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# taz.de -- Kommentar Streik in Belgien: Eine echte Sauerei
> Der Ausstand in Belgien ist ein politischer Streik. Einer gegen die
> rechtsliberale Regierung. Aber auch einer gegen den drohenden Zerfall des
> Staates.
Bild: Bereits im November wurde der Antwerpener Hafen bestreikt.
Man stelle sich einmal vor, eine neue Bundesregierung käme daher und
verkündete die Rente mit 67, einen landesweiten Lohnstopp sowie drastische
Kürzungen im Sozialbudget. Außerdem sollte die Bundeswehr um 30 Prozent
zusammengestrichen werden, und einige Dutzend Botschaften in aller Welt
müssten dichtmachen.
Das würde wohl sogar die bräsigen Deutschen auf die Palme bringen.
Sozialabbau, Staatsabbau, Angriff auf die Tarifautonomie – aus gutem Grund
hat noch keine Bundesregierung einen solchen Kahlschlag gewagt. Doch in
Belgien ist das anders. Die neue rechtsliberale Regierung in Brüssel macht
all das, und noch viel mehr.
Kein Wunder also, dass die Belgier auf die Straße gehen. Gestern erlebte
das Königreich einen Generalstreik, wie es ihn seit den 80er Jahren nicht
mehr gegeben hat. Alle Räder standen still, weil dies nicht nur die
Gewerkschaften, sondern auch die Mehrheit der Belgier so wollten. Ihrem
neuen Premier Charles Michel schenken nur noch 20 Prozent das Vertrauen.
Es war ein politischer Streik, ein Streik gegen die neue Regierung, aber
auch gegen den drohenden Zerfall des Staates. Schon seit Jahren arbeiten
die Separatisten in Flandern daran, der Regierung in Brüssel den Geldhahn
zuzudrehen und die Föderation zu schwächen. Ihr Anführer Bart De Wever
wähnt sich nun fast am Ziel; er zieht in der rechtsliberalen Koalition die
Fäden.
Es ist ein Trauerspiel, dass ihm ausgerechnet die EU-Kommission in die
Hände spielt. Die Brüsseler Behörde hat neue Budgetkürzungen für 2015
gefordert, Belgien steht mit Italien und Frankreich auf der schwarzen Liste
der EU. Auf soziale oder politische Belange nimmt sie dabei keine Rücksicht
– dabei hatte Kommissionschef Jean-Claude Juncker doch gelobt, künftig mehr
ans Soziale zu denken.
Ein Trauerspiel ist auch, dass sich Brüssel (EU) und Brüssel (BE) weigern,
endlich auch den Wohlhabenden in die Tasche zu greifen. Dabei ist der
Austeritätskurs nur dann noch zu rechtfertigen, wenn nicht nur
Arbeitnehmer, sondern auch Unternehmer und Kapitaleigner zur Kasse gebeten
werden. Doch da tut sich nichts – trotz LuxLeaks und ähnlicher Enthüllungen
in Belgien. Es ist eine zum Himmel schreiende Ungerechtigkeit. Kein Wunder,
dass sie im Generalstreik mündet – und in einer Abkehr von der EU.
15 Dec 2014
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Belgien
Streik
Arbeitskampf
Gewerkschaft
LuxLeaks
EU
Juncker
Belgien
Amazon
Tarifeinheit
Brüssel
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