# taz.de -- Die Wahrheit: Ist Bernd Lucke Jude? | |
> Neue Fakten über die Herkunft des AfD-Gründers bewegen die Mitglieder der | |
> rechtspopulistischen Alternative für Deutschland. | |
Bild: Die Nachricht, dass Bernd Lucke jüdisch erzogen wurde, schlug wie eine B… | |
Zuerst war es nur ein Gerücht. Doch dann wurde das Gerücht durch Klatsch | |
gestützt, und schließlich stand eine handfeste Behauptung im Raum: Bernd | |
Lucke, Professor für Wirtschaftsbeurlaubung, Euroleugner und Gründer der | |
„Alternative für Deutschland“, ist nicht einfach nur, wie im Lebenslauf | |
angegeben, Mitglied der evangelisch-renommierten Kirche Hamburg. | |
Tatsächlich wurde er vor dem Übertritt zum Christentum zunächst jüdisch | |
erzogen. | |
Ein Interviewprojekt der historischen Fakultät an der FU Berlin führte | |
durch Zufall zum Anfangsverdacht, brachte Licht ins Dunkel der Lucke’schen | |
Jugend und sorgt jetzt für Schlagzeilen. Die Wissenschaftler sprachen unter | |
anderem mit Rita Dreidel, einer pensionierten Köchin des Jüdischen | |
Kindergartens Berlin, und befragten sie zu prominenten Absolventen des | |
Eliteinstituts. Sie konnte Lucke zweifelsfrei als ehemaligen Schützling | |
identifizieren: „Ich schalte den Fernseher ein, da sehe ich ihn plötzlich, | |
wie einen ganz normalen Menschen bei Maischberger: den kleinen Benni | |
Luckenbaum! Als ich ihn das letzte Mal sah, war er vier Jahre alt. Heute | |
sieht er komplett anders aus – allein deshalb könnte ich ihn schon unter | |
Tausenden wiedererkennen!“ | |
Das Zeugnis von Frau Dreidel ist wichtig, denn nach dem immer noch | |
ungeklärten Brand im Archiv des Kindergartens 2013 sind wichtige Belege | |
unrettbar verloren. Doch Rita Dreidel ist trotz ihrer 90 Lenze, ihren 20 | |
Dioptrien Kurzsichtigkeit und ihrer chronischen Vergesslichkeit immer noch | |
voll jugendlichem Elan, wenn es um Medienöffentlichkeit geht. Im Gespräch | |
mit der Wahrheit stehen ihr die Tränen in den Augen, wenn sie erzählt, wie | |
sie den kleinen Bernd kennenlernte: „Er wollte immer erst einen großen | |
Batzen Matzen und ihn dann aber nicht teilen“, lacht sie. „Seine Meinung | |
war schon damals: Wenn jemand einen Matzen erwirtschaftet hat, dann darf er | |
ihn auch verputzen. Für die Fehler von Versagern wie der doofen Esther | |
wollte er nicht geradestehen.“ | |
In der Partei stößt die Nachricht auf ein geteiltes Echo. „Das stört mich | |
nicht die Bohne“, sagt der Freiburger AfD-Aktivist Hans-Dietrich Diederich. | |
„Wenn er sich von seiner Vergangenheit distanziert und vor allem schaut, | |
dass seine Verwandten jetzt nicht unkontrolliert nach Deutschland | |
einwandern, sind mir seine Taten egal.“ | |
Andere sehen das Thema kritischer, wie das einflussreiche Berliner | |
Parteimitglied Brezel von Storch. „Niemand ist verpflichtet, der Partei | |
seine ganze Vergangenheit offenzulegen. Doch Herr Lucke muss jetzt ganz | |
klar sagen, ob er sich für Deutschland die D-Mark oder den Schekel | |
zurückwünscht.“ | |
Offene Rücktrittsforderungen wurden zwar noch nicht laut. Doch eine Partei, | |
die ein souveränes Deutschland in den Vordergrund stellt, darf sich im | |
Zeichen jüngster Wahlerfolge keine Blöße geben. Und das Judentum Luckes | |
könnte genauso eine Blöße sein. | |
Hinter vorgehaltenem Fächer gesteht ein anonymes AfD-Gründungsmitglied, | |
dass es in der Partei schon länger Gerüchte gab. „Seine Redebegabung, seine | |
Intelligenz, sein gutes Aussehen – das alles gibt es in der AfD sonst | |
nicht.“ Auch sein Interesse an Geld, an komplizierten Finanzprodukten wie | |
dem Euro gewinnt im Licht dieser Erkenntnis neue Bedeutung – zumal sie auch | |
das Parteivermögen betreffen. Der AfD stehen riesige Geldmittel zur | |
Verfügung, anonyme Großspenden machen es möglich. „Und dann der Streit mit | |
Michel Friedman! Man weiß doch: Wo zwei von denen zusammenkommen, gibt es | |
sofort Zores?“ | |
Wer ist eigentlich Jude? Diese Frage ist so alt wie das Judentum selbst | |
oder doch wenigstens so alt wie die etablierte Judenverfolgung. Biologische | |
Merkmale sind mittlerweile wissenschaftlich obsolet und treffen ohnehin nur | |
kleine, genetisch homogene Gemeinden wie die Buschjuden des australischen | |
Outbacks oder die berühmten Wetterjuden vom Blocksberg. | |
Viele Gemeinden folgen dem Prinzip „mater semper certa“: Wer eine jüdische | |
Mutter hat, ist fein raus und kriegt Anerkennung in der Gruppe. Bisher hat | |
Lucke seine Mutter unter Verschluss gehalten – die kraushaarige Bucklige | |
mit dem stechenden Blick und dem bissigen Humor will eben so gar nicht zu | |
der drögen blonden Musterfamilie passen, die Lucke zu Fototerminen von | |
einer PR-Agentur zur Verfügung gestellt wird. Außerdem fällt Lucke auch | |
unter den von Judaistikprofessoren anerkannten „Herzel-Kompromiss“: Jude | |
ist, wer sich nicht ausdrücklich von dem Verdacht distanziert, einer zu | |
sein. Und tatsächlich fehlt von Lucke bisher jede Stellungnahme zum Thema. | |
Bis Lucke sich erklärt, wird die Unruhe in der Partei wohl zunehmen. | |
Schnell abserviert wird er wohl nicht werden, dazu ist er als Person zu | |
wichtig – noch. Brezel von Storch will zunächst abwarten, wie weit sich die | |
Parteibasis wirklich im rechten Spektrum verortet. Die AfD sei da noch in | |
einer Selbstfindungsphase. „Doch irgendwann werden wir uns offen der | |
Judenfrage stellen müssen. Wir dürfen uns da jedenfalls nicht von der NPD | |
lächerlich machen lassen. Das schaffen wir auch ganz allein.“ | |
29 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Leo Fischer | |
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