gelbhaar, der die | |
| aktuelle Anfrage an den Senat gestellt hatte, ist skeptisch, ob es diesmal | |
| klappt. Immerhin werde nun ein neuer Weg eingeschlagen: „Es ist ja kaum | |
| mehr auszuhalten, wie der Senat bei diesem Thema seit sieben Jahren | |
| herummurkst.“ Freies WLAN sei in vielen europäischen Städten ganz normal, | |
| so Gelbhaar zur taz. Als Beispiel nannte er Wien, wo das offene Netz | |
| schrittweise von öffentlichen Einrichtungen bereitgestellt worden sei – | |
| angefangen bei Krankenhäusern über Rathäuser bis hin zu den | |
| Versorgungsbetrieben. | |
| Eine ähnliche Strategie würden sich Gelbhaar und die Grünen auch in Berlin | |
| wünschen: Die Verkehrsbetriebe seien etwa dazu geeignet, das Angebot zu | |
| implementieren. Dieses gelte dann auch „berlinweit“, was wichtiger sei als | |
| „flächendeckend“. „Charmant wäre außerdem, dass ein solches WLAN nicht… | |
| Touristen zugute kommt, sondern allen“, sagte Gelbhaar. | |
| Etwas aus dem Blickfeld geraten ist derweil der Versuch der | |
| „Freifunker“-Bewegung, freies und zugleich anonymes WLAN in Berlin | |
| auszusäen. Im Juni 2012 hatten die Netzaktivisten Gratis-Router an | |
| Privatpersonen, Vereine und Cafés verteilt, ausgestattet mit einem | |
| Programm, das die Nutzer anonymisiert und sie somit etwa für | |
| Abmahnkanzleien unsichtbar macht. Inzwischen sei die Zahl der | |
| WLAN-Knotenpunkte auf über 200 angewachsen, so Christian Heise vom | |
| Förderverein Freie Netzwerke. Die Geräte vernetzen sich alle zu einer – | |
| noch recht zerfaserten – „Wolke“ und bieten auch Nachbarn und Passanten | |
| einen passwortfreien Netzzugang. | |
| Für gewerbliche Anbieter von freiem WLAN verbessert sich demnächst die | |
| Rechtslage: Die anstehende Novellierung des Telemediengesetzes sieht vor, | |
| dass Router-Aufsteller wie Cafés und Kneipen von der sogenannten | |
| Störerhaftung für illegale Downloads ausgenommen werden. Damit geraten sie | |
| aus der Schusslinie gieriger Mahnanwälte. Für private Routerbetreiber gilt | |
| das nicht. Sie sind weiterhin auf technische Tricks wie die Software der | |
| Freifunker angewiesen. | |
| 15 Oct 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Claudius Prößer | |
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