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# taz.de -- Generalstreik in Belgien: Nichts geht mehr
> Ein Generalstreik legt Belgien lahm: Züge, Flüge und Unterricht fallen
> aus. Das Sparpaket wird nicht nur von Gewerkschaften abgelehnt.
Bild: In Brüssel wird es auch im Straßenverkehr schwierig.
ANTWERPEN taz | Die Streikwelle in Belgien erreichte am Montag ihren
vorläufigen Höhepunkt: Der von den Gewerkschaftsverbänden ausgerufene
Generalstreik legte weite Teile des öffentlichen Dienstes im gesamten Land
lahm. Zug- und Luftverkehr waren ausgesetzt, in den Häfen wurde nicht
gearbeitet.
Sowohl in Gent als auch in Antwerpen waren die Zufahrtswege blockiert,
Streikposten und Barrikaden standen auf Autobahnen und in
Industriegebieten. Auch der größte Teil des Lehrpersonals blieb zu Hause.
„Noch nie gab es einen so starken Streik in gemeinsamer Front, von Nord
nach Süd und von Ost nach West“, so Marie-Hélène Ska, die Sekretärin des
christlichen Gewerkschaftsverbands ACV - CSC.
Seit November protestieren die belgischen Gewerkschaften gegen ein 11
Milliarden Euro schweres Sparpaket der rechts- liberalen Regierung. Zur
Haushaltsanierung soll unter anderem das Rentenalter von 65 auf 67 steigen.
Die automatische Kopplung von Lohn- und Preisentwicklung wird mindestens
ein Jahr ausgesetzt. „Das bedeutet zwei Prozent weniger Lohn“, so Marc
Bogaert, Sekretär der Antwerpener Abteilung der sozialistischen
Gewerkschaft im Öffentlichen Dienst (AOCD).
Allein im Schienenverkehr sollen jährlich 650 Millionen Euro gespart
werden. Dazu will man unter anderem pensionierte Arbeitnehmer nicht mehr
durch neue ersetzen. „Dabei haben wir jetzt schon Personalmangel“, sagte
Bogaert an einem Streikposten vor dem Bahnhof Antwerpen-Berch
Wie schon bei den vorangegangenen regionalen Streiks in den vergangenen
Wochen lag auf der flämischen Metropole Antwerpen besonderes Augenmerk. Zum
einen war das bedingt durch die politischen Konstellation: Die Hafenstadt
ist eines der Zentren der separatistischen Niew-Vlaamse Alliantie (N-VA),
die mit Bart De Wever den Bürgermeister stellt. „Eigentlich ist er der
Schattenpremier“, so Wim Vandeplas, ein Delegierter der christlichen
Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes.
## Polizeihubschrauber im Tiefflug
Im Brennpunkt steht Antwerpen allerdings auch wegen der Dockarbeiter, die
zu den entschlossensten Gruppen nicht nur in diesem Streik zählen. Schon
mit dem ersten Licht kreisten Polizeihubschrauber im Tiefflug über dem
Streikposten an Kai 74. Am frühen Morgen hatten sich mehr als 100 Arbeiter
versammelt, darunter Routiniers wie der frühpensionierte Roger Stuyck (59),
der vier Jahrzehnte lang als Schauer arbeitete.
„Nur die Arbeitnehmer zahlen die Rechnung, während Betriebe auf unsere
Kosten Gewinn machen. Es wird Zeit, dass Multinationale auch zur Kasse
gebeten werden.“ Erst vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass Belgien seit
2005 internationale Unternehmen mit „einzigartigen Steuervorteilen“ ins
Land zu locken versucht.
Wie schon bei den regionalen Streiks kam es erneut zu
Solidaritätsbekundungen der Bürgerbewegung „Hart boven hard“. In Gent
hielten die Unterstützer bereits am Sonntag eine Kundgebung im Zentrum ab.
In Antwerpen nahmen rund 1.000 Menschen an einer Fahrradtour entlang
mehrerer Streikposten teil, um ihren Protest gegen die Politik des
„sozialen Abbruchs“ zu äußern.
In den kommenden Tagen werden die Gewerkschaftsverbände nun zunächst das
Ergebnis der Streikwelle evaluieren. Ob weiter protestiert wird, dürfte
danach vor allem von der Bereitschaft der Regierung abhängen, über einzelne
Punkte der Sparagenda neu zu verhandeln. Zuletzt hatte es entsprechende
Signale gegeben. Andernfalls dürfte das neue Jahr in Belgien so
streikfreudig beginnen, wie das alte aufhört.
15 Dec 2014
## AUTOREN
Tobias Müller
## TAGS
Belgien
Generalstreik
Gewerkschaft
Steven Spielberg
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Panne
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