# taz.de -- Urteil über künstliche Befruchtung: Ehe besser fürs Kind, sagt d… | |
> Krankenkassen dürfen Unverheirateten nicht die künstliche Befruchtung | |
> zahlen, entscheidet das Bundessozialgericht: Nur der Gesetzgeber könne | |
> das ändern. | |
Bild: Künstliche Befruchtung mittels einer Mikropipette unter dem Mikroskop. | |
FREIBURG taz | Krankenkassen dürfen bei unverheirateten Paaren nicht einmal | |
freiwillig die Kosten der künstlichen Befruchtung übernehmen. Das entschied | |
jetzt das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. Nur der Gesetzgeber könne | |
dies beschließen. | |
Ausgelöst hatte den Rechtsstreit eine Krankenkasse in Berlin, die BKK | |
Verkehrsbau Union mit 400.000 Versicherten. Um sich im Wettbewerb der | |
Kassen hervorzuheben, beschloss sie eine besonders großzügige Finanzierung | |
der künstlichen Befruchtung. Nicht nur 50 Prozent der Kosten wollte die | |
Kasse zahlen, sondern 75 Prozent. | |
Auch die gesetzlichen Altersgrenzen sollten nicht gelten. Vor allem aber | |
sollten nicht nur Ehepaare, wie vom Gesetz vorgesehen, sondern auch „Paare | |
in einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft“ den Zuschuss von der | |
Kasse bekommen. | |
Die neuen Versicherungsregeln wurden in der Satzung der Krankenkasse | |
niedergelegt und dem Bundesversicherungsamt zur Genehmigung vorgelegt. Dort | |
wurden die freiwilligen Zusatzleistungen abgenickt – außer der Ausweitung | |
auf unverheiratete Paare. | |
## Auf Ehepaare beschränkt | |
Das Bundesgesundheitsministerium hatte dagegen Bedenken, weil das | |
Kindeswohl laut gesetzlicher Wertung in Ehen besser gewahrt sei. Nur der | |
Gesetzgeber könne diese Wertung verändern. Gesundheitsminister war damals | |
ausgerechnet der FDP-Liberale Daniel Bahr. | |
Tatsächlich ist die gesetzliche Pflicht, die Kosten der künstlichen | |
Befruchtung zu bezuschussen, auf Ehepaare beschränkt (Paragraf 27a SGB V). | |
Das Bundesverfassungsgericht hat diese Ungleichbehandlung in einem Urteil | |
von 2007 auch akzeptiert. | |
Der Gesetzgeber dürfe in Ehen stabilere Rahmenbedingungen für Kinder sehen | |
als in sonstigen Beziehungen. Der Bundestag könne die Leistungspflicht der | |
Kassen allerdings auch ausweiten, so Karlsruhe damals. | |
Die Berliner BKK argumentierte nun, dass auch sie als Kasse freiwillig mehr | |
leisten dürfe als das gesetzliche Minimum. Schließlich erlaube das Gesetz | |
ausdrücklich zusätzliche Leistungen bei der künstlichen Befruchtung | |
(Paragraf 11 SGB V). | |
## Ausweitung nicht erlaubt | |
Wie schon die Vorinstanz, das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, | |
entschied nun aber auch das Bundessozialgericht gegen die fortschrittliche | |
Kasse. Sie dürfe zwar Ehepaaren zusätzliches Geld für die Befruchtung | |
zahlen, aber nicht die Leistung auf unverheiratete Paare ausweiten. Das | |
widerspreche der gesetzlichen Wertung. Diese gehe davon aus, dass nur | |
Ehepaare gefördert werden, und das auch nur mit eigenen Ei- und | |
Samenzellen. | |
„Dem Gesetz liege die Vorstellung einer „Paarbeziehung von Mann und Frau“ | |
zugrunde, „in der gegenseitige Solidarität nicht nur faktisch gelebt wird, | |
solange es gefällt, sondern rechtlich eingefordert werden kann“, so das | |
BSG. Die Ehe werde dort als „eine Lebensbasis für ein Kind“ angesehen, „… | |
den Kindeswohlbelangen mehr Rechnung trägt als eine nichteheliche | |
Partnerschaft.“ (Az.: B 1 A 1/14 R) | |
Nun ist der Bundestag gefragt. Er könnte nun generell die | |
Kassenfinanzierung für künstliche Befruchtung auch für unverheiratete Paare | |
öffnen. Er könnte als Kompromiss aber zumindest den willigen Kassen eine | |
freiwillige Leistung erlauben. | |
18 Nov 2014 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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