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# taz.de -- Kommentar Merkels Ungarnbesuch: Es kommt keine Erlöserin
> Kein Kuss für Orbán und nur allgemeine Worte über die Demokratie: Merkel
> wird sowohl Ungarns Regierung als auch die Opposition enttäuschen.
Bild: Ungarns Opposition ruft nach Hilfe. Von Merkel wird sie nicht kommen.
Ungarn, also das offizielle, freut sich heute auf Angela Merkel. Denn der
autoritäre Premier Viktor Orbán wird von westlichen Staatsgästen sonst eher
gemieden. Aber auch die Opposition hofft auf starke Worte von Merkel zur
Verteidigung der Demokratie. Schon Sonntag abend versammelten sich Tausende
vor dem Parlament und sandten dem Gast via TV Wünsche wie „Angela, erlöse
uns von dem Bösen!“
Beide Seiten werden wahrscheinlich enttäuscht werden. Merkel pflegt zu
Orbán, der ihrer konservativen Parteienfamilie angehört, persönlich kein
allzu herzliches Verhältnis. Sie wird sich hüten, ihn öffentlich zu
knutschen. Aber mehr als allgemeine Worte über pluralistische Demokratie
und die Bedeutung der Zivilgesellschaft wären eine Überraschung. Es muss
reichen, wenn sie durch einen Besuch der großen Synagoge ein Zeichen gegen
den in Ungarn latenten Antisemitismus setzt.
Amnesty International [1][veröffentlichte einen Bericht] über gezielte
Schikanen gegen kritische Nichtregierungsorganisationen am Tag des
fünfstündigen Ungarn-Besuchs der Kanzlerin. Er wird zumindest in der
Berichterstattung der Medienentourage Merkels seinen Niederschlag finden.
Und es ist damit zu rechnen, dass die Studierenden an der
Andrássy-Universität, mit denen ein kurzer Dialog vorgesehen ist, auch die
enger werdenden Freiräume der Zivilgesellschaft zur Sprache bringen.
Größere Sorgen dürften dem Gast aus Deutschland die Schikanen für deutsche
Unternehmen machen. Da ist das neue Frachtkontrollsystem EKÁER, das
Autozulieferern wie Bosch erhebliche Kosten und Bürokratie verursachen
würde. Auch deutsche Kreditinstitute und Landwirte sehen sich als Opfer von
Orbáns nationalistischer Politik.
Besonderer Klärungsbedarf dürfte aber hinsichtlich der ostentativen
Hinwendung Ungarns zu Wladimir Putin bestehen. Orbán, der Bewunderung für
starke Männer in Russland, der Türkei und selbst Aserbaidschan bezeugt hat,
kocht außen- und wirtschaftspolitisch sein eigenes Süppchen.
Die Ostgeschäfte fallen zwar im Vergleich zu den EU-Verflechtungen Ungarns
quantitativ kaum ins Gewicht, sie werden aber mit viel Propaganda
zelebriert. Und der bevorstehende Besuch Putins am 17. Februar ist für
Orbán mindestens ebenso wichtig, wie Merkels Stippvisite.
2 Feb 2015
## LINKS
[1] /Merkel-in-Ungarn/!153901/
## AUTOREN
Ralf Leonhard
## TAGS
Schwerpunkt Angela Merkel
Viktor Orbán
Ungarn
Wladimir Putin
Ungarn
Amnesty International
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