Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Friedensprozess in Gefahr: Ukraine verliert Kampf um Debalzewe
> In der Ukraine fließt wenige Tage nach dem Minsker Verhandlungsmarathon
> mit Kanzlerin Merkel wieder Blut. Ist das Friedensabkommen bereits
> gescheitert?
Bild: Ein bewaffneter Separatist in der Region um Debalzewe.
DEBALZEWE dpa | Bei erbitterten Gefechten haben die prorussischen
Separatisten die ostukrainische Stadt Debalzewe trotz einer formellen
Waffenruhe weitgehend eingenommen. Damit schwindet wenige Tage nach dem
Minsker Gipfel so gut wie jede Hoffnung auf baldigen Frieden in der
Kriegsregion. „Nur ein paar Wohnviertel sind noch übrig, dann haben wir den
Ort völlig unter Kontrolle“, sagte Separatistensprecher Eduard Bassurin am
Dienstag. Er sprach von „zahlreichen Gefangenen und vielen Toten“.
Die Militärführung in Kiew sagte, die Truppen in Debalzewe leisteten weiter
Widerstand. Die Aufständischen setzten Artillerie und Panzertechnik ein.
Debalzewe mit etwa 25.000 Einwohnern ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt
im Separatistengebiet. Dort sollen seit Tagen Tausende Regierungssoldaten
in nahezu aussichtsloser Lage eingekesselt sein.
Die Gefechte gelten als massiver Verstoß gegen das Friedensabkommen, das in
der vergangenen Woche bei Verhandlungen mit Kanzlerin Angela Merkel und
Kremlchef Wladimir Putin in der weißrussischen Hauptstadt Minsk geschlossen
worden war. Demnach sollten die Konfliktparteien eigentlich ihre schweren
Waffen aus dem Donbass abziehen.
„Es gibt vonseiten der Aufständischen keine wirkliche Waffenruhe, deshalb
sind die Voraussetzungen (für einen Abzug) nicht gegeben“, sagte
Militärsprecher Andrej Lyssenko in Kiew. Die Armee sei weiter bereit zur
Bildung einer Pufferzone. „Unsere Stellungen werden aber wiederholt unter
Feuer genommen“, beklagte er. Separatistenführer Alexander Sachartschenko
behauptete, der Vormarsch in Debalzewe widerspreche nicht dem Minsker
Abkommen. Bei den Gefechten um Debalzewe wurde er Berichten zufolge am Bein
leicht verletzt.
Nach der Gewalteskalation forderte der ukrainische Präsident Petro
Poroschenko die internationale Gemeinschaft auf, alles für eine Umsetzung
des Minsker Abkommens zu tun. Der UN-Sicherheitsrat wollte noch am
Dienstagabend über einen umstrittenen russischen Resolutionsentwurf
abstimmen, der dem Abkommen Nachdruck verleihen soll, hieß es aus Moskau.
Aus New York verlautete, es sei nicht sicher, ob abgestimmt werde.
Deutschland stützt die Initiative.
## OSZE soll Einhaltung der Waffenruhe überwachen
Poroschenko telefonierte nach Angaben aus Kiew am Abend erneut mit Merkel
und Frankreichs Präsidenten François Hollande. Noch vor der Einnahme von
Debalzewe hatte Merkel bei einem Telefonat mit Poroschenko und Kremlchef
Putin „konkrete Schritte“ besprochen, um eine Beobachtung der Lage in
Debalzewe durch die OSZE zu ermöglichen. Das teilte Regierungssprecher
Steffen Seibert mit. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in
Europa (OSZE) soll die Einhaltung der Waffenruhe überwachen.
Militärsprecher Lyssenko beklagte aber eine massive Behinderung der OSZE im
Krisengebiet. Beobachter der Organisation seien erneut nicht in die
Kampfzone gelassen worden. OSZE-Missionschef Ertugrul Apakan sagte, außer
bei Debalzewe halte die Waffenruhe weitgehend. Die Organisation setze sich
für eine Feuerpause in der Stadt ein, verlautete aus Diplomatenkreisen beim
OSZE-Sitz in Wien.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier äußerte sich besorgt. „Wir müssen
jetzt dafür sorgen, dass der ermutigend begonnene Prozess nicht entgleist“,
sagte er bei einem Besuch in Kolumbien.
17 Feb 2015
## TAGS
Russland
Friedensabkommen
prorussische Separatisten
Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Ukraine-Krise
Farc
Separatisten
Wladimir Putin
Waffenlieferung
Friedensprozess
UN-Sicherheitsrat
Wladimir Putin
Waffenstillstand
Wladimir Putin
## ARTIKEL ZUM THEMA
Neuer Gouverneur von Odessa: Pikante politische Provinzposse
Michail Saakaschwili, der abgehalfterte Expräsident Georgiens, regiert nun
die Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer.
Friedensgespräche in Kolumbien: Luftangriffe gegen Guerilla gestoppt
Einen Waffenstillstand mit der Farc-Guerilla hat Präsident Juan Manuel
Santos stets abgelehnt. Jetzt lässt er die Bombardierungen vorerst
aussetzen.
Ein Jahr nach den Maidan-Protesten: Der Tod der himmlischen Hundert
Mehr als einhundert Menschen wurden Anfang 2014 bei Demonstrationen auf dem
Maidan erschossen. Doch in Kiew fehlt der Wille zur Aufklärung.
Ein Jahr Maidan-Proteste: Wenn der Rubel nur noch fällt
Die Sanktionen gegen Russland dauern nun fast ein Jahr an. Es zeigt sich:
Nur ganz bestimmte Maßnahmen wirken.
Konflikt in der Ukraine: Gebell von allen Seiten
Russland solle seine Truppen aus dem Osten der Ukraine abziehen, fordert
die Nato. Der russische Außenminister warnt den Westen vor weiteren
Waffenlieferungen.
Kommentar Lage in der Ukraine: Von Frieden kann keine Rede sein
Die Vereinbarungen von Minsk-II werden nicht umgesetzt, das macht die
Situation in Debalzewe klar. Dennoch muss weiter auf Diplomatie gesetzt
werden.
Krieg in der Ukraine: Rückzug aus Debalzewe
Die Stadt wurde von den ukrainischen Truppen aufgegeben. Die EU wirft den
Separatisten den Bruch der Waffenruhe vor. Es ist ein erneutes
Gipfeltreffen in Minsk geplant.
Präsident Putin besucht Ungarn: Orbáns Kuschelkurs
Es ist der erste Besuch des Russen in einem EU- und Nato-Land seit der
Ukraine-Krise. In Budapest hofiert Viktor Orbán Wladimir Putin.
Kein Frieden in der Ostukraine: Zerschossene Hoffnungen
Wie brüchig der Waffenstillstand von Minsk ist, zeigt sich bei einer Fahrt
nach Debalzewe. Hier könnte der Friedensprozess bald scheitern.
Kämpfe in der Ostukraine: Separatisten rücken in Debalzewe ein
Der Termin zum Abzug schwerer Waffen ist verstrichen. Beide Seiten warten
darauf, dass der Gegner beginnt. Nun wird erstmals in den Straßen von
Debalzewe gekämpft.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.