# taz.de -- Kommentar Neues Asylgesetz: Lautlos eingeknickt | |
> Die Grünen haben der Einschränkung der EU-Freizügigkeit zugestimmt. Denn | |
> mit liberaler Flüchtlingspolitik gewinnt man keine Wähler. | |
Bild: Brunswick, August 2014. Flüchtlinge trocknen ihre Wäsche – in der Unt… | |
Sind die Grünen käuflich? Der Eindruck könnte sich aufdrängen, wenn man | |
sieht, wie geräuschlos der Bundesrat am Freitag das Paket durchgewunken | |
hat, das die Bundesregierung zu Flüchtlingen und zur EU-Freizügigkeit | |
geschnürt hat. Eine Milliarde Euro hat der Bund den Ländern für die | |
nächsten zwei Jahre versprochen, damit sie ihre Flüchtlinge besser | |
unterbringen und versorgen können. | |
Dafür stimmten auch rot-grün-regierte Länder den durch ein | |
Verfassungsgerichtsurteil notwendig gewordenen Verbesserungen beim | |
Asylbewerberleistungsgesetz sowie den umstrittenen Maßnahmen gegen eine | |
angeblich drohende „Armutswanderung“ aus Osteuropa zu. Das ist pikant. | |
Als die Bundesregierung im August ihre Pläne zur Verhinderung von | |
angeblichem „Sozialmissbrauch“ durch EU-Zuwanderer vorstellte, da sprachen | |
die Grünen noch von „blankem Populismus“ und davon, damit werde „die | |
europäische Idee in die Tonne“ getreten. Und nun dieser Sinneswandel? | |
Tatsache ist: Für eine Verbesserung bei der Gesundheitsversorgung von | |
Asylbewerbern haben die Grünen diese bittere Pille geschluckt. Auf ihr | |
Drängen hin sollen Flüchtlinge bald überall Gesundheitskarten bekommen | |
können, so wie es in Bremen und Hamburg bereits Praxis ist. Dafür haben die | |
Grünen einer Begrenzung der EU-Freizügigkeit zugestimmt, von der sie selbst | |
sagen, dass sie gegen europäisches Recht verstößt. Ob das ein akzeptabler | |
Kompromiss ist, ist Ansichtssache. | |
Ganz überraschend ist es aber nicht, dass die Grünen so lautlos eingeknickt | |
sind. Schon bei der Einschränkung des Asylrechts für Flüchtlinge vom | |
westlichen Balkan hatte sich Baden-Württembergs Ministerpräsident | |
Kretschmann erst kürzlich recht biegsam gezeigt. Den Schikanen gegen | |
EU-Einwanderer, die sich die CSU ausgedacht hat, stimmt seine Partei jetzt | |
ebenfalls zu. | |
Die profane Wahrheit ist wohl: Auch die Grünen wissen, dass man mit einer | |
liberalen Flüchtlings- und Einwanderungspolitik allein keine Wahlen | |
gewinnt. Darum genießt das Thema auch bei ihnen keine Priorität mehr. | |
28 Nov 2014 | |
## AUTOREN | |
Daniel Bax | |
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