# taz.de -- Beschluss des BVerfG: Auch Afrikaner sind gute Väter | |
> Eine voreingenommene Gutachterin sorgte dafür, dass ein Ghanaer das | |
> Sorgerecht für seine Tochter verlor. Karlsruhe fordert eine neue Prüfung. | |
Bild: Manchmal steckt viel Weisheit unter diesen Mützen. | |
KARLSRUHE taz | Eltern darf das Sorgerecht für ihr Kind nur entzogen | |
werden, wenn das Kindeswohl ernsthaft gefährdet ist. Daran erinnerte jetzt | |
das Bundesverfassungsgericht. Vorurteile und subjektive Vorstellungen über | |
die bestmögliche Erziehung eines Kindes dürften bei der Entscheidung über | |
das Sorgerecht keine Rolle spielen. | |
Konkret ging es um einen Mann aus Ghana, der als Asylbewerber nach | |
Deutschland kam und alsbald Vater wurde. Da die Mutter psychisch krank und | |
drogenabhängig war, intervenierte das Jugendamt und brachte das Mädchen | |
gleich nach der Geburt im Februar 2013 bei einer Pflegefamilie unter. Im | |
September 2013 entzog das Amtsgericht Paderborn den leiblichen Eltern das | |
Sorgerecht und stützte sich dabei im wesentlichen auf das Gutachten einer | |
Sachverständigen. Der Vater lebt inzwischen mit einer neuen Partnerin | |
zusammen und möchte seine Tochter selbst erziehen. | |
Wie eine Kammer des Verfassungsgerichts nun feststellte, war die | |
Gutachterin voreingenommen. Sie unterstellte dem Vater, er bevorzuge | |
„afrikanische Erziehungsmethoden“, die gewaltsam und durch Unterwerfung der | |
Kinder geprägt seien. Die Richter konnten dafür aber keine Belege finden. | |
Außerdem, so die Gutachterin, könne der Mann dem Kind kein „gutes Vorbild | |
im rechtsstaatlichen Sinne“ sein. Da er einen Asylantrag gestellt habe, | |
obwohl er in Deutschland nur arbeiten wolle, habe er „das Asylantengesetz | |
unterlaufen“. Die Richter stellten fest, dass es der Gutachterin wohl an | |
Rechtskenntnissen mangele und asylrechtliche Fragen auch nichts mit der | |
Erziehungsfähigkeit zu tun hätten. | |
## Sorgerechtsentscheidung aufgehoben | |
Schließlich unterstellte die Gutachterin dem Mann auch, dass er an der | |
Tochter, der Mutter des Kindes und der neuen Partnerin jeweils nur ein | |
instrumentelles Interesse habe, um seinen Aufenthalt in Deutschland zu | |
sichern. Auch hier fehle es der Gutachterin an der „gebotenen Neutralität“, | |
so die Richter. | |
Ganz grundsätzlich wende die Gutachterin einen falschen Maßstab an, wenn | |
sie prüfe, ob Eltern in der Lage sind, Kinder auf ihre „persönliche | |
Bestleistung hin“ zu fördern. Die Verfassungsrichter betonen, dass Eltern | |
grundsätzlich „nach eigenen Vorstellungen darüber entscheiden können, wie | |
sie die Pflege und Erziehung ihrer Kinder gestalten und damit ihrer | |
Elternverantwortung gerecht werden wollen“. Die „spezifisch elterliche | |
Zuwendung“ diene dem Wohl der Kinder in der Regel am besten, so die | |
Karlsruher Richter. Der Staat (und damit auch die Gutachterin) dürfe die | |
Frage des Sorgerechts nicht mit einer subjektiven Vorstellung von | |
„bestmöglicher“ Förderung für das Kind verbinden. | |
Da die Familiengerichte die Wertungen der Gutachterin im wesentlichen ohne | |
große Auseinandersetzung übernommen haben, hoben die Verfassungsrichter die | |
Sorgerechtsentscheidung auf. Die Verfassungsbeschwerde des Ghanaers sei | |
„offensichtlich begründet“. Das Oberlandesgericht Hamm muss nun neu über | |
das Sorgerecht des Ghanaers entscheiden, der seine Tochter unter Aufsicht | |
des Jugendamtes regelmäßig trifft. (Az.: 1 BvR 1178/14) | |
Hinweis der Redaktion: Im Artikel stand ursprünglich fälschlicherweise, der | |
Mann käme es aus Gambia. Er ist aber Ghanaer. Wir bitten, den Fehler zu | |
entschuldigen. | |
28 Nov 2014 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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