| # taz.de -- Social Freezing: iZelle jetzt vorbestellen | |
| > Apple und Facebook zahlen Mitarbeiterinnen das Einfrieren ihrer Eizellen. | |
| > So kann Frau Karriere machen und der Konzern die Quote steigern. | |
| Bild: Die Eizelle wird eingefroren und erst wieder aufgetaut, wenn die Frau sic… | |
| Silicon Valley im Jahr 2034. Das Unternehmen Apple, einst für | |
| zukunftsweisendes Design und innovative Ideen bekannt, hat einiges an | |
| Hipness eingebüßt. Anfang vierzigjährige Frauen, die Rücken gebeugt, die | |
| Augen trüb nach zwanzig Jahren vor dem Bildschirm, schieben Buggys über das | |
| Gelände und wirbeln dabei den Staub auf, der dem Ausbau des betriebseigenen | |
| Kindergartens geschuldet ist. Andere sitzen in der Kantine und weinen still | |
| in ihren Smoothie, weil ihnen ihr Arzt gerade eröffnet hat, dass das mit | |
| der künstlichen Befruchtung leider wieder nicht geklappt hat. Nebenan bei | |
| Facebook: dasselbe Bild. | |
| So könnte das aussehen in 20 Jahren. Denn am Mittwoch wurde bekannt, dass | |
| Apple seinen Mitarbeiterinnen einen finanziellen Anreiz bieten will, wenn | |
| sie ihre Eizellen einfrieren lassen und eine Schwangerschaft erstmal | |
| aufschieben. Laut einem NBC-Bericht plant das Unternehmen, bis zu 16.000 | |
| Euro zu übernehmen. Eizellen einfrieren zu lassen, kostet bis zu 8.000 | |
| Euro, die Lagerung jährlich noch mal rund 400 Euro. Apple will das | |
| iZellen-Projekt laut NBC im Januar starten, bei Facebook bekommen | |
| Mitarbeiterinnen schon jetzt Geld, wenn sie sich fürs Büro und gegen | |
| Familie entscheiden. | |
| Was zunächst aussieht wie ein großzügiger Bonus, zahlt sich natürlich vor | |
| allem für die Unternehmen aus. Sie stellen damit sicher, dass weniger | |
| Mitarbeiterinnen im fruchtbaren Alter schwanger werden und als | |
| Arbeitskräfte ausfallen. Obendrein können sie sich in Zukunft dafür rühmen, | |
| dass sie die Frauenquote steigern, die zum Beispiel bei Facebook aktuell | |
| bei 31 Prozent liegt. Das Wohl der Frauen hingegen scheint den Unternehmen | |
| erstmal egal zu sein. Denn was passiert, wenn die Mitarbeiterinnen ihre | |
| Eizellen wieder auftauen und sich einpflanzen lassen? | |
| Je nachdem, wie lange sie damit warten und wie alt sie dann sind: Eine | |
| späte Schwangerschaft birgt bekanntlich deutlich mehr Risiken. Außerdem, | |
| und das ist noch viel riskanter: Es gibt keine Garantie, dass die Methode, | |
| mithilfe eingefrorener Eizellen schwanger zu werden, auch bei jeder Frau | |
| funktioniert. Aber keine Sorge: Auch da hat Apple vorgesorgt. Wer kein Kind | |
| bekommen kann, der darf sich eben eins adoptieren – die Firma zahlt. | |
| ## Keine Kinder, keine Kosten | |
| Nun ist es zwar so, dass es in den USA keinen gesetzlichen Anspruch auf | |
| bezahlten Mutterschutz oder Elternzeit gibt und selbst bei Geburt oder | |
| Krankheit den Arbeitnehmern Urlaubstage abgezogen werden. Im Vergleich dazu | |
| liegen Apple und Facebook weit vorne, was Zusatzleistungen für ihre | |
| Mitarbeiter betrifft: Beide Unternehmen haben Betriebskindergärten, | |
| gewähren ihren Mitarbeiterinnen mindestens vier Monate bezahlte Elternzeit | |
| und 4.000 Dollar Kindergeld. Aber das kann man natürlich prima verrechnen: | |
| Sollten sich tatsächlich etliche Frauen bei Facebook und Apple dafür | |
| entscheiden, ihren Kinderwunsch erstmal zugunsten der Karriere | |
| aufzuschieben, sparen die Unternehmen ja auch. Weniger bezahlte Elternzeit, | |
| weniger Kindergeld – und vielleicht sogar, wenn es richtig gut läuft, | |
| weniger Personal in den Unternehmens-Kitas. Weil: weniger Kinder. | |
| Wenn es den beiden Firmen wirklich um ihre Mitarbeiterinnen und deren | |
| Nachwuchs ginge, könnten sie genauso gut das Geld, das sie jetzt für das | |
| Einfrieren von Eizellen ausgeben, in eine längere Elternzeit investieren. | |
| Oder in noch bessere Kinderbetreuung. Aber vielleicht gehen Apple und | |
| Facebook ja auch einfach davon aus, dass die Frauen, wenn sie dann einmal | |
| Kinder wollen, sowieso nicht mehr bei ihnen arbeiten. Die Branche ist | |
| schließlich schnelllebig. | |
| Na, dann: danke für die fruchtbare Zusammenarbeit! | |
| 15 Oct 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Franziska Seyboldt | |
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