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# taz.de -- Gesetzesnovelle zur Psychiatrie: Maas verspricht „Lex Mollath“
> Psychisch gestörte Straftäter sollen früher aus der Psychiatrie entlassen
> werden. Zwei neue Fristen sollen die Unterbringung begrenzen.
Bild: Freigesprochen: Gustl Mollath im August 2014.
FREIBURG taz | Die Unterbringung von Straftätern in der Psychiatrie soll
stärker am Prinzip der Verhältnismäßigkeit ausgerichtet werden. Das schlägt
eine Bund-Länder-Kommission vor, deren Abschlussbericht nun vorliegt.
Justizminister Heiko Maas (SPD) will „zügig“ einen entsprechenden
Gesetzentwurf ausarbeiten.
Die geplante Reform ist eine Reaktion auf den Fall Gustl Mollath. Der
Nürnberger saß sieben Jahre in der Psychiatrie für Straftäter. Er soll 2001
im Wahn seine Frau gewürgt und Autoreifen vermeintlicher Gegner
aufgeschlitzt haben. Wegen Schuldunfähigkeit wurde er freigesprochen und
stattdessen in der Psychiatrie untergebracht. Nach heute überwiegender
Ansicht musste Mollath jedenfalls viel zu lange in der Psychiatrie sitzen.
Auch künftig wird die zwangsweise Unterbringung von psychisch kranken
Straftätern zeitlich nicht begrenzt. Eine Entlassung ist grundsätzlich erst
möglich, wenn der Täter nicht mehr gefährlich ist.
Diese Regel soll aber künftig durch zwei Fristen eingeschränkt werden. Nach
sechs Jahren soll ein Täter nur weiter in der Psychiatrie bleiben müssen,
wenn bei einer Entlassung Straftaten zu befürchten sind, „durch welche die
Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder in die Gefahr
einer schweren körperlichen oder seelischen Schädigung gebracht werden“.
Ein bloß wirtschaftlicher Schaden soll nicht mehr genügen.
## Externe Gutachten alle drei Jahre
Die zweite Frist liegt bei zehn Jahren. Dann soll es auch nicht mehr
reichen, dass potenzielle Opfer nur gefährdet werden. Dann wären etwa Täter
zu entlassen, die dazu neigen, unbewohnte Häuser anzuzünden.
Ob der jeweilige Grad an Gefährlichkeit vorliegt, wird jährlich überprüft.
Künftig soll aber alle drei Jahre (bisher alle fünf Jahre) ein externer
Gutachter befragt werden. Nach sechs Jahren soll sogar alle zwei Jahre ein
externer Psychiater hinzukommen. Außerdem sollen die externen
Sachverständigen abgewechselt werden, um Routinegutachten zu vermeiden.
Derzeit sitzen rund 7.800 Straftäter in der Psychiatrie. Die
durchschnittliche Unterbringungszeit stieg zuletzt stark an, von 6,2 Jahre
(2008) auf acht Jahre (2012). Auch auf diese Entwicklung will der
Bund-Länder-Vorschlag reagieren.
Nach einer Untersuchung von 2006 saßen selbst psychisch gestörte Diebe in
38 Prozent der Fälle länger als sechs Jahre in der Psychiatrie, also
ungleich länger als eine Strafe im Gefängnis gedauert hätte.
22 Jan 2015
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Heiko Maas
Gustl Mollath
Straftäter
Psychiatrie
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Bündnis 90/Die Grünen
Entschädigung
Gustl Mollath
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