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# taz.de -- Dritte Amtszeit in Burundi: Die Versuchung der Macht
> Die Regierung rüstet sich für Proteste gegen die dritte Amtszeit von
> Staatschef Nkurunziza. Schlägermilizen schüchtern Gegner ein.
Bild: Macht in Stein gemeißelt: der Sitz der Regierungspartei Burundis in der …
BERLIN taz | In Burundi stehen die Zeichen auf Sturm. Alles deutet darauf
hin, dass Präsident Pierre Nkurunziza bei den Präsidentschaftswahlen in
wenigen Monaten für eine dritte fünfjährige Amtszeit antreten will – obwohl
die Verfassung des Landes dies verbietet. Am Wochenende warnte sein
Sprecher Willy Nyamitwe vor Protesten gegen eine solchen Kandidatur:
„Jeder, der die Menschen aufruft, auf die Straße zu gehen, wird als
Unruhestifter betrachtet und behandelt werden“, sagte er.
Burundi wählt am 26. Mai ein neues Parlament und am 26. Juni einen neuen
Präsidenten. Dies läutet einen Zyklus von Wahlen im Afrika der Großen Seen
bis zum Jahr 2017 ein, der die instabile Region erneut in tiefe Krisen zu
stürzen droht. Denn keiner der Präsidenten in den beiden Kongos, in Ruanda
und in Uganda will gerne von der Macht lassen.
Nkurunziza, ein ehemaliger Fußballspieler und Pfarrer ohne politische
Erfahrung, kommt aus der ehemaligen Hutu-Rebellenbewegung CNDD-FDD
(Nationalrat bzw. Kräfte zur Verteidigung der Demokratie). Die hatte die
Regierung nach einem Putsch durch Tutsi-Offiziere gegen Burundis ersten
freigewählten Hutu-Präsidenten im Jahr 1993 bis zu einem Friedensabkommen
im Jahr 2000 bekämpft. Der Bürgerkrieg hatte rund 300.000 Tote gefordert.
Präsident wurde Nkurunziza 2005 im Rahmen der Friedensvereinbarungen, die
die Beteiligung aller Parteien an der Macht und eine Ämterquotierung
zwischen Hutu und Tutsi in Politik und Armee vorsahen. Erstmals vom Volk
gewählt wurde er 2010, bei einer von der Opposition boykottierten Wahl.
## Welche Amtszeit ist die erste?
Damals gingen alle davon aus, dass Nkurunzizas zweite gewählte Amtszeit
begonnen habe. Heute sagt seine Regierungspartei CNDD-FDD, laut Verfassung
werde der Präsident für zweimal fünf Jahre direkt vom Volk gewählt – und …
sei erst einmal direkt gewählt worden.
Diese Verfassungsinterpretation könnte sich jedoch in anderer Hinsicht
nachteilig für den Präsidenten auswirken: Bisher ging man davon aus, die
alten Friedensbestimmungen würden ab 2005 zehn Jahre lang gelten. Wenn der
Präsident nun aus seiner eigenen Amtszeit 15 Jahre macht, muss er sich auch
weiterhin an die anderen Regeln halten: beispielsweise seine ehemaligen
Tutsi-Kriegsgegner in der Militärführung dulden.
## Regierungspartei mit Jugendmiliz
Die Exguerilla CNDD-FDD aber rüstet sich für eine Zeit der
Alleinherrschaft, mit brutalen Methoden. Eine Jugendmiliz der
Regierungspartei, genannt Imbonerakure („Die aus der Ferne kommen“),
operiert offen als Schlägertruppe der Staatsmacht.
Vergangenes Jahr sorgten mysteriöse Leichenfunde im Rweru-See an der Grenze
zu Ruanda für Diskussionen in Burundi. Jetzt beherrscht die mysteriöse
Massenhinrichtung von bis zu 95 angeblich aus dem Kongo eingedrungenen
Rebellen im Nordwesten Burundis durch Imbonerakure und Armee die Debatte.
Viele Augenzeugen berichteten, dass gefangene Rebellen aufgereiht und
hingerichtet wurden; die lokale Bevölkerung musste Massengräber ausheben.
Im Kongo gibt es Basen der ehemaligen burundischen Hutu-Rebellengruppe FNL
(Nationale Befreiungsfront). Sie rivalisierte zu Kriegszeiten mit der
CNDD-FDD und stellt jetzt die wichtigste Oppositionskraft in Burundis
ländlichem Raum dar.
In Burundi droht ein Machtkampf zwischen verfeindeten bewaffneten
Hutu-Gruppen. Die Folgen für die Region wären dramatisch. Nkurunziza
genießt die Rückdeckung Ruandas, wo der ehemalige Tutsi-Rebellenchef Paul
Kagame regiert. Die FNL hat mit Burundis einstiger Tutsi-Staatspartei
Uprona (Union für den Nationalen Fortschritt) ein Wahlbündnis geschlossen.
19 Feb 2015
## AUTOREN
Dominic Johnson
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