# taz.de -- Zuschüsse für künstliche Befruchtung: Schwesigs Luftnummer | |
> Auch Unverheiratete sollen Zuschüsse für künstliche Befruchtung bekommen. | |
> Wegen der Gesetzeslage gilt das aber nur in Sachsen-Anhalt. | |
Bild: Nur für verheiratete Zellen (außer in Sachsen-Anhalt): Künstliche Befr… | |
BERLIN taz | Es war ein PR-Coup, mit dem die Bundesfamilienministerin | |
Manuela Schwesig (SPD) sich und ihre Familienförderpolitik in Szene setzte: | |
„Künstliche Befruchtungen auch ohne Trauschein“, titelte Bild am Sonntag am | |
17. Mai. In dem Artikel verkündete die Ministerin, die finanzielle | |
Förderung künstlicher Befruchtungen durch den Bund ausweiten zu wollen. | |
Auch nicht verheiratete Paare sollten künftig Zuschüsse für | |
reproduktionsmedizinische Behandlungen beantragen können, alles andere sei | |
nicht mehr zeitgemäß. | |
Viele Menschen können die hohen Kosten einer künstlichen Befruchtung – pro | |
Versuch um die 4.500 Euro – kaum tragen. Bislang können lediglich Eheleute | |
ihren Kinderwunsch vom Staat finanziell fördern lassen; seit 2012 | |
bezuschusst der Bund die ersten vier Versuche einer künstlichen | |
Befruchtung, wodurch der Eigenanteil der Ehepaare um rund 25 Prozent sinkt. | |
Die gesetzlichen Krankenkassen wiederum dürfen sich nach dem | |
Sozialgesetzbuch ausschließlich an den Kosten von Verheirateten beteiligen. | |
Für die zur Neuregelung notwendigen Zusatzmittel von 400.000 Euro pro Jahr | |
gebe es bereits eine Zusage aus dem Finanzministerium, so ein Sprecher | |
Schwesigs. | |
Doch jetzt stellt sich heraus: Schwesigs Vorpreschen ist nichts als heiße | |
Luft. Für die meisten Betroffenen – und zwar völlig gleichgültig, ob mit | |
oder ohne Trauschein – wird sich nichts ändern. Das hat nun ausgerechnet | |
Schwesigs Parlamentarische Staatssekretärin Elke Ferner (SPD) bestätigt: | |
„Zuwendungsfähig sind nur solche Behandlungskosten, an denen sich das | |
jeweilige Hauptwohnsitzbundesland der Empfänger finanziell in mindestens | |
gleicher Höhe wie der Bund beteiligt“, antwortete sie auf eine Anfrage des | |
Grünen-Abgeordneten Harald Terpe. Und, so Ferner: „Die vom | |
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geplante | |
Änderung lässt diese Voraussetzung unberührt.“ | |
Übersetzt heißt das: Solange die Länder nicht kooperieren, kommt niemand in | |
den Genuss von Fördermitteln. Bislang aber sind lediglich | |
Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und | |
Thüringen zur Kofinanzierung bereit; alle anderen Länder gewähren keinen | |
Zuschuss – weder für Verheiratete noch für Unverheiratete. In elf Ländern | |
also bleibt Paaren die staatliche Förderung sowieso komplett versagt. Die | |
geplante Aufstockung der Bundesmittel wird daran nichts ändern. | |
## Ein einziges Bundesland macht mit | |
Aber das ist noch nicht alles: In der Handvoll Bundesländer nämlich, in | |
denen Paaren ein Zuschuss gewährt wird, ist dieser mit der Voraussetzung | |
verknüpft, dass es sich um Verheiratete handelt. Einzige Ausnahme ist das | |
Bundesland Sachsen-Anhalt, das auch Unverheiratete fördert. Sollten die | |
übrigen Länder ihre Förderrichtlinien also nicht ändern, dann gehen nicht | |
verheiratete Paare dort ebenfalls – wie bisher auch – leer aus. | |
Bliebe noch die Möglichkeit, dass die Bundesregierung das Fünfte | |
Sozialgesetzbuch ändert. Dort ist in § 27a festgeschrieben, dass | |
Krankenkassen die künstliche Befruchtung ausschließlich von Paaren mit | |
Trauschein bezuschussen dürfen. Bereits im Sommer 2014 hatte Schwesig eine | |
Änderung proklamiert – doch das federführende | |
CDU-Bundesgesundheitsministerium lässt die SPD-Familienministerin seither | |
auflaufen. | |
Nichts dergleichen sei geplant, teilte die Parlamentarische | |
Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Annette Widmann-Mauz | |
(CDU), Ende Mai auf Anfrage der Grünen mit. Die Ökopartei hatte wissen | |
wollen, ob eine Ausweitung der Kassenleistungen auf nicht verheiratete | |
Paare geplant sei. Widmann-Mauz’ Antwort fiel ebenso knapp wie | |
unmissverständlich aus: Es könnten „Personen, die miteinander verheiratet | |
sind, einen Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung | |
zur künstlichen Befruchtung haben“, schrieb sie. „Die Initiative der | |
Bundesfamilienministerin ist offensichtlich ein Bluff“, kommentiert der | |
grüne Gesundheitspolitiker Terpe. | |
1 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Heike Haarhoff | |
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