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# taz.de -- Die Wahrheit: Putin auf großer Fahrt
> Tagelang macht ein mysteriöses U-Boot vor Schwedens Küste die Ostsee
> unsicher. An Bord ist der Herr aller Russen auf dem Weg nach Hamburg ...
Bild: Putin auf großer Fahrt.
Sein Temperament. Sein verdammtes Temperament. Immer wieder brachte es ihn
in solche Situationen.Und jetzt war er, wie so oft, alleine, nur er und die
verdammten Konsequenzen seiner verdammten Entscheidungen. Mit der
ohnmächtigen Wut der von sich selbst Beleidigten blickte er hinaus in die
Schwärze. Nichts. Flüchtige kleine Bewegungen, ab und zu ein schwacher
Lichtreflex von oben, das war es dann aber auch.
Wer aber hätte ihn auch aufhalten sollen? Es gab einfach niemanden, der ihm
das Wasser reichen konnte, niemanden, den er ernst nehmen wollte. Er war
zum Basta-Politiker geworden. Das klassische Problem jedes Despoten –
absolute Beratungsresistenz. Ohne rechte Begeisterung drückte er einige
Knöpfe auf der Steuerkonsole vor sich. Das Sekundäraggregat heulte auf, um
dann in eine Art unmotiviertes Jaulen überzugehen und schließlich ganz zu
verstummen. Das Tangfeld musste dichter sein als angenommen, das Zeug hatte
sich tief in die Eingeweide der Maschine gefressen.
Man konnte sich aber schließlich auch nicht alles bieten lassen. Jedenfalls
nicht, wenn man das Image eines Super-Machos zu pflegen hatte. Seine
Heldentaten hatten sich ins kollektive Gedächtnis gebrannt. Wie er in der
sibirischen Tundra den nemäischen Löwen erwürgt hatte, mit freiem
Oberkörper. Wie er mit eigenen Händen Edward Snowden aus dem Sumpf der
Geheimdienste gezogen hatte, angetan nur mit einem Lendenschurz. Wie er im
Handstreich die Krim befreit hatte, am ganzen Körper eingeölt. So jemanden
durfte man nicht ungestraft provozieren, so jemand hatte einen Ruf zu
verlieren.
Wütend versetzte er dem Kontrolpanel einen professionellen Karateschlag.
Unter der Wucht zerbrach ein Anzeigefeld. Ein Alarm wollte erklingen,
überlegte es sich anders, als sich die Handkante des grimmigen Piloten
erneut erhob. Aus dem Dunkel draußen linste ein Hammerhai herein. Auch er
wollte wissen, was hier eigentlich los war. Putin entblößte sein
Haifischlächeln, und der Hammerhai verzog sich in die Tiefen des Ozeans.
## Lächerlicher Konflikt mit der Nato
Die Provokation war aber auch zu groß gewesen. „Stoppt den Russen-Hitler!“
hatte es auf dem Spiegel gehießen. Ausgerechnet der Spiegel! Ein Organ, das
er schon seit Jahren las und schätzte! Als Agent in der DDR bezog er ihn
schwarz, später ließ er sich ihn von seinem Lakaien Schröder mitbringen. Er
war durchaus ein Freund von frechem, hintergründigen Journalismus! In
seinem eigenen Land hatte er stets versucht, die Qualität der
Berichterstattung zu steigern, durch besondere Motivierungsmaßnahmen für
ausgewählte Journalisten. Aber „Russen-Hitler“! Das war ja schon sachlich
falsch!
Er beugte sich zur Verkabelung, riss die Hälfte der Kabel heraus und
verknotete sie mit der anderen Hälfte. Wenn es wenigstens Russen-Stalin
gehießen hätte! Wobei, das wäre tautologisch gewesen. Russen-Obama?
Vielleicht hätten sie ihn, Putin, gar nicht zum Titelthema wählen sollen.
Genau! Was fiel denen ein? Als gäbe es nichts wichtigeres als ihn und
seinen lächerlichen Konflikt mit der Nato.
Aber dieser Büchner, dieser sogenannte Spiegel-Chef, der hatte es auf ihn
abgesehen. Der wollte wohl persönlich verwemst werden! Er wusste, wie
solche Typen waren! Wenn es zu Hause rumorte, dann suchten sie Streit mit
dem Ausland. Was konnte er dafür, dass sich ein Spiegel-Chef nicht mit dem
Spiegel-Gesellschaftern vertrug? Dafür musste man doch einen beliebten
Staatsmann nicht derart herabwürdigen!
Er erinnerte sich an die Krisensitzung am Morgen. Wütend hatte er seine
Generäle angeschrien, Luftschläge auf Hamburg befohlen. Das
Spiegel-Hochhaus musste zuerst bombardiert und dann unter internationale
Verwaltung gestellt werden, jawohl. Die sollten sehen, wie ein
Russen-Hitler Blitzkrieg spielte! Doch diese Generäle waren aus weicherem
Holz geschnitzt. Erst mal müsse der Ukrainekonflikt bewältigt werden.
Gleichzeitig Krieg gegen die Nato und gegen den Spiegel führen, das sei
unklug. Ein Zwei-Fronten-Krieg sei ja auch Hitler schon schlecht bekommen,
fügte ein vorwitziger General hinzu. Ob er ihn denn auch mit Hitler
vergleichen wolle, hatte Putin ihn angebrüllt. Und ob er mal wieder nur von
Volltrotteln umgeben sei!
Von Schweiß und Maschinenöl triefend, erhob sich Putin aus den Eingeweiden
der Maschine, zog das Hemd aus, überlegte, sich späterhin ganz auszuziehen.
War ja eh keiner da, hier, unter dem Meer. Und die beiden? Er blickte nach
hinten, wo die weißen Tiger Simba und Locutus in ihren Zwingern saßen. Die
beiden würde das auch nicht stören.
## „Ruhig Blut, Schätzchen“
Sanft gab er dem Sekundäraggregat Strom. Kurz schrie die Maschine
verzweifelt – dann aber löste sich, mit einem Ruck und Zuck, der
Tangknoten! Putin purzelte hintüber, als sich das Mini-U-Boot „Boris
Jelzin“ mit heulenden Motoren aus dem Schlick riss und durch die ewige
Nacht des Ozeans schoss.
Als er das Bewusstsein wiedererlangt hatte, war man bereits in ruhigerem
Fahrwasser. Der Motor schnurrte leise. Nur die beiden Monsterkatzen
brummten unruhig vor sich hin. „Ruhig Blut, Schätzchen“, murmelte Putin.
„Sobald Papa weiß, wo wir sind, lässt er euch zum Pipimachen an Land.“ Er
betrachtete die Instrumente. Nutzlos. Die meisten hatte er zerschlagen, die
anderen gaben falsche Auskunft. Genau wie gewisse Generäle!
Ja, die Generäle! Warum hatte ihn keiner aufgehalten, als er wütend aus der
Konferenz gestürmt war, hin zu seiner privaten U-Boot-Werft? Es war doch
bekannt, dass er ein Waffennarr war! Und die „Boris Jelzin“ hatte unter
Kennern einen gewissen Ruf. Vier Meter lang, mit 62 thermonuklearen
Sprengköpfen ausgestattet, dazu zwei Maschinengewehre auf jeder Seite und
ein Flammenwerfer auf der Pilotenkanzel! „Dann muss ich eben alles allein
tun, dann bombardiere ich eben diesen Büchner ganz allein zu Tode!“ Was an
diesem Schrei war missverständlich?
Draußen färbte sich das Wasser golden, als Putin das U-Boot langsam
auftauchen ließ. Als es die Meeresoberfläche durchstoßen hatte, schwang er
sich auf die Trittleiter, öffnete die Luke und blickte nach draußen. Er war
offenbar nahe bewohnter Gegenden aufgetaucht. Am Ufer stand ein alter Mann,
der ihn verdutzt anblickte. Er trug einen langen Mantel und eine dieser
hässlichen blauen Ikea-Riesentaschen. „Wo sind wir hier, Towarisch?“, rief
ihm Putin zu. „Ist das noch mein Rossija? Oder schon Spiegel-Territorium?“
Der Mann stierte ihn nur ungläubig an. Putin verlor die Geduld. Er begab
sich wieder ins Innere des Bootes, machte die Luke dicht, und verordnete
den Maschinen volle Fahrt. Ob die Generäle ihn vielleicht sogar hatten
loswerden wollen? Wer weiß. Er würde jetzt einfach an der Küste
entlangschippern und sich durchfragen. Irgendwer würde ihm schon sagen, wie
man zum Spiegel-Hochhaus kam.
Eine Woche lang waren die Zeitungen voll von Nachrichten über ein
mysteriöses Objekt in schwedischen Gewässern. Dann hatten ihn die Generäle
wiedergefunden, und er konnte seine Weltbeherrschungspläne wieder vom Kreml
aus ins Werk setzen.
24 Oct 2014
## AUTOREN
Leo Fischer
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