# taz.de -- Sozialdemokraten streiten über Ceta: Eine kleine Parteibefragung | |
> SPD-Chef Sigmar Gabriel will Ceta akzeptieren und verärgert so die Basis. | |
> Jetzt soll ein Parteikonvent 2015 die Sache richten. | |
Bild: Die SPD streitet um eine Haltung über das Freihandelsabkommen Ceta | |
BERLIN taz | Die SPD-Spitze lenkt ein wenig ein – kann ihre Partei damit | |
aber nicht beruhigen: Die Sozialdemokraten streiten weiter über ihre | |
Haltung zum EU-Freihandelsabkommen mit Kanada (Ceta). | |
Nachdem Parteichef Sigmar Gabriel vergangene Woche angekündigt hatte, dass | |
die Bundesregierung dem Abkommen ohne Wenn und Aber zustimmen werde, machte | |
er am Wochenende einen kleinen Rückzieher: Vor einer Entscheidung im | |
Bundestag wolle er zunächst noch mal seine Partei befragen. | |
Dafür will die SPD im ersten Halbjahr 2015 einen Parteikonvent einberufen, | |
ergänzte Generalsekretärin Yasmin Fahimi am Montag in der Stuttgarter | |
Zeitung. Dort soll die Partei darüber entscheiden, ob sie das | |
Freihandelsabkommen mit Kanada akzeptiert oder nicht. | |
Bereits auf dem letzten Konvent – einer Art kleiner Parteitag mit rund 200 | |
Delegierten – im September war Ceta Thema gewesen. Hinter verschlossenen | |
Türen verabschiedeten die Delegierten damals einen Beschluss, der nicht nur | |
für das Vertragswerk mit den Kanadiern, sondern auch für das EU-Abkommen | |
mit den Vereinigten Staaten, TTIP, galt: Darin hieß es unter anderem, die | |
besonders umstrittenen Investor-Staat-Schiedsverfahren „seien in jedem Fall | |
abzulehnen“. Davon ist Parteichef Gabriel inzwischen abgerückt. | |
## Unberechenbare Delegierte | |
Einige Delegierte hatten das schon im September befürchtet, deshalb stellte | |
Luisa Boos, Ortsverbandsvorsitzende aus dem Schwarzwald, damals einen | |
Änderungsantrag: Bevor sich der Bundestag mit Ceta (voraussichtlich 2015) | |
und TTIP (wohl erst in zwei bis drei Jahren) befasst, solle ein Parteitag | |
über die Abkommen abstimmen dürfen. Der Konvent vom September habe den | |
Antrag auch angenommen, behaupten Boos und zahlreiche weitere Delegierte | |
aus verschiedenen Bundesländern. | |
Diese Vorgabe hätte ein „Ja“ zu den Abkommen erschwert: Ein Parteitag mit | |
über 500 Delegierten, viele davon aus der Basis, ist unberechenbar. Vor | |
allem bei Themen wie Ceta und TTIP, die vielen SPD-Mitgliedern | |
Bauchschmerzen bereiten. | |
Allein: Als die Parteizentrale den Konventsbeschluss noch am selben Abend | |
per E-Mail an Mitglieder und Journalisten schickte, fehlte der Satz, der | |
einen Parteitag fordert. | |
Boos beschwerte sich beim Willy-Brandt-Haus, das prompt einen Satz | |
einfügte. Allerdings: Von einem Parteitag und von Ceta ist darin jedoch | |
keine Rede mehr. „Nach einem etwaigen Abschluss der TTIP-Verhandlungen | |
werden die Beschlussgremien der Partei mit dem Thema erneut befasst“, heißt | |
es inzwischen nur noch. Zahlreiche Delegierte und sogar der | |
baden-württembergische Landesvorstand schrieben daraufhin an den | |
Parteivorstand und baten um eine Klarstellung. Eine Antwort erhielten sie | |
nach eigenen Angaben nicht. | |
## Ein abgespeckter Parteitag | |
Nun hat Gabriel zwar öffentlich angekündigt, einen Extra-Konvent | |
einzuberufen und über Ceta abstimmen zu lassen. Gelöst ist der Konflikt | |
damit aber noch nicht. „Das ist besser als nichts“, sagt die Delegierte | |
Boos. „Aber es entspricht nicht dem, was wir im September beschlossen | |
haben. Ein Parteitag wäre mir lieber.“ | |
Dabei geht es nicht nur um Haarspalterei: So sind die Öffentlichkeit und | |
SPD-Mitglieder ohne Stimmrecht bei Konventen normalerweise ausgeschlossen. | |
Außerdem ist der Anteil der Abgeordneten und Funktionäre höher als auf | |
einem Parteitag. Dass sie dem Abkommen der Parteiräson zuliebe zustimmen – | |
Schiedsgerichte hin oder her – ist damit wahrscheinlicher. | |
Wenn auch nicht unausweichlich: Einzelne Bundestagsabgeordnete hatten schon | |
in der vergangenen Woche ihren Widerstand angekündigt. So hatte der | |
Dortmunder SPD-Abgeordnete Marco Bülow in der taz gefordert, Ceta im | |
Zweifel ganz scheitern zu lassen. | |
Etwas diplomatischer legte nun in der Stuttgarter Zeitung Carsten Sieling | |
nach, der Sprecher der Parlamentarischen Linken. „Ich gehe davon aus, dass | |
unsere roten Linien bleiben.“ Kompromissbereitschaft zeigt dagegen der | |
Parteilinke und Bundesvize Ralf Stegner: Es gehe nicht um die Frage, ob es | |
am Ende Schiedsgerichte gebe, sondern darum, was diese dürften. | |
Auf diese Schiene setzt auch Gabriel: Anstatt die umstrittenen Klauseln | |
ganz zu verhindern, möchte er sie entschärfen – und seiner Partei damit | |
schmackhaft machen. An welche Punkte er dabei denkt, etwa an die | |
Berufungsinstanzen oder an die Besetzung der Richterstellen, das verrät der | |
SPD-Vorsitzende bislang aber nicht. | |
1 Dec 2014 | |
## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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