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# taz.de -- Schwedens Energiepolitik: Stockholm stützt Vattenfall
> Auch die rot-grüne Regierung steht hinter der Klage des Energiekonzerns.
> Er fordert 4,7 Milliarden für den Atomausstieg in Deutschland.
Bild: Während drinnen die Fässer rosten, klagt Vattenfall draußen fleißig
STOCKHOLM taz | Falls Berlin gehofft haben sollte, unter der rot-grünen
Regierung werde sich in Stockholm die Haltung zur Milliardenklage
Vattenfalls gegen den deutschen Staat wegen des Atomausstiegs ändern:
Daraus wird nichts. Als „vollkommen legitim“ bezeichnete Ende letzter Woche
der nunmehr für die Aufsicht über den Staatskonzern zuständige
Wirtschaftsminister Mikael Damberg dieses Verfahren. Er sehe keine
Veranlassung für eine andere Einschätzung als die der konservativen
Vorgängerregierung, die diesen Prozess abgesegnet hatte.
Vattenfall fordert 4,7 Milliarden Euro Schadenersatz, weil die im Jahr 2011
gesetzlich verfügte Abschaltung seiner beiden Reaktoren Krümmel und
Brunsbüttel den Wert seiner Investitionen und seine Gewinne gemindert habe.
Der schwedische Staatskonzern beruft sich dabei auf die
Investorenschutzklausel in der 1998 in Kraft getretenen internationalen
„Energie-Charta“. Geklagt hat Vattenfall vor zwei Jahren vor dem
zuständigen International Centre for Settlement of Investment Disputes
(ICSID), einem zur Weltbank gehörendem Schiedsgericht in New York.
Dass es mittlerweile einen umfangreichen Markt für solche Schiedsgerichte
gibt, daran hat Deutschland aktiv mitgewirkt. Der ehemalige
Exportweltmeister ist Weltmeister beim Abschluss von
Investitionsschutzabkommen mit anderen Staaten: 139 wurden geschlossen, 131
sind derzeit noch in Kraft. Für Streitigkeiten zwischen ausländischen
Unternehmen und Staaten sind darin Schiedsgerichte wie das ICSID für
zuständig erklärt worden.
In über 20 Fällen haben in den letzten Jahren deutsche Unternehmen auch von
der ihnen dadurch eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, ausländische
Staaten wegen angeblicher Verstöße gegen den Investitionsschutz zu
verklagen. Dass es irgendwann einmal nicht Ghana, Sri Lanka oder
Argentinien, sondern auch Deutschland selbst als Beklagten treffen könnte –
damit hatte man vermutlich in Berlin kaum gerechnet.
## Vattenfall klagte schon einmal
Schon die erste solche Klage gegen Deutschland ging von Vattenfall aus:
2009 hatte das Unternehmen wegen des Hamburger Kohlekraftwerks Moorburg ein
Verfahren vorm ICSID begonnen; dieses endete 2011 mit einem Vergleich
vorwiegend im Sinne Vattenfalls.
Bei dem zweiten Verfahren gegen Deutschland, das nicht öffentlich ist und
von dem offiziell nur die Namen der drei Juristen bekannt sind, die den
Fall entscheiden sollen, ist also erneut Vattenfall der Kläger. Sylvia
Kotting-Uhl, atompolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion,
bezeichnet das Vorgehen des Staatskonzerns als „unverschämt“: Die
Konzernspitze meine offenbar, dass nun deutsche Steuerzahler für deren
„Managmentversagen zahlen“ sollten. Schwedens grüne Miljöpartiet wurde von
der deutschen Schwesterpartei aufgefordert, in der Regierung auf einen
Stopp des Verfahrens hinzuwirken.
Ob sie das anstrebe, wollte die Parteivorsitzende und Umweltministerin Åsa
Romsson nicht kommentieren. Doch selbst wenn – die schwedischen Grünen
hätten wohl kaum eine realistische Möglichkeit dazu. Schon zwei Wochen nach
seinem Regierungsantritt entschied Ministerpräsident Stefan Löfven nämlich
am vergangenen Donnerstag, dass die Zuständigkeit für Vattenfall vom –
grünen – Energieminister Ibrahim Baylan federführend an den
sozialdemokratischen Wirtschaftsminister Damberg übergehen solle. Damit
dürfte der Einfluss der Grünen auf den gesamten künftigen Vattenfall-Kurs
entscheidend sinken.
19 Oct 2014
## AUTOREN
Reinhard Wolff
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