| # taz.de -- Ungarischer Medienmogul gegen Orbán: Vertrauter Feind | |
| > Der Oligarch Lajos Simicska hat Ungarns Premier Victor Orbán und dessen | |
| > Partei aufgebaut. Nun eskaliert ein Streit zwischen den einstigen | |
| > Freunden. | |
| Bild: Blütezeit des Postsozialismus: Da warteten Lajos Simicska (l.) und Vikto… | |
| WIEN taz | Kritische Berichterstattung ist in Ungarn nicht unbedingt eine | |
| Frage der Überzeugung. Sie kann auch den Charakter eines Revanchefouls | |
| annehmen. So im beginnenden Medienkrieg, hinter dem ein Kräftemessen | |
| zwischen Premier Viktor Orbán und seinem Jugendfreund, dem Oligarchen Lajos | |
| Simicska, steckt. | |
| Es begann damit, dass vergangenen Freitag sechs Chefredakteure und andere | |
| Spitzenmanager aus Simicskas Medienimperium „aus Gewissensgründen“ | |
| zurücktraten. Orbán hatte ihnen unmittelbar davor seinen Plan eröffnet, | |
| eine nationale Kommunikationsagentur zu gründen, die künftig über alle | |
| Werbeaufträge entscheiden soll. Simicskas Medien, so die | |
| unmissverständliche Botschaft, dürfen nicht mehr mitnaschen. Dem Vernehmen | |
| nach werden die untreuen Chefredakteure im ausgebauten staatlichen | |
| Medienapparat gut dotierte Posten finden. | |
| Simicska reagierte in einem Interview mit der Onlineausgabe der linken | |
| Tageszeitung Népszava ebenso cholerisch wie deftig. Orbán sei das Ejakulat | |
| eines Wichsers – „das können Sie ruhig so schreiben!“ –, und der Premi… | |
| müsse sich auf einen „totalen Medienkrieg“ gefasst machen. | |
| Der Oligarch war schon vorher über die Werbesteuer für Medien verärgert | |
| gewesen. Denn ein Deal mit dem RTL-Konzern ging zu Lasten der kleineren | |
| Medien. Die Ungarn-Tochter RTL Klub war durch die gestaffelte Werbesteuer | |
| am stärksten betroffen. Sie rächte sich mit ungewohnt kritischer | |
| Berichterstattung und dem Aufdecken von Korruptionsskandalen im Umfeld von | |
| Orbán. Jetzt wird aus der Mediensteuer eine Flat-Tax von 5 Prozent, die den | |
| Riesen RTL weniger schmerzt. | |
| Niemand wäre überrascht, würde sich der Kanal mit größerer Gefügigkeit | |
| bedanken. Zum Handkuss kommen jetzt kleine Medien, die bisher von der | |
| Steuer ausgenommen waren. Für Simicska wird diese Lösung „die | |
| Medienvielfalt und damit die Pressefreiheit“ beschränken. | |
| ## Eine gefährliche Drohung | |
| Der Unternehmer besitzt mit dem Konzern Közgép eine in der Bauwirtschaft | |
| tätige Krake, die lange Zeit bei öffentlichen Aufträgen bevorzugt behandelt | |
| wurde, aber in letzter Zeit zunehmend Konkurrenz von Auftragnehmern aus dem | |
| näheren Umfeld der regierenden Fidesz bekommt. Eilfertige Beamte entdeckten | |
| plötzlich unsaubere Abrechnungen bei Közgép. Simicska dürfte darauf ein | |
| ähnliches Schicksal wie russische Oligarchen fürchten, die sich nach Putins | |
| Geschmack zu viel in die Politik eingemischt haben. Er hatte angedroht, | |
| sich bei einer Nachwahl um ein Parlamentsmandat zu bewerben. Eine | |
| gefährliche Drohung, denn Orbáns Zweidrittelmehrheit ist durch ein einziges | |
| Mandat abgesichert. | |
| Gemeinsam mit Orbán hatte Simicska einst die Bürgerunion Fidesz gegründet. | |
| In der liberalen Wochenzeitung Magyar Narancs attackierte er Orbán, dem er | |
| autoritäre Pläne unterstellte: „Mein Bündnis mit Orbán begann damit, dass | |
| wir die Diktatur und das postkommunistische System beseitigen wollten. Es | |
| stellte sich heraus, dass das keine leichte Aufgabe ist, man musste hart | |
| dafür arbeiten. Aber es war, verflucht noch mal, nicht Teil der Absprache, | |
| dass wir stattdessen eine andere Diktatur errichten. Da will ich kein | |
| Partner sein.“ | |
| Viktor Orbán lehnte jeden Kommentar zu Simicskas Interviews ab. Auf „solche | |
| Auseinandersetzungen“ wolle er sich nicht einlassen. Simicska kontrolliert | |
| die Tageszeitung Magyar Nemzet und deren Onlinebbleger mno.hu. Mit dem | |
| Lánchíd Rádió und dem Nachrichtenkanal Hír TV verfügt er auch über | |
| reichweitenstarke elektronische Medien, die er gegen seinen alten Freund in | |
| Stellung bringen kann. Und das hat er wohl auch vor. „Ich kenne ihn seit 35 | |
| Jahren. Ich kenne ihn, weiß vieles über ihn, ja. Und?“, so die unverhohlene | |
| Drohung gegenüber Magyar Narancs. | |
| 11 Feb 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Leonhard | |
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