# taz.de -- Hamburger Linkspartei vor der Wahl: Abschlusstour für Dora | |
> Es ist kompliziert: In der Bürgerschaft hat sich Dora Heyenn | |
> parteiübergreifend hohen Respekt erarbeitet. In den eigenen Reihen ist | |
> sie umstritten. | |
Bild: Mit miserablen 55,4 Prozent zur Spitzenkandidaten der Linkspartei in Hamb… | |
HAMBURG taz | Sogar bei der sonst so debattenfreudigen Hamburger | |
Linkspartei kann sekundenlang Totenstille herrschen. Miserable 55,4 Prozent | |
erreichte Dora Heyenn, seit sechs Jahren Fraktionsvorsitzende in der | |
Bürgerschaft, bei ihrer Spitzenkandidatur auf dem Landesparteitag der | |
Linkspartei im November vorigen Jahres. | |
Erst nach einer Auszeit und Beratung mit Vertrauten akzeptierte die | |
65-Jährige mit starrer Miene das Ergebnis: „Ich bin überzeugt worden, mich | |
meiner Verantwortung für diese Partei zu stellen.“ Die Hamburger Linke sei | |
eben „etwas kompliziert“, kommentierte achselzuckend ihr Stellvertreter | |
Norbert Hackbusch. | |
Ohne die Lehrerin Heyenn, die schon 2008 und 2011 die Linkspartei in die | |
Bürgerschaft geführt und sich dort parteiübergreifend hohen Respekt | |
erarbeitet hat, wären die Erfolgsaussichten erheblich gesunken. | |
Die Frau aber, die bis 1999 SPD-Mitglied war, gilt manchen Linken noch | |
immer als sozialdemokratische Reala. Anderen wiederum ist suspekt, dass sie | |
auch mit dem linken Parteiflügel gut klarkommt. Eine dritte Gruppe findet | |
die pragmatische Fraktionsvorsitzende schlicht autoritär. Und in der Tat | |
gibt Heyenn sich nicht all zu diplomatisch: „Wenn ich niemandem auf die | |
Füße trete, mache ich was falsch“, sagt sie mit strengem Rektorinnenblick | |
über ihre Lesebrille hinweg. | |
Den Strategen in der Partei indes ist durchaus klar, dass Heyenn in der | |
Öffentlichkeit das beste Argument der Linkspartei in Hamburg ist. Erstmals | |
setzt die Partei deshalb im aktuellen Wahlkampf auf etwas, was sie bislang | |
als „Personenkult“ ablehnte: Heyenn wirbt auf Plakaten mit ihrem Gesicht | |
für „Mehr Menschlichkeit, das muss schon drin sein“. Denn nur sie ist in | |
der Lage, die Linkspartei über die eigene Stammklientel hinaus akzeptabel | |
zu machen. | |
Mit 1.300 Mitgliedern ist die Linkspartei die viertstärkste Partei in | |
Hamburg, hinter SPD, CDU und Grünen, aber vor der FDP. Ihr großes Problem: | |
Mental hat sie den Zusammenschluss aus PDS und WASG vor neun Jahren noch | |
immer nicht vollständig verarbeitet. Mehrere Grüppchen bekämpfen sich | |
intern weiterhin mit Verve und Hinterlist. Im November hatte Heyenn ganz | |
offen vor „der Spaltung unserer Partei“ gewarnt – ihr Ergebnis wenig spä… | |
bewies, dass nicht alle das verstanden hatten. | |
## Abschlusstour für Dora | |
Einig ist sich die Partei nur in zwei Dingen: „Weder für eine Koalition | |
noch für eine Tolerierung stehen wir zur Verfügung.“ Schon gar nicht mit | |
Bürgermeister Olaf Scholz, der den Linken – nicht gerade grundlos – seit | |
seiner Zeit als SPD-Generalsekretär als Architekt von Hartz IV gilt. | |
Außerdem lehnt sie die Schuldenbremse im Hamburger Haushalt ab, fordert | |
stattdessen höhere Steuern für Reiche und das Ende des Sozialabbaus. | |
Seit 2008 sitzt die Linke in der Hamburger Bürgerschaft. Bei der Wahl am | |
20. Februar 2011 zog sie mit 6,4 Prozent und 8 Abgeordneten zum zweiten Mal | |
und als kleinste Fraktion ins Rathaus ein. Aktuell liegt sie in | |
Meinungsumfragen stabil bei 8 bis 9 Prozent, die parlamentarische Zukunft | |
scheint gesichert. Zumindest vorläufig. | |
Der derzeitige Wahlkampf ist so etwas wie eine Abschiedstournee für Dora | |
Heyenn. Sie hat angekündigt, zur Halbzeit der nächsten Legislaturperiode | |
den Generationswechsel einzuleiten. Ihre Kronprinzessin, die 2008 von der | |
SPD gekommene Abgeordnete Sabine Boeddinghaus, trifft nicht überall auf | |
Begeisterung. Mit 57 Jahren ist die Erziehungswissenschaftlerin auch nicht | |
mehr die Allerjüngste; schwerer indes wiegt ihre sozialdemokratische | |
Vergangenheit. Denn selbst mit SPD-Dissidenten können große Teile der | |
Linkspartei noch immer nicht unbefangen umgehen. | |
12 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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