# taz.de -- Kommentar Social Freezing: Ein Akt der Selbstbestimmung | |
> Das moralische Unwohlsein, wenn Arbeitgeber eine Eizellenentnahme zahlen, | |
> ist nachvollziehbar. Aber es taugt nicht, um das Angebot zu verdammen. | |
Bild: Gruselig, wenn dem Kindermachen jegliche Romantik genommen scheint und Fa… | |
Wieder einmal kommen sich Wirklichkeit und Science-Fiction ein bisschen | |
näher. Dabei kann es einer schon kalt den Rücken herunterlaufen bei der | |
Vorstellung, dass Arbeitgeber die Kosten dafür übernehmen, wenn Frauen sich | |
Eizellen entnehmen lassen, um fit für eine mögliche Befruchtung in einer | |
fernen Zukunft zu sein – und entsprechend all ihre Kraft der Gegenwart in | |
Job und Karriere stecken können. Es gruselt, weil dem Kinderkriegen – oder | |
besser dem Kindermachen – jegliche Romantik genommen scheint und Familie | |
nach knallharten Kriterien geplant wird. | |
Der Terminus „social freezing“ irritiert zudem. In Deutschland schwingt | |
beim Thema künstliche Befruchtung immer auch die Sorge mit, dass die | |
technischen Möglichkeiten zur Auslese irgendwann genutzt werden; dass die | |
Eizellen und Spermien also sortiert werden in gesund und krank und schwarz | |
und weiß – und was alles noch so entdeckt wird an Kodierungen auf der | |
Doppelhelix der DNA. Entsprechend nachvollziehbar ist das moralische | |
Unwohlsein. | |
Es taugt dennoch nicht dafür, das Angebot von Apple und Facebook, das die | |
Unternehmen ihren Mitarbeiterinnen machen, grundsätzlich zu verdammen. Auch | |
hierzulande ist Familienplanung keine „natürliche“ Angelegenheit: Es wird | |
verhütet, hormonell unterstützt, Potenz gesteigert, Abtreibungen sind | |
straffrei, und die künstliche Befruchtung gibt es dreimal teilfinanziert | |
sogar auf Krankenschein. | |
Nun gehen die Amerikaner einen Schritt weiter. Da Kindergärten und dicke | |
Sonderzahlungen nicht ausreichen, um den Frauenanteil im Silicon Valley auf | |
eine akzeptable Quote zu erhöhen, machen die Hightech-Unternehmen dieses | |
Angebot: Kühl und berechnend, die technischen Möglichkeiten nutzend und | |
strategisch smart vermarktet, klingt es nach einem coolen Deal für die | |
Frau, die gern vorsorgt. Allemal wenn sie eben in den USA lebt, ohne die | |
Möglichkeiten von Elternzeit und nur sehr dürftigen Auszeiten vor und nach | |
der Geburt. | |
Möglichkeiten können missbraucht werden. Das ist bei der Sterbehilfe | |
genauso wie beim „social freezing“. Grundsätzlich aber ist dieses Angebot | |
ein Akt der Selbstbestimmung, den es zu begrüßen gilt. Der Hauptgrund für | |
Kinderlosigkeit sind aber nicht die Karrierewünsche der Frauen – sondern | |
ist die Tatsache, dass der richtige Mann fehlt. Dieses Problem kann man | |
durch „social freezing“ vertagen. Gelöst wird es dadurch nicht. | |
16 Oct 2014 | |
## AUTOREN | |
Ines Pohl | |
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