| # taz.de -- Friedrichs Kritik an Merkels CDU: Das willkommene Genörgel | |
| > Die Frage, worin noch der konservative Kern besteht, beschäftigt nicht | |
| > nur den Exminister. Aber die CDU hat einen Auftrag: mehr Frauen und | |
| > Zuwanderer. | |
| Bild: Ex-Außenminister Friedrich schreitet rechts der Kanzlerin | |
| BERLIN taz | Christiane Wirtz schaut indigniert. Gerade ist die | |
| stellvertretende Regierungssprecherin in der Bundespressekonferenz gefragt | |
| worden, wie die Kanzlerin auf Hans-Peter Friedrichs Spiegel-Interview | |
| reagiert hat. Diese Frage, antwortet Wirtz schließlich, möge man doch | |
| besser an die CDU richten. „Sie können aber davon ausgehen, dass sich die | |
| Bundeskanzlerin Gedanken darüber macht, welche Regierungsvorhaben umgesetzt | |
| wurden.“ | |
| Es ist eine Antwort von jener Sorte, die routinemäßig auf unliebsame Fragen | |
| gegeben wird: hoheitsvoll und nichtssagend. Friedrich hatte in einem | |
| ansonsten anlasslosen Interview scharfe Kritik an der Politik der Kanzlerin | |
| geübt. Das Erstarken der AfD und das Aufkommen der Pegida-Bewegung | |
| bezeichnete er als Folge davon, dass die Unionsparteien „mit der Frage nach | |
| der Identität unseres Volkes und unserer Nation zu leichtfertig umgegangen“ | |
| seien. Anstatt konservative Wähler zu binden, habe sich die Kanzlerin | |
| entschieden, „der SPD und den Grünen die Themen wegzunehmen“. | |
| Postwendend wurde der CSU-Abgeordnete von seiner Landesgruppenchefin zur | |
| Ordnung gerufen. Gerda Hasselfeldt, enge Vertraute Angela Merkels, | |
| erklärte, sie teile Friedrichs Kritik nicht. „Die Union ist bei den Bürgern | |
| hoch angesehen, und Deutschland geht es ökonomisch sehr gut.“ Sie könne | |
| auch nicht erkennen, dass die AfD eine Gefahr für die Union sei. | |
| Grundsätzlich hat Hasselfeldt recht. In den jüngsten Umfragen liegt die | |
| Union bei 43 Prozent; die fast 20 Prozentpunkte Abstand zur SPD legen nahe, | |
| dass die Wählerschaft einen Unterschied zwischen konservativer und | |
| sozialdemokratischer Politik erkennt. Hinzu kommt, dass sich sowohl CDU als | |
| auch CSU ihren Kurs gerade auf prunkvollen Parteitagen bestätigen ließen. | |
| ## Ziel- und Zahnlosigkeit | |
| Dennoch taucht immer wieder die Frage auf, worin in Zeiten von Frauenquote | |
| und Mindestlohn noch der konservative Kern besteht. Und ob sich die Union | |
| nicht auch jenen andienen sollte, die etwa in der Zuwanderung eine Gefahr | |
| sehen. „Das C im Parteinamen“, so hatte es der CDU-Delegierte Eugen Abler | |
| beim Parteitag Anfang Dezember formuliert, müsse wieder „Richtschnur | |
| unseres täglichen Handelns sein“. Die Homo-Ehe, das Adoptionsrecht für | |
| gleichgeschlechtliche Partnerschaften sowie deren steuerrechtliche | |
| Gleichbehandlung seien falsche Signale für die Gesellschaft. | |
| Abler spricht für nicht wenige in der Union. Gleichwohl blieben alle | |
| bisherigen Versuche fruchtlos, CDU und CSU einen rechtskonservativen | |
| Anstrich zu verpassen. Ob halboffiziöse Unions-Bünde wie die | |
| „Einstein-Connection“ und der „Xantener Kreis“, ob der „Berliner Krei… | |
| CDU oder zuletzt der „Konservative Aufbruch“ der CSU – sie allen eint eine | |
| gewisse Ziel- und Zahnlosigkeit. Kein Wunder, bei 43 Prozent | |
| Wählerzustimmung fällt das Klagen schwer. | |
| Könnte Hans-Peter Friedrich mit seiner Kritik in Zeiten von AfD und Pegida | |
| recht haben? CDU-Generalsekretär Peter Tauber lehnt eine Stellungnahme dazu | |
| ab. Der 40-Jährige hat einen Auftrag von Merkel: Frauen, Junge und | |
| Zuwanderer sollen die Partei nicht nur wählen, sondern auch Mitglieder | |
| werden wollen. Ein Image wie das der xenophoben Pegida-Anführer oder der | |
| europafeindlichen AfD steht also nicht zur Debatte. Fast scheint es, als | |
| käme das Genörgel des Ex-CSU-Ministers gerade recht. | |
| 30 Dec 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Anja Maier | |
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