# taz.de -- Die Wahrheit: Waffen zu Weihwasser | |
> Die Kirche ist kein kuscheliger Wohlfühlverein und hat ein Imageproblem. | |
> Der Papst löst es radikal, der Vatikan unterstützt ihn nach Kräften. | |
Tratschende Gäste, livrierte Kellner, köstlich duftender Quinoa-Kaffee: | |
scheinbar ganz normaler Hochbetrieb in dem Straßencafé „Kleiner Onkel”, | |
Berlin-Inkiezdorf. Wäre da nicht jener unheimliche Mann, der jetzt zwischen | |
die Gäste tritt. Statt T-Shirts mit flotten Sprüchen trägt er Sackleinen, | |
statt eines stylish ungepflegten Vollbarts trägt er einen unstylish | |
ungepflegten Vollbart. | |
Sein unsteter Blick zeugt von schweren inneren Verwerfungen, so als hätte | |
er vier Tage lang nicht geschlafen – noch ist nichts sonderlich auffällig | |
an dem Mann, der in Wahrheit Padre Pubesco aus Venezuela ist. Bis er | |
plötzlich seine Robe von sich reißt – und darunter einen zentnerschweren | |
Rosenkranz offenbart. Entsetzt schreien die Gäste auf. „Deus vult! Deus | |
vult!”, ruft der junge Mann, greift an seinen Körper, zieht eine | |
Literflasche Flüssigweihwasser hervor – und segnet die Gäste, noch bevor | |
sie fliehen können. Erst ein beherzter Nudelholzschlag durch Wirtin | |
Annkathrin-Karin kann den Terroristen unschädlich machen. | |
Der Vorfall macht Schlagzeilen. Der Bischof von Berlin-Inkiezdorf spricht | |
von einem „verwirrten jungen Mann”, der Vatikan distanziert sich offiziell. | |
Doch Katholizismus-Insider wissen, dass die Kirche neuerdings mit geheimer | |
Sympathie auf jene schaut, die den Christusglauben mit Waffengewalt in die | |
Hauptstadt des Atheismus tragen. | |
„Katholische Hardliner hat es schon immer gegeben”, sagt der langjährige | |
Vatikan-Klatschreporter der Bild, Andreas Englisch. „Aber was bedeutet | |
‚hard’ bei über achtzig Jahre alten Männern? Ich könnte Ihnen Geschichten | |
erzählen …” | |
## Mit Gewalt gegen Atheismus | |
Der große Hamster Zeit nagt tiefe Löcher in das Selbstverständnis der | |
katholischen Kirche. Korruptionsaffären, Vergreisung, immer leiser | |
klingelnde Beutel – die katholische Kirche steckt in der tiefsten Krise | |
seit ihrer Gründung 1948. Nicht zuletzt islamischer Fundamentalismus hat | |
die Kirche längst dort überholt, wo sie früher ihre große Stärke sah: bei | |
der Jugend, bei den körperlich und sexuell Ungeformten. Die meisten | |
Abiturienten, die sich nicht sofort dem „Islamischen Staat“ anschließen, | |
entscheiden sich heute sehr früh für Flexi-Buddhismus oder das | |
Tinderianertum. Der katholische Extremismus hingegen wird gar nicht mehr | |
als Option wahrgenommen. | |
„Noch im 20. Jahrhundert konnten unter dem Mantel des Glaubens Tausende | |
nordirische Freiheitskämpfer mobilisiert werden – bis an die Zähne | |
bewaffnet, alle unter dreißig und sternhagelvoll. Heute weiß von denen | |
keiner mehr, wo Nordirland überhaupt liegt”, klagt Englisch. Im Internet | |
radikalisierte Einzeltäter wie Padre Pubesco aus dem reißerischen | |
Texteinstieg oben sind in gewisser Weise Verzweiflungstäter – die | |
Demütigungen für den Vatikan werden dadurch nicht weniger. | |
2014 wurde Mohammed zum meistfotografierten Religionsstifter gewählt – das | |
dritte Jahr in Folge. Wo früher die Schlagzeilen von in die Luft | |
gesprengten Abtreibungskliniken, malerischen Kreuzzügen und | |
farbenprächtigen Hexenprozessen bestimmt waren, regiert der Islamismus | |
heute selbstbewusst die Kommentarspalten. | |
„Organisationen wie Opus Dei tauchen doch heute nur mehr in Schauerromanen | |
von Dan Brown auf”, schimpft Englisch. „Ich kenne den Vorstand von Opus Dei | |
sehr gut – er besteht aus zwei hundertjährigen Monsignores und einem | |
elfjährigen Labrador-Mischling. Das einzige, was die demnächst sprengen | |
werden, sind ihre Inkontinenzwindeln.” Die Kirche habe den Anschluss | |
verpasst, die jungen Leute hätten oft gar keine Chance, die reichhaltige | |
extremistische Tradition der Kirche kennenzulernen, bevor sie sich | |
leichtfertig einer islamistischen Organisation anschließen. | |
## Pontifex cum Kalaschnikow | |
Papst Franziskus, selbst eigentlich eher ein Freund der stillen Gesten, hat | |
sich nun den Rat seines besten Freunds Andreas Englisch zu Herzen genommen. | |
Terror ist cool, scheint dabei seine neue Devise zu lauten. Immer häufiger | |
wird der Pontifex jetzt mit einer schweren Kalaschnikow unterm Arm gesehen. | |
Das Papamobil wurde durch einen Toyota-Landrover ersetzt; Sonnenbrillen und | |
unverständliches Latein auf schweren schwarzen Gebetstüchern sollen eine | |
Atmosphäre latenter Gewaltbereitschaft verbreiten. „Gottesfurcht – wir | |
hatten sie zuerst”, steht in einer Eil-Enzyklika, die die Kurie über | |
Twitter und Telegramm verbreiten lässt. | |
Auch die deutschen Bischöfe wollen dem neuen Terror-Trend nicht nachstehen. | |
Diözesen sollen fortan „Brigaden” heißen, Beichtstühle „konspirative | |
Treffpunkte” – und Kardinal Reinhard Marx erwägt anscheinend die | |
Umbenennung in Reinhard Stalin. | |
„Dass sich besonders die katholische Kirche hierzulande so eng mit dem | |
Staat verwoben hat, kann als historischer Fehler von Weltformat gelten”, | |
erklärt Warlord Ansgar Killjoy von den Aachen-Brigaden (ehedem Pfarrer | |
Angsgar Friedel, Bistum Aachen). „Sehen Sie sich doch nur den staatlich | |
verordneten Religionsunterricht an! Wie sollen wir denn die jungen Leute zu | |
blutgierigen Fanatikern erziehen, wenn sie von deutschen Beamten lernen? | |
Jeder salafistische Prediger auf dem Pausenhof muss da doch wie eine | |
Erlösung erscheinen!” | |
Zum Nachteil gereicht der Kirche auch, dass sie jetzt immer wieder gegen | |
den „Islamischen Staat” in Stellung gebracht wird. „Alle verteidigen jetzt | |
das christliche Abendland”, mault Killjoy. „Als wäre das Christentum | |
irgendein kuschliger Wohlfühlverein. Unser Emblem ist ein Mann, den man | |
gefoltert und zum Sterben an einen Baum genagelt hat! Dagegen sind die | |
Islamisten doch Waisenknaben.” | |
## Die Schweizergarde an der Flak | |
Noch schreckt Franziskus davor zurück, den Kirchenstaat über die Maßen | |
aufzurüsten. Doch berichten Vatikan-Insider, dass die Schweizergarde | |
neuerdings an der schweren Flak und mit panzerbrechender Munition | |
trainiert. Kann ein bewaffneter Vatikan-Staat, wie es ihn lange Zeit gab, | |
zurückkehren? „Sehen Sie sich doch mal Italien an”, höhnt Killjoy. „Die | |
eine Hälfte der Bevölkerung wird von der Mafia regiert, die andere von | |
Radio Berlusconi. Eine gut ausgebildete päpstliche Streitmacht könnte | |
diesen zerfallenen Staat in Nullkommakruzifix erobern.” In diesem Szenario | |
würde sich Italien dann zu einem zweiten Syrien entwickeln – der eine Teil | |
beherrscht von marodierenden bewaffneten Banden, die es dort schon immer | |
gab, der andere von Kriegspapst Franziskus. | |
Was Franziskus aber sichtbar schon jetzt versucht, ist, den katholischen | |
Extremismus zurück in die Herzen der Menschen zu bomben. Ein Blick auf die | |
Internetpräsenz des Papstes zeigt, wie sehr er sich die Methoden des | |
Islamischen Staates zu eigen gemacht hat: „Video-Botschaften, | |
Twitter-Nachrichten, seltsame Menschen in Fantasieuniformen, die Unsinn | |
reden – das Vorbild ist offenkundig”, erklärt Andreas Englisch, nachdem er | |
Warlord Killjoy erfolgreich vom Mikrofon verdrängt hat. „Sollte der Trend | |
anhalten, werden wir Franziskus künftig vor allem aus Höhlen predigen | |
sehen, aus den eroberten Städten Norditaliens.” | |
Seine Anhänger jedenfalls verstehen die Zeichen der Zeit – und üben sich in | |
subtilem Terror gegen das, was sie als lasterhaft und pervers verstehen. In | |
Köln pinkelte ein Diakon nach der Spätmesse gegen den Eingang eines | |
bekannten schwulen Fetischclubs. Zwar wurde er sofort zum Haupt-Act des | |
Abends gecastet. Doch an der Rückkehr des katholischen Terrors kann fortan | |
niemand mehr zweifeln. | |
21 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Leo Fischer | |
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