# taz.de -- Präsident Putin besucht Ungarn: Orbáns Kuschelkurs | |
> Es ist der erste Besuch des Russen in einem EU- und Nato-Land seit der | |
> Ukraine-Krise. In Budapest hofiert Viktor Orbán Wladimir Putin. | |
Bild: Brüder im Geiste: Viktor Orbán (l.) und Wladimir Putin. | |
WIEN taz | Die Demonstration gegen seinen Besuch erlebte Wladimir Putin am | |
Dienstag nicht mehr mit. Montagabend waren etwa 2.000 Menschen mit dem | |
Slogan „Putin nein – Europa ja“ durch das Zentrum von Budapest marschiert. | |
Der Protest galt auch Premier Viktor Orbán, dem vorgeworfen wird, Putin | |
inmitten der Ukraine-Krise zu hofieren. | |
Während ein Kurzbesuch Orbáns bei Präsident Petro Poroschenko in Kiew am | |
Freitag ohne Medienbegleitung absolviert wurde, gab es für Putin großen | |
Bahnhof. Für das russische Boulevardblatt Komsomolskaja Prawda war es ein | |
Besuch beim „besten Freund Russlands in der EU“. | |
Erstmals seit der Annexion der Krim wurde Putin in einem Nato-Land die | |
Aufwartung gemacht. Der wenige Stunden dauernde Besuch gilt in erster Linie | |
der Bekräftigung einer umstrittenen wirtschaftlichen und energiepolitischen | |
Zusammenarbeit. Vergangenes Jahr vereinbarten Orbán und Putin den Ausbau | |
des AKW Paks mit russischer Technologie. | |
Moskau will dafür einen Kredit von 10 Millionen Euro gewähren. Die Verträge | |
sind längst unter Dach und Fach. Deshalb sind Beobachter in Budapest der | |
Meinung, dass es nicht um neue Vereinbarungen geht. Außenminister Péter | |
Szijjártó erklärt Putins Visite denn auch als „Erwiderung eines Besuchs | |
Orbáns im vergangenen Jahr“. Neben Wirtschaftsfragen soll es auch um den | |
bewaffneten Konflikt in der Ukraine gehen. | |
## „Enorme symbolische Bedeutung“ | |
Die oppositionelle Tageszeitung Népszabadság mutmaßt, „Putins Absicht ist | |
es, die Regierung eines EU-Mitgliedslandes, die zwischen Brüssel und Moskau | |
herumlaviert, noch enger an sich zu binden.“ „Für die Russen hat der Besuch | |
Putins in Budapest eine enorme symbolische Bedeutung“, so der Historiker | |
und Slawist Zoltán Bíró gegenüber der Sonntagszeitung Vasárnapi Hírek: �… | |
russische Präsident ist sonst von der westlichen Welt völlig isoliert. Die | |
Spitzenpolitiker machen – außer es geht um die Ukraine – einen großen Bog… | |
um ihn.“ | |
Orbán trägt die EU-Sanktionen gegen Russland nur widerwillig mit. Dass | |
seine Position nicht reinem Opportunismus geschuldet ist, belegen | |
zahlreiche bewundernde Aussagen über autoritären Führungsstil und kritische | |
Äußerungen über „liberale Demokratie“. | |
Es geht aber auch um Handfestes. Russland finanziert nicht nur die nukleare | |
Zukunft Ungarns. Es deckt auch rund 60 Prozent des Erdgasbedarfs. Die | |
langfristigen Lieferverträge laufen in den nächsten Monaten aus. Hier | |
stehen Verhandlungen auf der Agenda. Der Mehrheit der Bevölkerung ist | |
Orbáns Kuschelkurs mit Putin dennoch nicht geheuer. Vier Jahrzehnte unter | |
der Knute Moskaus sind in Ungarn keineswegs vergessen. | |
17 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
## TAGS | |
Wladimir Putin | |
Russland | |
Viktor Orbán | |
Ungarn | |
Viktor Orbán | |
Fidesz-Partei | |
Fidesz | |
Russland | |
Ungarn | |
Schwerpunkt Angela Merkel | |
Drogenpolitik | |
Ungarn | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Misshandlung von Flüchtlingen in Ungarn: Käfigknast und Arbeitszwang | |
Per Referendum will Premier Orbán rechtswidrige Maßnahmen gegen | |
Asylsuchende absegnen lassen. Die Zahl der Flüchtlinge soll eingedämmt | |
werden. | |
Kommentar Nachwahl in Ungarn: Orbán kommt ins Stolpern | |
Parteifreunde prassen mit ihren Pfründen – die Popularität der Regierung | |
schwindet. Die Wirkung der Wahlniederlage ist nicht zu unterschätzen. | |
Nachwahl in Ungarn: Regierung verliert Zweidrittelmehrheit | |
In Veszprem konnte Oppositionskandidat Zoltan Kesz der Partei Viktor Orbáns | |
ein Mandat abringen. Dem Premier ist so die Macht zur Verfassungsänderung | |
flöten gegangen. | |
Friedensprozess in Gefahr: Ukraine verliert Kampf um Debalzewe | |
In der Ukraine fließt wenige Tage nach dem Minsker Verhandlungsmarathon mit | |
Kanzlerin Merkel wieder Blut. Ist das Friedensabkommen bereits gescheitert? | |
Ungarischer Medienmogul gegen Orbán: Vertrauter Feind | |
Der Oligarch Lajos Simicska hat Ungarns Premier Victor Orbán und dessen | |
Partei aufgebaut. Nun eskaliert ein Streit zwischen den einstigen Freunden. | |
Kommentar Merkels Ungarnbesuch: Es kommt keine Erlöserin | |
Kein Kuss für Orbán und nur allgemeine Worte über die Demokratie: Merkel | |
wird sowohl Ungarns Regierung als auch die Opposition enttäuschen. | |
Drogenkontrolle in Ungarn: Urinieren für Fidesz und Vaterland | |
Mit „freiwilligen“ Drogentests an Schulen will die Regierung organisierte | |
Kriminalität bekämpfen. Auch Politiker und Journalisten könnten geprüft | |
werden. | |
Proteste in Ungarn: „Schluss mit der Orban-Mafia!“ | |
In Budapest und anderen Städten gehen tausende Demonstranten gegen | |
Sozialabbau und die Korruption der Regierung auf die Straße. |